Zurück in die Diaspora

Unsere afghanischen Partner:innen

Als wir 2012 unsere Kooperation mit der Afghanistan Human Rights and Democracy Organisation (AHRDO) begannen, fand eine lange Suche ihr gutes Ende: Partner:innen, die in Sachen Menschenrecht und Demokratie nicht nur kompromisslos, sondern auch einfallsreich, ja sogar spielerisch waren. Die Aktivist:innen, als Kinder geflüchteter Eltern im Ausland aufgewachsen und freiwillig zurückgekehrt, arbeiteten mit den Methoden des „Theaters der Befreiung“. Überall im Land luden sie Menschen jedes ethnischen und religiösen Hintergrunds ein, die Gewalterfahrungen ihres Lebens schauspielerisch „durchzuarbeiten“. Die sinnlich erfahrene Einsicht, in kriegsdurchherrschter postkolonialer Geschichte zugleich zu Opfern und zu Täter:innen geworden zu sein, führte Menschen zusammen, die einen demokratischen Neuanfang wagen wollten.

Einverständnis aller Beteiligten war, dass dies nur im geteilten Wissen um diese Geschichte gelingen konnte. Deshalb trat zum Theater die Dokumentation der Kriegs- und Menschenrechtsverbrechen aller Seiten hinzu, auch der Verbrechen westlicher Truppen. AHRDO richtete den Erinnerungen der Überlebenden mitten in Kabul das Museum der „memory boxes“ ein: mit Stoff ausgeschlagene Holztruhen, in denen Menschen jeder Herkunft Erinnerungsgegenstände im Krieg getöteter Angehöriger öffentlich ausstellten.

Der fluchtartige Rückzug der westlichen Truppen und die Rückkehr der Taliban an die Macht haben das alles zunichte gemacht. Über Nacht gelang den AHRDO-Aktivist:innen mit allen ihren Angehörigen die waghalsige Flucht nach Pakistan. Von medico unterstützt, folgten drei Monate des Lebens im Verborgenen, dann die glückliche Ausreise nach Kanada. Von dort aus setzt AHRDO die Dokumentationsarbeit fort.

Auch das vor zwölf Monaten gegründete feministische Netzwerk "Afghanistan Valorous Women Spontaneous Movement (AVWSM)" ist erheblichem Druck und Gefahren ausgesetzt. Seit Februar 2021 stehen wir in engem Kontakt mit den AVWSM-Mitgliedern. Nach einer ganzen Reihe von Hausdruchsuchungen, Bedrohungen, Verhaftungen und Folter konnten die meisten der Aktivist:innen aus dem Land fliehen. Sieben verbliebene Feminist:innen möchten weiter Widerstand leisten und organisieren sich fortan im Untergrund. Sie brauchen dafür Unterstützung, Beratung, Ideen, Zuspruch und technisches Wissen um sich und ihre Arbeit zu schützen und trotzdem unter diesen repressiven Bedingungen fortzusetzen. medico unterstützt sie darin. 

Schutz vor den Taliban

Bundesaufnahmeprogramm fortsetzen!

Bild des Künstlers Mohammad Sabir. Es entstand auf der Grundlage von Berichten afghanischer Kriegsopfer

26 NGOs appellieren an die Bundesregierung für die Fortsetzung des Bundesaufnahmeprogramms Afghanistan

Afghanistan

Ein Tag der Finsternis

Vor drei Jahren haben die Taliban die Macht übernommen. Die Lage der medico-Partner:innen ist düster und bedrückend, ihre Stimmen alarmierend.

Kommentar

Rechter Kulturkampf

Im Windschatten der Trauer um die Opfer von Solingen soll das Recht auf Asyl weiter ausgehebelt werden. Von Imad Mustafa.

Aufruf der Zivilgesellschaft

Das Bundesaufnahmeprogramm Afghanistan retten

Bedrohte afghanische Menschenrechtler*innen dürfen nicht ihrem Schicksal überlassen werden.

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Projekte – Projektionen

Alle Beiträge zu Afghanistan

17.07.2024 Afghanistan
Ein leeres Versprechen

Die Finanzierung des Bundesaufnahmeprogramms Afghanistan soll drastisch reduziert werden. Wir protestieren gegen die Missachtung der Verpflichtung zum Schutz gefährdeter Afghan:innen.

08.07.2024 Kommentar
Wettlauf nach rechts

Es wird nur noch über das Wie von Abschiebungen nach Afghanistan und Syrien diskutiert – obwohl sie weder mit dem Grundgesetz noch internationalen Konventionen vereinbar wären. Von Imad Mustafa.

28.05.2024 Kommentar
Mission Accomplished

Westliches Versagen in Afghanistan Von Imad Mustafa.

18.03.2024 Enquete-Bericht
Lehren aus Afghanistan?

Die Enquetekommission des Bundestages hat ihren Zwischenbericht zum Kriegseinsatz der Bundeswehr vorgelegt. Ein Kommentar Von Imad Mustafa.

15.02.2024 Afghanistan
Eine eigene Geschichte

Im Exil ist ein virtuelles Afghanistan-Museum entstanden.

10.12.2023 Afghanistan
Ein Ort der Würde und Gerechtigkeit

Das virtuelle Afghanistan Memory Home dokumentiert Geschichten der Opfer fortgesetzter Menschenrechtsverletzungen, aber auch ihres Widerstands und ihrer Flucht aus unerträglicher Zeit.

17.10.2023 Afghanistan
Das leere Versprechen

Nach einem Jahr Bundesaufnahmeprogramm konnten gerade einmal 13 gefährdete Afghan:innen nach Deutschland ausreisen. Ein Skandal mit Methode.

14.09.2023 Interview
In aller Ungewissheit revolutionär

medico-Menschenrechtsreferent Thomas Rudhof-Seibert geht in Rente. Ein Gespräch über Untergrund-Universitäten in Afghanistan, Philosophie und die revolutionäre Kraft der Menschenrechte.

16.08.2023 Afghanistan
Zurückwerfende Blicke

Afghanistan ist Paradebeispiel für das Phantasma westlicher Regime Change Strategien. Von Thomas Rudhof-Seibert.

27.07.2023 Afghanistan
Von den Taliban gejagt

Über Jahrzehnte kämpfte Frau P. für die Rechte von Mädchen und Frauen in Afghanistan und träumte von ihrer Befreiung. Nach der Taliban-Machtübernahme ist ihr Traum einer misogynen Dystopie gewichen.