Das Bündnis Entwicklung Hilft

Gemeinsam für nachhaltige Veränderungen

01.08.2011   Lesezeit: 6 min

Wirkungsvolle Hilfe umfasst die unmittelbare Unterstützung für Hilfesuchende, aber auch das Bemühen um eine nachhaltige Veränderung jener Verhältnisse, die für Krankheit und Not verantwortlich sind. Dennoch hat die langfristige Entwicklungszusammenarbeit zuletzt an Bedeutung gegenüber der unmittelbaren Nothilfe verloren. Um der Notwendigkeit nachhaltiger Veränderungen öffentlichen Nachdruck verleihen zu können, hat sich medico Anfang 2005 mit Brot für die Welt, Misereor, terre des hommes und der Welthungerhilfe zum Bündnis Entwicklung Hilft zusammengeschlossen. Mit Aufrufen, Pressekonferenzen und politischen Gesprächsrunden werben wir für eine Hilfe, die sich nicht an den Interessen der Geber und auch nicht an medialen Vorgaben orientiert, sondern an den Bedürfnissen und Rechtsansprüchen notleidender Menschen sowie den Partnern vor Ort.

Weitere Informationen: www.entwicklung-hilft.de

 

Fragen und Antworten zum Bündnis Entwicklung Hilft:

Warum tun sich in Katastrophensituationen die Hilfsorganisationen nicht einfach zusammen?

In Deutschland gibt es drei Bündnisse von Hilfsorganisationen, die im Fall einer Katastrophe gemeinsam Spenden sammeln, um Menschen in Not Hilfe zu leisten. Jedes Bündnis hat seine eigene Entstehungsgeschichte, Legitimation und Konzept. Gerade mit Blick auf die Vielfalt der Hilfsansätze liegt in der Pluralität der Hilfsorganisationen eine Stärke.

Worin besteht die Herangehensweise des Bündnis Entwicklung Hilft?

Das Bündnis hat sich 2005 gegründet. Darin sind bedeutende säkulare und kirchliche Organisationen vertreten, die langfristige Entwicklungsprogramme fördern und im Katastrophenfall auch kurzfristige Humanitäre Hilfe leisten. Unser Hilfskonzept besteht auch im Katastrophenfall maßgeblich darin, mit lokalen Partnerorganisationen zusammenzuarbeiten. Zumeist reicht die Zusammenarbeit mit ihnen lange zurück, was in Notsituationen im Regelfall eine breitgefächerte Hilfe ermöglicht und die lokalen Strukturen stärkt, statt sie zu ersetzen. Vorsorge ist die beste Medizin – das wollen wir mit unserem Motto „Entwicklung hilft“ deutlich machen. Für diesen Ansatz stehen wir auch im Katastrophenfall. Deshalb ist für uns die Zusammenarbeit in einem Bündnis, in dem wir nach intensiven Diskussionen und durch gemeinsame Arbeit Verständnis und Vertrauen entwickelt haben, von zentraler Bedeutung.

Müssen nicht all diese Fragen in der Not zurückstehen - Hauptsache es wird sofort geholfen?

Richtig: Hilfe ist das erste, was nach einem Unglück stattfindet und zwar unmittelbar: Es ist die Selbsthilfe, die Nachbarschaftshilfe. Wir alle kennen solche Situationen aus eigenem Erleben. Diese Selbsthilfe ist die größte Ressource zur Bewältigung der Folgen einer Katastrophe. Das bezieht sich auf die materiellen Schäden genauso wie auf die seelischen Folgen für jeden und jede Einzelne. Deshalb unterstützen wir die Selbsthilfe. Die Selbstheilungskräfte zu stärken, darauf zielt unser partnerorientierter Ansatz, den wir auch in der Öffentlichkeit vermitteln wollen. Insofern stellt sich die Frage nicht nur danach ob, sondern vor allen Dingen wie geholfen wird.

Aber es bedarf doch auch der Hilfe von außen?

Natürlich, das trifft insbesondere in Regionen zu, in denen staatliche und gesellschaftliche Strukturen Schutz und Hilfe für die Bevölkerung nicht gewährleisten. Aber gerade hier darf man sich von dem Bild der Hilfe, das die Medien oftmals liefern, nicht täuschen lassen. Hilfe von außen ist dort am wirksamsten, wo sie an einheimische Strukturen anknüpfen kann. Dann gelingt es am besten, die Menschen zu erreichen, die Hilfe am Nötigsten brauchen. So einleuchtend eine Hilfe auf den ersten Blick erscheint, die fremde Helfer und Hilfsgüter von außen in betroffene Regionen bringt, sie kann unter Umständen mehr schaden als nutzen. Hilfeleistungen ohne Anbindung an einheimische Strukturen laufen Gefahr, den konkreten Bedarf vor Ort, den kulturellen Kontext oder die politische Gemengelage nicht zu berücksichtigen.

Katastrophenprävention, Katastrophenschutz und Hilfe müssen Hand in Hand gehen. Darin sehen wir unsere zentrale Aufgabe als Bündnis - in der Programmarbeit wie in der öffentlichen Kommunikation. Gerade die jüngsten Ereignisse in Pakistan und Haiti, aber auch das Erdbeben in Japan haben einer breiten Öffentlichkeit deutlich gemacht, dass die humanitären Folgen von Naturkatastrophen durch geeignete soziale und politische Schutzmaßnahmen im Vorfeld erheblich beeinflusst werden können.

