Wenn man aus einem Land wie Brasilien komme, das immer wieder „versucht, billige Versionen patentierter Medikamente herzustellen, dann lernt man sehr schnell, über welch unfassbare Macht die Drogenindustrie-Lobby verfügt“. So beschreibt der Regisseur Fernando Mireilles die politische Dimension seines Filmes „Der ewige Gärtner“, der morgen in den deutschen Kinos anläuft. Der Film, gedreht nach einer Romanvorlage von John le Carré erzählt von den skandalösen Praktiken international agierender Pharmakonzerne in Kenia. Der Film ist Fiktion, fehlender Zugang zu überlebenswichtigen Medikamenten in armen Ländern wie Kenia jedoch Realität, so die sozialmedizinische Hilfsorganisation medico international und das pharmakritische Netzwerk BUKO Pharma-Kampagne in Berlin.
In vielen Ländern, so Dr. Christian Wagner von der BUKO Pharma-Kampagne testeten Pharmaunternehmen ihre Neuentwicklungen - wie exemplarisch im Film geschildert, ohne auf die sonst üblichen ethischen Maßstäbe oder das Wohl der Patienten Rücksicht zu nehmen. Die Versuche würden ohne Einwilligung der Versuchspersonen durchgeführt, es gebe nur unzureichende Risikoaufklärung und therapeutische Kontrollen, der unmittelbare Nutzen für die Patienten sei gering. „Oft genug werden diese Praktiken an der Grenze zur Illegalität noch damit begründet, dass die Menschen so wenigstens in der Testphase Zugang zu Medikamenten hätten, die sonst unbezahlbar für sie wären“, betonte Wagner.
Thomas Gebauer von medico international verwies darauf, dass zwei Milliarden Menschen in den armen Ländern keinen gesicherten Zugang zu lebenswichtigen Medikamenten hätten. Für viele seien Medikamente einfach zu teuer, denn internationale Handelsregeln und das aktuelle Patentrecht verhinderten die Ausweitung und den Export von Generika-Produktion. „Das globale Patent- und Handelsrecht sichert in erster Linie den Pharmakonzernen die Gewinne. Das Menschenrecht auf Gesundheit und den damit verbundenen gesicherten Zugang zu Gesundheitsversorgung wird so systematisch verletzt“, so Thomas Gebauer. Die Pharma-Industrie verteidige diese strikte Praxis mit den hohen Kosten für die Erforschung neuer Medikamente. Tatsächlich aber werden die Bedürfnisse der in Armut lebenden Menschen in der Arzneimittelforschung vollkommen vernachlässigt. „Von insgesamt 1392 neuen Medikamenten, die in den letzten 25 Jahren entwickelt wurden, waren ganze 13 für sogenannte Armutskrankheiten wie Malaria und, Tuberkulose“, so Christian Wagner.
Die Frankfurter Hilfsorganisation medico international und die BUKO Pharma-Kampagne fordern deshalb die deutsche Politik und Wissenschaft auf, die weltweite Initiative zu unterstützen, die dazu aufruft, die Regeln bei Forschung & Entwicklung, wie auch bei der Herstellung von Medikamenten zu verändern. Mehr als 3000 Organisationen und Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens, darunter viele Nobelpreisträger und führende Wissenschaftler haben den Appell bislang unterzeichnet.
Thomas Gebauer, Erstunterzeichner dieser Initiative und Geschäftsführer von medico international: „Es kann nicht sein, dass Regierungen vieler armer Länder der Zugang zu billigen und sinnvollen Medikamenten für ihre Bevölkerung versperrt bleibt, weil sie sich vor den Rechtsabteilungen der Pharmakonzerne oder internationalen Handelssanktionen fürchten müssen. Das aktuelle internationale Patentrecht muss reformiert werden, damit den armen Ländern nicht weiterhin der Zugang zu bezahlbaren Medikamenten verwährt werden kann. “
Die BUKO Pharma-Kampagne und medico international rufen die deutsche Politik
auf, eine Vorreiterrolle für eine Arzneimittelforschung einzunehmen, die sich an den Bedürfnissen der Menschen orientiert.
Die Organisationen:
Die Frankfurter Hilfsorganisation medico international und die BUKO Pharma-Kampagne begleiten seit Beginn der 80er Jahre kritisch die Entwicklung auf dem Arzneimittelsektor. Sie sind unter anderem Teil des globalen Verbraucherschutznetzes „Health Action International“.
Die BUKO Pharma-Kampagne war Vorbild für die in Film und Buch dargestellte pharmakritische Initiative HIPPO.
Kontakt
- Ansprechpartner bei BUKO: Christian Wagner: 0521 60550
- Ansprechpartner bei medico international: Katja Maurer, 069 94438-29