Armut und Ressourcenreichtum

Angola nach 40 Jahren Krieg

21.04.2007   Lesezeit: 4 min

In Angola tobte über vierzig Jahre (von 1961 bis 2002) der längste Krieg des afrikanischen Kontinents. In diesen Jahren wurden rund 1 Million Menschen getötet, 1,5 Millionen vertrieben und 70.000 nach Unfällen mit Minen verkrüppelt. Im Jahr 2002 lag der Bevölkerungsanteil, der in Armut lebte, bei 82,5 % – obwohl Angola in Bezug auf seine Bodenschätze das viertreichste Land der Welt ist. Die Geschichte des Landes erklärt den langen Krieg und »the paradox of plenty«, die Gleichzeitigkeit von extremer Armut und Ressourcenreichtum.

Ende des 15. Jahrhunderts errichteten die Portugiesen erste Posten an der Küste Angolas. Bis in das 19. Jahrhundert bestand das primäre Interesse Portugals an Angola im Sklavenhandel. Nach Erreichen der Unabhängigkeit Brasiliens 1822 wurde für Portugal auch das angolanische Hinterland interessant. Doch erst zu Beginn des 20. Jahrhunderts begann Portugal die Herrschaft über weite Landesteile auszuweiten und Portugiesen vermehrt anzusiedeln. Seine heutigen Grenzen erhielt Angola auf der Berliner Afrika-Konferenz 1884/85. Bis zum Ende der 50er Jahre bestand die angolanische Ökonomie aus einer kolonialen exportorientierten Landwirtschaft und einer Subsistenzwirtschaft, die weite Teile der Bevölkerung ernährte. Durch die zunehmende Erschließung der Bodenschätze kam es Ende der 1950er Jahre zu einer drastischen Verschiebung. Heute stammen über 90 % der Exporterlöse aus der Rohstoffförderung.

Während der Kolonialzeit wurde die einheimische Bevölkerung massiv unterdrückt. In den 1950er Jahren gründeten sich mehrere Widerstandsbewegungen, unter ihnen die MPLA (Volksbewegung für die Befreiung Angolas), die UNITA (Nationale Union für die völlige Unabhängigkeit Angolas) und die FNLA (Nationale Befreiungsfront): 1961 brach der Krieg gegen die portugiesischen Besatzer aus.

Erst mit der portugiesischen Revolution 1974 wurde auch Angola unabhängig und der Krieg gegen Portugal nach 13 Jahren beendet. Die angekündigten Wahlen fanden jedoch auf Grund interner Machtstreitigkeiten nicht statt. Vielmehr entbrannte nun ein Bürgerkrieg zwischen der MPLA und der UNITA, der sich schnell zu einem so genannten Stellvertreterkrieg des Kalten Krieges entwickelte. Die UNITA setzte auf eine kapitalistische Entwicklung und bezog Waffen und politische Unterstützung von den USA, zudem erhielt sie militärischen Beistand durch die südafrikanische Armee. Die MPLA griff auf die Hilfe der kubanischen Armee und auf Waffenlieferungen der UdSSR zurück. Sie proklamierte den Sozialismus in Angola. Nach Ende des Ost-West-Konfliktes kam es 1992 zu überwachten Wahlen, die von der MPLA gewonnen, von der UNITA jedoch nicht anerkannt wurden. Die nie ganz erloschenen militärischen Auseinandersetzungen entbrannten erneut zu einem Bürgerkrieg. Da mit dem Ende der Blockkonfrontation die finanzielle Basis für beide Kriegsparteien zusammengebrochen war, mussten MPLA und UNITA nach neuen Geldquellen suchen. Die MPLA intensivierte den Handel mit internationalen Ölgesellschaften wie Chevron Texaco oder British Petroleum. Die UNITA hingegen kontrollierte den Diamantenhandel durch die immer engeren Kontakte zum Diamantenmonopolisten De Beers.

Obwohl die 1998 von der UN verhängten Sanktionen gegen die sogenannten Konfliktdiamanten der UNITA einen spürbaren Rückgang des Diamantenhandels zur Folge hatten und die UNITA finanziell schwächten, endeten die Kampfhandlungen erst nach der Tötung des UNITA-Führers Savimbi im Februar 2002. Bereits zwei Monate später, am 4. April, wurde ein Friedensvertrag unterzeichnet. Nach über 40 Jahren war der bewaffnete Konflikt in Angola zum Erliegen gekommen.

Auch nach Ende des Krieges fallen die Gewinne aus der Rohstoffförderung den meist europäischen und US-amerikanischen Unternehmen zu und werden nicht in Angola, sondern in Übersee ausgegeben und investiert. Zudem profitiert die staatliche Elite massiv von den Öl- und Diamanteneinnahmen.

Angolas Präsident dos Santos ist längst Milliardär und zählt zu den reichsten Männern der Welt. Laut Human Development Index 2004 steht Angola jedoch von 177 Ländern an der 166. Stelle. Wie hoch die Zahlungen von Ölfirmen an die angolanische Regierung im einzelnen waren und sind, kann nur vermutet werden – beide Seiten weigern sich die Zahlen zu veröffentlichen. Schätzungen zufolge werden trotz neuer Verfahren zur Kontrolle der Rohstoffexporte jährlich eine Milliarde US $ aus der Ölproduktion und eine halbe Milliarde US $ aus der Diamantenförderung an den offiziellen Staatskassen vorbei geschleust.

Um an der Macht zu bleiben und das korrupte System aufrecht zu erhalten, unterdrückt die angolanische Regierung oppositionelle Strömungen im Land und begeht oder billigt schwere Menschenrechtsverletzungen. Nach Kriegsende ist die Mehrheit der Bevölkerung vor allem mit der Sicherung ihres täglichen Überlebens beschäftigt, trotzdem artikuliert sich der öffentliche Protest gegen die soziale Ungerechtigkeit immer lauter.


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