Mit Blick auf die Missstände, die in der Welt herrschen, ist soziales Engagement dringend geboten. Die Lücke, die der sozialpolitische Kahlschlag hinterlässt, machen sich inzwischen auch Kapitalanleger zunutze, die in Bildung, Gesundheit, Jugend- und Altenhilfe sowie andere soziale Belange investieren. Von der Schaffung einer „Sozialbörse“ ist bereits die Rede, die privaten Investoren renditeträchtige Anlageoptionen sichern soll.
Bislang war der Anteil privater Investitionen in der Finanzierung des Sozialen nie besonders hoch. Daseinsvorsorge ist eine öffentliche Aufgabe, die prinzipiell von privaten Profitinteressen geschützt werden muss. Einschlägige Akteure wie die Bertelsmann Stiftung, die Deutsche Börse AG und Wirtschaftsprüfungsgesellschaften wie KPMG wollen das nun ändern. Gemeinsam haben sie die Phineo gAG ins Leben gerufen, die sich als Servicestelle für Kapitalanlagen im Sozialwesen versteht.
Zu den propagierten Anlageoptionen zählen Direktinvestitionen etwa in Health Care Unternehmen, börsenfähige „Sozial-Anleihen“, aber auch „hybride Fonds“, in denen die Beimischung von Spenden für eine Hebelung der Eigenkapitalrendite sorgt.
„Impact investing“, so das Zauberwort der Branche, soll soziale „Wirkung“ erzielen, zugleich aber auch Gewinne erwirtschaften und mithelfen, ein ramponiertes Image aufzupolieren. Die Stiftung des Autobauers BMW finanziert „Africa Clean Energy“, die schadstoffarme Kochöfen produziert, um Frauen und Kinder vor gesundheitsschädlichen Emissionen zu schützen. Andere drängen sich klammen Kommunen auf und finanzieren Erziehungsbeihilfen, um sich bei Erfolg aus Steuermitteln refinanzieren zu lassen – gewinnmaximiert versteht sich.
Wir absurd der eingeschlagene Weg ist, zeigt England. Denn Rendite versprechen die dort privatisierten Gefängnisse nur bei hoher Auslastung.
Hierzulande hat sich Idee von „Sozial-Aktien“ noch nicht durchgesetzt. Noch stehen ihr sozialstaatliche Strukturen und die Arbeit der Wohlfahrtsverbände entgegen. Noch ist es möglich, die Vereinnahmung von gemeinwohlorientiertem Engagement durch einen „Impact Investing Markt“ zu verhindern. Eine effektive Besteuerung von Vermögen und Firmengewinnen könnte dem Spuk rasch ein Ende setzen.
Dieser Beitrag von medico-Geschäftsführer Thomas Gebauer erschien am 30.08.2017 in der Kolumne "Gastwirtschaft" in der Frankfurter Rundschau.