Mein blaues Klavier

Elke Lasker-Schüler

01.11.1999   Lesezeit: 1 min

(meinem lieben Heimatfreund Gerson Stern gewidmet.)

Ich habe zu Hause ein blaues Klavier
Und kenne doch keine Note.
Es steht im Dunkel der Kellertür
Seitdem die Welt verrohte.
Es spielten Sternenhände vier –
Die Mondfrau sang im Boote.
– Nun tanzen die Ratten im Geklirr!
Zerbrochen ist die Klaviatür –
Ich beweine die blaue Tote.
Ach liebe Engel öffnet mir
– Ich aß vom bittren Brote
Mir lebend schon die Himmelstür,
Auch wider dem Verbote.

Verso eigenhändig bezeichnet »Bitte Correctur!«

Else Lasker-Schüler, geboren 1869 in Wuppertal, gestorben 1945 in Jerusalem.

Das bisher unbekannte, auf der Rückseite des Rundschreibens erstveröffentlichte anrührende Gedicht bedeutet den Abgesang auf das Blaue Klavier des Expressionismus und die Hoffnungen der Moderne.


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