Rassistischen Kampagnen gegen Flüchtlinge und Asylsuchende entgegentreten

medico international unterstützt antirassistischen Aufruf

13.09.2013   Lesezeit: 3 min

"Wir fordern eine Politik, die Flüchtlinge schützt und nicht zur Zielscheibe rassistischer Hetze werden lässt: Für ein Recht auf dezentrale Unterbringung, Bewegungsfreiheit und gleichrangigen Zugang zu Beschäftigung!

Seit Wochen gehören aggressive Proteste mit Slogans wie „Nein zum Heim“ vor Flüchtlingsunterkünften quer durch Deutschland zum Alltag. Täglich werden in Deutschland zwei bis drei politisch rechts und rassistisch motivierte Gewalttaten verübt. Die Opfer sind insbesondere Flüchtlinge, Asylsuchende und Migrantinnen und Migranten. So wurde beispielsweise am 20. August 2013 ein Asylsuchender aus Pakistan auf dem Weg in die Flüchtlingsunterkunft in Schmiedeberg (Sachsen) von einer Gruppe junger Männer rassistisch beschimpft und zusammengeschlagen. Andernorts fliegen Brandflaschen auf Flüchtlingsunterkünfte, werden neonazistische Parolen skandiert und Menschen bedroht, die in Deutschland Schutz vor Gewalt und Verfolgung suchen.

Die Täterinnen und Täter dürfen nicht durch populistische Äußerungen in der politischen Mitte ermutigt werden. Wir sind besorgt darüber, dass verantwortliche Politiker Flüchtlinge als „nicht anpassungsfähig“ abwerten, die Notwendigkeit eines Krisengipfels oder eine „Grenze der Belastbarkeit“ behaupten und die Flüchtlingszahlen in Deutschland als „alarmierend“ bezeichnen. Wir nehmen aber auch die besonnenen Stimmen in allen demokratischen Parteien wahr und fordern eine sach- und lösungsorientierte Debatte über Einwanderung und Flüchtlingsschutz. Populistische Slogans gehören nicht in den Wahlkampf von Demokratinnen und Demokraten. Alle müssen Sorge dafür tragen, dass politische Debatten wie in den frühen 1990 Jahren mit „Das Boot ist voll“- Rhetorik und einer Welle rassistischer und neonazistischer Gewalt nicht wiederkehren. In Folge dieser Gewaltwelle und Debatten wurden über 150 Menschen getötet und circa zehntausend Menschen zum Teil dauerhaft verletzt. Vergleichen wir die aktuellen Flüchtlingszahlen in Deutschland mit den mehreren Millionen Flüchtlingen, die beispielsweise in den Nachbarländern Syriens Zuflucht erhalten haben, ist die geringe Anzahl der in Deutschland aufgenommenen Menschen in Not kein Grund für Sorge und Panik. Sie ist vielmehr dringender Anlass, mehr als bisher für den Flüchtlingsschutz zu tun.

Wir fordern: Die Ausgrenzung von Flüchtlingen und Asylsuchenden muss beendet werden. Wir wollen ein gesellschaftliches Klima des Willkommens schaffen, anstatt Flüchtlinge und Asylsuchende zum Problem zu erklären und rassistische Kampagnen auf dem Rücken von Schutzsuchenden zu führen. Von Politikerinnen und Politikern aller demokratischen Parteien erwarten wir, dass sie sich für faire und zügige Asylverfahren, den Zugang von Asylsuchenden zu Deutsch- und Integrationskursen und zum Arbeitsmarkt einsetzen, statt rassistischen Vorurteilen oder rechtspopulistischen Kampagnen Vorschub zu leisten. Ziel muss es sein, die Betroffenen zu integrieren statt auszugrenzen.

Das bedeutet konkret:

  • Wir fordern ein Recht auf dezentrale Unterbringung für Asylsuchende in menschenwürdigen Wohnungen statt Massenunterkünften in Baracken und Containern.
  • Wir fordern die Abschaffung der Residenzpflicht und ein Recht auf Bewegungsfreiheit von Asylsuchenden in Deutschland.
  • Wir fordern: Keine Benachteiligungen für Asylsuchende beim Zugang zu Bildung, Beschäftigung und Sozialleistungen. Unabhängig vom Aufenthaltsstatus muss Asylsuchenden schnellstmöglich ein gleichrangiger Zugang zu beruflicher Ausbildung und Beschäftigung gewährt werden. Das sog. Asylbewerberleistungsgesetz muss abgeschafft werden.

Wir erwarten, dass Politikerinnen und Politiker auch im Wahlkampf für eine offene und damit zukunftsfähige Gesellschaft eintreten, in der Stigmatisierungen von Flüchtlingen und Migranten und Rassismus keinen Platz haben. „Rassismus entsteht im Kopf, Offenheit auch.“! Offenheit ermöglicht Begegnung und eine gemeinsame Zukunft, die alle hier lebenden Menschen einschließt."

Dieser Aufruf wurde verfasst von der Amadeu Antonio Stiftung, Aktion Sühnezeichen Friedensdienste e.V., Bundesarbeitsgemeinschaft Kirche und Rechtsextremismus, ökumenische Bundesarbeitsgemeinschaft Asyl in der Kirche e.V. und Pro Asyl.

medico international gehört zu den Erstunterzeichnern des Aufrufs.


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