Zehntausende Menschen flüchten vor den letzten Kämpfen gegen den IS im syrischen Baghus in die Gebiete der nordsyrisch-kurdischen Selbstverwaltung. Die unerwartet hohe Zahl Ankommender übersteigt die Kapazitäten des Flüchtlingslagers in Al-Hol bei weitem, wie der medico-Partner Sherwan Bery vom dort tätigen medico-Partner Kurdischer Roten Halbmond berichtet. Hinzu kommt, dass unter den Eintreffenden sowohl Opfer des IS als auch Angehörige des IS sind.
Das Flüchtlingscamp Al-Hol ist ursprünglich für 10.000 Menschen ausgelegt, beherbergt mittlerweile jedoch über 65.000 Menschen. Laut UN werden Tausende mehr in den nächsten Tagen erwartet. „Die Helfer sind schon jetzt völlig überlastet“, so der medico-Partner Sherwan Bery vom Kurdischen Roten Halbmond. „Die Ankommenden sind meist in einem schlechten Zustand. In der IS-Zone gab es kaum noch Nahrungsmittel und die weite Flucht durch kalte Winternächte hat die Menschen weiter ausgezehrt. Sie sind unterkühlt und mangelernährt. Besonders die Situation der Kinder ist dramatisch.“
Die Nothelfer leisten medizinische Erstversorgung, seit Wochen, rund um die Uhr. „Schwere Erkrankungen und Verletzungen müssten schnell behandelt werden. Kritische Fälle bringen wir in die nächstgelegenen Krankenhäuser, aber auch dort ist kein Platz mehr“, so Bery. Auch die sanitären Anlagen reichen nicht aus. Die Verbreitung von Krankheiten wie Durchfall oder Infektionen könnte zu einer humanitären Krise im Camp führen. Daher sein Appell: „Wir benötigen dringend internationale Hilfe, um eine angemessene medizinische Behandlung im Camp sicherzustellen.“ In einer ersten Nothilfemaßnahme unterstützt medico die Nothilfe beim Aufbau eines Feldkrankenhauses im Camp.
Zu dem allgegenwärtigen Mangel kommt eine besondere Herausforderung hinzu: Viele der Flüchtenden sind Zivilisten, die unter der Herrschaft im selbsterklärten Kalifat gelitten haben. Andere jedoch sind Angehörige der IS-Kämpfer, zumeist Frauen mit ihren Kindern. Sie fliehen also Seite an Seite mit IS-Opfern und suchen ausgerechnet in einer kurdisch geprägten Region Zuflucht, die vom IS jahrelang bekämpft worden ist. Laut dem Rat für humanitäre Aufgaben der Selbstverwaltung von Nord- und Ostsyrien befinden sich rund 6.000 Angehörige von Dschihadisten in dem Flüchtlingslager. Das führt unvermeidlich zu Spannungen.
„Die internationale Gemeinschaft ist hier gefragt“, so Anita Starosta von medico international. „Statt der Debatte um die Ausbürgerung von deutschen IS-Kämpfern wäre die Einrichtung eines UN-Sondertribunals und die finanzielle Unterstützung seitens der Bundesregierung für die humanitäre Hilfe in den kurdischen Gebieten Syriens notwendig.“
Für die Nothilfe in Syrien bittet medico international um Spenden:
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