Nachruf

Anna Huber

31.03.2017   Lesezeit: 3 min

Mehr als 30 Jahre lang war Anna Huber bei medico international beschäftigt. Sie starb am 30. März in Frankfurt am Main.

Mehr als 30 Jahre lang war Anna Huber bei medico international beschäftigt, bis sie pünktlich zu ihrem 65. Geburtstag 2013 in den Ruhestand ging. Die meiste Zeit ihrer Berufstätigkeit war sie Leiterin der Verwaltungsabteilung und prägte als Mitglied des geschäftsführenden Gremiums die Organisation auf besondere Weise. Denn die zierliche Frau mit dem süddeutschen Zungenschlag war nicht nur professionell, was Verwaltungsbelange und Projektfinanzen anging. Sie verkörperte auf unnachahmliche Weise unbedingte Solidarität mit den Ausgeschlossen, Einfühlung in die Belange der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter (schließlich war sie auch eine Art Personalchefin) und sie besaß einen überraschenden Mut, der sich auch mal in geschickter und schlagfertiger Verhandlungsführung mit Geldgebern zeigen konnte.

Als Anna bei medico aufhörte, haben wir für sie eine Sondernummer des von ihr so geliebten medico-Rundschreibens verfasst. Eine private Ausgabe nur für und über sie. Das taten wir, um sie zu ehren, aber auch um eine Sprache zu finden für ihre Arbeit und damit eine Form des Erinnerns, Aufbewahrens von Erfahrung und des Weiterentwickelns. Wer bei medico anfängt, der bekommt dieses Heft auch heute noch in die Hand gedrückt. Denn es enthält eine gültige Beschreibung von politischer Verwaltung. So schrieb ein ehemaliger Kollege, dass Anna durch Zahlen hindurch sah: „Dort standen die mobilen Kliniken und die psychosoziale Betreuung von Patienten und die Physiotherapie für Kriegsversehrte.“  Sie sei eine Verwaltungschefin gewesen, die „wusste, wann man nach Details fragte und wann nicht“, so Tsafrir Cohen, der Büroleiter für medico in Ramallah war.

Angesichts des überraschenden Todes von Anna liest sich dieses Heft wie ein langer Nachruf. Aber wir haben es ihr zu Lebzeiten geschrieben. Sie wissen lassen. Das ist ein Trost angesichts der tiefen Trauer über den Verlust.

Ein Text darin ist auch von Thomas Gebauer, mit dem sie so lange und eng zusammenarbeitete. Stolz verkündete sie immer, dass sie einen Monat vor ihm bei medico angefangen habe. In diesem Text geht Thomas von der instrumentellen Vernunft, wie sie Max Horkheimer beschreibt, aus, um damit eine Form von Verwaltung zu kritisieren, wie wir sie heute in der Verbetriebswirtschaftlichung sozialen Handelns überall finden können. Wider die Verschwisterung der Hilfe mit der Macht gebe es eben Menschen wie Anna, „die auf Ausweg sinnen“.  Eine menschliche Verwaltung, wie Anna sie verkörperte, gelinge nur auf der Grundlage eines kritischen Verständnisses von Gesellschaft und der Fähigkeit zur Selbstreflektion.

So war sie – die Anna.

Anna hatte in ihren letzten Lebensjahren immer wieder mit Krankheit zu kämpfen. Statt des verdienten Ruhestandes nach jahrelangen 60-Stunden-Wochen bestimmten zunehmend Arzt-und Krankenhausbesuche ihren Lebensrhytmus. Aber für Anna war das Glas immer halbvoll. Wenn man mit Anna sprach, dann ging es ihr gut. „Die Sonne scheint auf mein Bett. Das ist doch gut“, sagte sie kurz vor ihrem Tod.  Seltsamerweise haben viele am Donnerstag, den  30. März, bei ihr angerufen. Kollegen, Freunde, Angehörige. Und so haben wir alle ihre lebendige, ein wenig angestrengte Stimme im Ohr, mit der sie uns mit dem ihr eigenen Optimismus verkündete, dass es ihr bald besser gehen werde. Wenn auf jemanden, die schönsten Biermann-Zeilen zutreffen, dann war das Anna. „Du lass dich nicht entmutigen in dieser harten Zeit.“ Anna Huber starb am 30. März in Frankfurt am Main.


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