Geleitet von dem Wissen, dass die Menschenrechte unteilbar sind und immer wieder aufs Neue erstritten werden müssen, vereinbaren das European Center for Constitutional and Human Rights (ECCHR) und die Hilfs- und Menschenrechtsorganisation medico international eine enge und nachhaltige Kooperation. Gerade in Zeiten, in denen das internationale Völkerrecht, die Freiheitsrechte wie die wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Rechte der Menschen weltweit angegriffen werden, gilt es, den schützenden und emanzipatorischen Gehalt der Menschenrechte gemeinsam zu verteidigen.
Humanitäre Hilfe und internationale Solidarität, das internationale Völkerrecht wie der Kampf um Menschenrechte definieren das Selbstverständnis beider Organisationen. Es geht uns um ein Ende der Straflosigkeit und um demokratische Freiheitsrechte, wie es uns um demokratische Auswege aus der globalen Ausbeutung, struktureller Gewalt in den internationalen Wirtschafts- und Handelsbeziehungen und Abhängigkeitsverhältnissen geht. Es geht uns aber auch um die Veränderung des Hier und Jetzt. Es geht um das Recht auf Entwicklung, auf Hilfe in der Not, auf Schutz vor Gewalt, auf Flucht vor Verfolgung. Es geht um das Recht auf soziale Rechte in den weltweiten Produktionsweisen, um die Entschädigung und die Rechte der Betroffenen kolonialer und neoliberaler Ausbeutung sowie um die Entschädigung der Leidtragenden unserer imperialen Lebensweise.
Seit 2008 kämpft das ECCHR in einem internationalen Partnernetzwerk mit juristischen Interventionen für die Rechte all derer, die ohne Rechte in dieser Welt leben. Das ECCHR steht für gelebte Solidarität über geographische, soziale und kulturelle Grenzen hinweg. Es setzt das Völkerstrafrecht gegen Verbrechen wie Folter, sexualisierte Gewalt, Völkermord und Kriegsverbrechen ein und kämpft für die Aufklärung und strafrechtliche Aufarbeitung. Das ECCHR erarbeitet zusammen mit betroffenen Menschen und Gemeinschaften transnationale rechtliche Strategien, mit denen Unternehmen wegen ihrer Beteiligung an Ausbeutung und Menschenrechtsverletzungen in Haftung genommen werden. Und auch das europäische Grenzregime greifen wir mit Mitteln des Rechts an. Nicht allein unmittelbare Täter:innen gehören nach dem Verständnis des ECCHR auf die Anklagebank, sondern auch ihre verantwortlichen Vorgesetzten – Politiker:innen, Militärs, Geheimdienstler:innen, ebenso wie Wirtschaftsführer:innen.
medico international streitet seit 1968 als Hilfs- und Menschenrechtsorganisation an der Seite der Betroffenen von Unterdrückung und Krieg sowie der Ausgeschlossenen des globalisierten Kapitalismus für eine gerechte Welt und für die Verwirklichung von Menschenrechten. Fundament der Arbeit von medico ist die über viele Jahre gewachsene vertrauensvolle Partnerschaft mit zahlreichen Organisationen im globalen Süden. Wir sind davon überzeugt, dass die gleichen Rechte für alle Menschen gelten und geltend zu machen sind – an jedem Ort. medico setzt sich dafür ein, gesellschaftliche Verhältnisse zu schaffen, die ein Leben in Würde und Recht, frei von Armut und in bestmöglicher Gesundheit ermöglichen. Für medico sind Menschenrechte Errungenschaft einer von Menschen errichteten Welt. Nur als Teil eines rechtlich verfassten Kollektivs sichern sich die Menschen das Recht auf Freiheit und Gleichheit. Wir leben in Zeiten, die mit einem rasanten Verlust an ökonomischen und sozialen Sicherheiten einhergehen, mithin eines Vertrauensverlustes in die liberale Demokratie und ihre demokratischen Entscheidungsfindungen. Die Auswirkungen des multiplen Krisengeschehens reichen vom Aufstieg ultrarechter und ultranationalistischer Kräfte in zahlreichen Ländern der Welt, über neue Kriege bis hin zum Klimawandel, der schon bald unumkehrbar sein wird. Dies führt zu einer besonderen Belastung vor allem der Menschen im globalen Süden, die wir mit Sorge erleben.
Darüber hinaus erleben wir die Verletzung und den anhaltenden Missbrauch der Menschenrechte. Allerorten ist eine Erosion von demokratischen und sozialen Rechten festzustellen, mithin des Rechts überhaupt. Demgegenüber gilt es, bestehende progressive Allianzen zu stärken und neue Netzwerke zu knüpfen. Es geht darum, Basisinitiativen und soziale Bewegungen, zivilgesellschaftliche Initiativen und Betroffenengruppen, Nichtregierungsorganisationen, progressive Wissenschaftler:innen und Kulturschaffende zu stärken und ihre Räume zu verteidigen. Es geht um Singularität in der Hilfe, um die Wirkmächtigkeit des Rechts und um eine konkrete gesellschaftliche Utopie.
Wir möchten in unserer Kooperation unsere jeweiligen Möglichkeiten stärken. Gemeinsam streiten wir für weltgesellschaftliche Verhältnisse, die allen Menschen ein würdiges Leben in Freiheit, Gerechtigkeit und demokratischer Selbstbestimmung ermöglichen. Es geht um einen universellen Menschenrechtsbegriff und ein Völkerrecht, das den einzelnen Menschen in den Mittelpunkt stellt.