„Die Europäische Union setzt bei den Beziehungen mit Afrika auf Marktöffnung, Steuersenkung, Privatisierung und den Abbau des öffentlichen Sektors. In keinem armen Land der Welt hat diese Mixtur die Lebensbedingungen der Bevölkerungsmehrheit verbessert“, sagt Anne Jung, Referentin für Afrika und Gesundheit, bei medico international.
Die Pläne der Europäischen Kommission verfestigen die Rolle des afrikanischen Kontinents als Rohstofflieferant: Der Aufbau eigener Produktionsstätten wird erschwert, der dramatische Verlust von Ackerflächen an Investoren aus Europa und anderen Ländern führt durch den Rückgang kleinbäuerlicher Landwirtschaft zur Zunahme von Hunger und wachsender Abhängigkeit von Entwicklungshilfe.
„Würde es die EU ernst meinen mit der Verbesserung der Lebensbedingungen vor Ort und die Ursache von Fluchtbewegungen tatsächlich in den Blick nehmen, dann müsste sie die unfairen Wirtschaftsabkommen zurücknehmen, die Spekulation auf Nahrungsmittel verbieten und die Nutzung riesiger Landflächen durch Investoren, die nur auf den Export abzielen, schlicht untersagen“, fordert Jung.
Ramona Lenz, medico-Migrationsreferentin, ergänzt:
„Die europäischen Regierungen haben keine Antwort auf die Frage der Armut. Das einzige, was sie interessiert, ist sich die Flüchtlinge vom Leib zu halten." Eine Flüchtlings- und Migrationspolitik, die auf Abschottung und Ausgrenzung zielt, sei inhuman, sagt Lenz: „Wer alles daran setzt, Migration zu unterbinden, ignoriert, dass sie häufig überlebensnotwendig und eine Antwort auf fehlende Perspektiven vor Ort ist.“ Indem die EU Migration weit jenseits ihrer Grenzen bereits auf dem afrikanischen Kontinent unterbindet, erschwert sie nicht nur die Mobilität in Richtung Europa. Sie unterläuft damit auch die im Protokoll der Westafrikanischen Wirtschaftsgemeinschaft (ECOWAS) verbriefte Freizügigkeit von Personen und Gütern, die mit der Freizügigkeit im Schengenraum vergleichbar ist. Dabei ist Mobilität innerhalb der Region gerade infolge von Klimawandel und Landraub eine wichtige Überlebensstrategie auf der Suche nach fruchtbarem Land oder einem Nebenverdienst. "Wenn die EU tatsächlich die Jugend Afrikas fördern möchte, dann sollte sie auch dafür sorgen, dass sie ihr Recht auf Freizügigkeit in Anspruch nehmen und sich mindestens auf dem afrikanischen Kontinent ungehindert bewegen kann", fordert Lenz. Für Nachfragen und Interviewwünsche wenden Sie sich bitte an: - Bernd Eichner, medico-Pressereferent: Tel. 069/94438-45 oder presse@medico.de