Welche Kriterien bei der Entscheidung zur Spende sind sachgerecht?

Die Hilfs- und Spendenbereitschaft in Deutschland ist besonders hoch. Eine Mehrheit der Menschen in unserem Land will eine solidarische Gesellschaft. Dazu gehört, dass die Stärkeren für die Schwächeren einstehen. Das gilt auch im weltweiten Maßstab. Diese Solidarität ist ein hohes Gut, das wir als Hilfsorganisationen stärken und mit dem wir sehr sorgsam umgehen müssen.

Das Bündnis Entwicklung Hilft hat dafür folgende Kriterien entwickelt:<br/> Alle Organisationen, die Mitglied im Bündnis sind, tragen das Spendensiegel des Deutschen Zentralinstituts (DZI). Das Siegel wird jährlich erneuert und bestätigt, dass sich die Organisationen an vereinbarte Standards der Mittelverwendung für Projekte und für Verwaltungs- wie Werbungsausgaben halten.

Die Stärkung und Unterstützung lokaler Partnerstrukturen in der Hilfe ist ein maßgebliches Kriterium für die Mitarbeit in unserem Bündnis. Diese Partnerorientierung ist ein entscheidendes Kriterium für eine Nothilfe, die sich auch der Beseitigung von Ursachen für Not und Elend verpflichtet fühlt.<br/> Ein weiterer Maßstab ist eine Öffentlichkeitsarbeit, die mit fundierten und realitätsnahen Informationen über die Ursachen und die Bekämpfung von Elend aufklären will. Gerade in einer medial geprägten Öffentlichkeit haben sich die Mitglieder des Bündnisses einen eigenen Kodex zur Öffentlichkeitsarbeit gegeben, um der Verantwortung einer wahrheitsgemäßen und redlichen Berichterstattung gerecht zu werden.

Ruft das Bündnis Entwicklung Hilft in jeder Katastrophe zu Spenden auf?

Die Mitgliedsorganisationen verfügen über Partnernetzwerke in vielen armen Ländern der Welt. Deshalb sind die Handlungsmöglichkeiten in vielen Katastrophenfällen vorhanden. Trotzdem bleibt ein entscheidendes Kriterium für unsere Hilfe, dass wir handlungsfähige Partner vor Ort haben und diese Organisationen zu geeigneten Hilfsmaßnahmen in der Lage sind. Wir sind mit unserer Arbeit dem Prinzip der Subsidiarität verpflichtet. Das heißt, wir unterstützen zivilgesellschaftliche Kräfte der Selbsthilfe und nichtstaatliche Sozialorganisationen. Nach der Erdbebenkatastrophe von Japan haben wir nicht zu Spenden aufgerufen. Denn die japanische Gesellschaft arbeitet im Katastrophenschutz traditionell eher mit staatlichen und parastaatlichen Organisationen. Das Deutsche Rote Kreuz hat beispielsweise mit dem Japanischen Roten Kreuz eine Entsprechung, die in großem Umfang Nothilfe leisten kann. Richtig ist zum Beispiel, dass staatliche und kommunale Gremien in Deutschland zur Hilfe aufrufen, denn sie können an entsprechende Strukturen in Japan sinnvoll die Spenden übergeben.

Immer wieder ist die Rede vom Hilfsbusiness und Spendenmarkt. Ist Hilfe ein Geschäft geworden?

Tatsächlich konkurrieren viele Hilfsorganisationen um die Aufmerksamkeit der Spenderinnen und Spender. Das fördert häufig vielfältige, sich gegenseitig bereichernde und ergänzende Ansätze in der Hilfe. Auf die Problemlagen in der Welt gibt es eben nicht nur eine Antwort. Wenn man allerdings über Hilfe und Solidarität in den Kategorien des Marktes spricht, dann besteht die Gefahr, dass das komplexe Geschehen der Hilfe in allzu simple Botschaften übersetzt wird. Wenn nur noch die Arbeit zählt, die sich am einfachsten an Medien und Spender verkaufen lässt, dann würden auf die Dauer nicht mehr die Hilfsbedürftigen im Mittelpunkt stehen, sondern die Themen, die die meisten Spenden bringen. Aggressive Fundraising-Strategien vertragen sich deshalb in aller Regel nicht mit einer sozialen Arbeit, die sich an den Bedürfnissen und Notwendigkeiten derer orientieren muss, die Hilfe brauchen. Eine solche Kommerzialisierung der Hilfe würde auf Dauer auf die Arbeit selbst rückwirken. Aus diesem Grund ist es für die Mitgliedsorganisationen des Bündnisses so wichtig, dass Werbung und Öffentlichkeitsarbeit die Inhalte der Programmarbeit reflektieren und übersetzen. Wir sind als Nichtregierungsorganisationen auch Nonprofit-Institutionen. Insofern ist die Sprechen und Denken in Marktkategorien für die globale soziale Arbeit der Hilfsorganisationen problematisch.

 


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