Nicaragua

Für Dora María Téllez

Am 4. Februar verurteilte ein Gericht die Freiheitskämpferin wegen Verschwörung. Ein Kommentar von Mónica Baltodano.

Ich erinnere mich an Dora María Téllez in den 1970er-Jahren, eine junge Medizinstudentin auf den Fluren der Universität in Léon mit einem hippiehaften Künstlerblick. Sie wirkte nicht wie jemand, der in die Frente Sandinista eintreten und sich auf den revolutionären Kampf einlassen würde. Doch das tat sie. Warum, erklärte sie mir 1999 in einem Interview: „Die Diktatur wies all die Merkmale auf, die für Menschen mit einer gewissen Sensibilität unerträglich sind. Unterdrückung, Korruption, Konzentration der politischen Macht, Vetternwirtschaft und einiges mehr. Wenn Menschen sich selbst zu ernst nehmen, sind sie in der Regel unerträglich, denn sie haben nicht viel Sinn für das Leben.“

Nach dem Triumph der Revolution wurde Dora María der Ehrenrang der Comandante Guerrillera verliehen. In den 1980er-Jahren war sie Gesundheitsministerin, 1990 wurde sie als Abgeordnete der FSLN ins Parlament gewählt. 1995 verließ sie die Partei und gründete die Sandinistische Erneuerungsbewegung (MRS) mit. Die Antwort der FSLN – nun unter der Kontrolle Ortegas – war eine abscheuliche Diskreditierungskampagne, die sich vor allem gegen Dora María richtete. Als der MRS-Partei 2008 der legale Status aberkannt werden sollte, trat sie in einen Hungerstreik. Dieser war zwar erfolglos, aber die Sympathien, die er hervorrief, zeugten von wachsender Unterstützung. Für Ortegas Partei, die entschlossen war, sich um jeden Preis an der Macht zu halten, war das inakzeptabel. Der Autoritarismus war längst auf den Weg gebracht.

Die Positionen von Dora María lassen keinen Zweifel an ihrem Engagement für die Demokratisierung Nicaraguas. Nach ihrer Festnahme 2021 hat das Regime Dora María in rachsüchtiger und abscheulicher Weise isoliert gehalten. Nun ist sie eine der Ersten, die einem skrupellosen politischen Gerichtsverfahren unterworfen wurde. Dora María Téllez verdient es, respektiert und unterstützt zu werden. Sie war eine der herausragendsten Frauen im Kampf gegen die Somoza-Diktatur und sie ist heute eine der herausragendsten Frauen im Kampf gegen die Diktatur Ortegas und Murillos. Freiheit für alle 170 politischen Gefangenen!

Der Text erschien in einer längeren Version zuerst Anfang Februar 2022 auf der nicaraguanischen Nachrichtenseite El Confidencial. Die Ex-Guerrillera Mónica Baltodano ist langjährige medico-Partnerin. Popol Na, die Umweltorganisation, der sie vorstand, wurde 2018 vom Ortega-Regime verboten.

Ein Beitrag aus dem medico-Rundschreiben 1/2022. Das Rundschreiben schicken wir Ihnen gerne kostenlos zu. Jetzt abonnieren!

Veröffentlicht am 29. März 2022

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