Die Frankfurter Hilfs- und Menschenrechtsorganisation kritisiert die von der Bundesregierung angestrebte Normalisierung der Beziehungen zur Türkei.
„Menschenrechte dürfen nicht zugunsten von wirtschaftlichen und strategischen Interessen geopfert werden. Die kritische Zivilgesellschaft in der Türkei ist weitestgehend verboten und inhaftiert. Der Einsatz für Menschenrechte und demokratische Beteiligung darf nicht unter Strafe gestellt werden. Dies sollte das oberste Gebot für die Zusammenarbeit beider Staaten sein“, sagt Anita Starosta von medico international.
Beim Treffen des deutschen Außenministers mit dem türkischen Präsidenten Erdogan und seinen Amtskollegen Mevlüt Cavusoglu in Türkei müsse sich Maas für die Freilassung aller politischer Gefangen einsetzen, auch wenn sie keine deutsche Staatsangehörigkeit besitzen. Die lokalen medico-Partner können ihre Arbeit zzt. nur unter schwierigsten Bedingungen fortsetzen. Die überwiegende Mehrheit der Partnerorganisationen ist aktuell verboten, vor allem wenn sie sich für die Rechte der kurdischen Minderheit einsetzen.
Zwar seien die Rüstungsexporte an die Türkei in diesem Jahr zurückgegangen, eine Garantie für einen Auslieferungsstopp gibt es bisher jedoch nicht. Beim türkischen Einmarsch im syrischen Afrin kam auch der deutsche Leopard-Panzer in einem völkerrechtswidrigen Einsatz zum Einsatz. Noch immer unterstützt medico die Nothelfer in einem Flüchtlingslager von etwa 100.000 Menschen, die aus Afrin fliehen mussten und nun obdachlos sind. „Wir fordern den Stopp aller Rüstungsexporte in die Türkei“, so Starosta und weiter: „Außerdem muss es für die Flüchtlinge aus Afrin wieder eine Perspektive der Rückkehr geben. Diese gibt es jedoch nur, wenn sich die Türkei und die ihr nahestehenden Milizen, aus dem Gebiet zurückziehen.“
Gegenstand der Gespräche zwischen Maas und seinem Amtskollegen soll ebenfalls die Situation der Flüchtlinge im syrischen Idlib sein. Sollten Assad-Truppen und Russland die Region angreifen, werden die Hunderttausenden Binnenflüchtlinge als letzten Ausweg in die Türkei fliehen müssen. Bisher versperrt die Türkei diese Route. Auch medico-Partner werden am Grenzübertritt gehindert. „Die Flüchtlinge in Idlib haben bereits brutale Kriegserlebnisse hinter sich und brauchen einen sicheren und menschenwürdigen Aufenthaltsort jenseits von Krieg und Verfolgung. Statt den nächsten schmutzigen Flüchtlingsdeal mit der Türkei auszuhandeln, muss die die Bundesregierung sich für eine Aufnahme in Europa einsetzten“, so medico-Pressesprecherin Katja Maurer.
Für Nachfragen und Interviewwünsche:
- Bernd Eichner, medico-Pressereferent: Tel. 069/94438-45 oder presse@ medico.de