Eröffnungsrede
Es ist ein besonderes Symposium, denn wir begehen mit ihm zugleich den zehnten Jahrestag der Gründung der Stiftung medico international. 10 Jahre, das ist eigentlich kein Alter, allzumal für eine Stiftung; umso mehr aber freuen wir uns über das, was die Stiftung in der kurzen Zeit erreichen konnte.
Und damit meine ich keineswegs nur die finanzielle Entwicklung, den großen Kapitalstock, der in den zurückliegenden Jahren zusammengetragen werden konnte. Ich meine vor allem, wie sich die Stiftung als ein ernstzunehmender Akteur in der entwicklungspolitischer Szene etablieren konnte.
Förderung kritischer Debatten
Zu den Zielen, die wir uns bei der Gründung der Stiftung gesetzt haben, zählt – neben der Unterstützung von gesundheitspolitischen Initiativen im globalen Süden – auch die Förderung kritischer Debatten im eigenen Land.
Wer bereits gestern Abend dabei gewesen sein konnte, weiß wovon ich spreche: von lebendigen Diskussion, in denen es durchaus auch hoch her gehen kann, von der Schaffung öffentlicher Räume, die zur Kritik des herrschenden Diskurses notwendig sind.
Darum ging es auch am gestrigen Abend. Was dabei klar geworden ist, ist dass die vielen Krisen und die tiefen sozialen Spaltungen, die heute in der Welt herrschen, nicht einfach von Himmel gefallen sind. Sie sind das Ergebnis politisch-ökonomischer Interessen, die einer ganz anderen Vernunft folgen, als die, die in den Bedürfnissen und Ansprüchen der breiten Bevölkerungsschichten zum Ausdruck kommt.
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Am Beispiel Griechenland
Diskutiert haben wir das u.a. am Beispiel Griechenland. Sie kennen den Vorwurf: Griechenland habe seine Hausaufgaben nicht gemacht; Syriza sei noch nicht in der Realität angekommen; Varoufakis ein Spinner. Das stimmt nur solange, wie man die Definitionsmacht dessen, was Realität ist, der Euro-Gruppe bzw. jenem Journalismus überlässt, der sich ganz offenbar nur noch im Nachplappern von Stereotypen zu überbieten versucht. Aus der Perspektive der griechischen Bevölkerung sieht das komplett anders aus: dann ist es nämlich die Troika, sind es die Institutionen, die jeden Bezug zur Realität verloren haben. Denen der Vorwurf zu machen ist, noch nicht im Leben der Verlierer der Globalisierung angekommen zu sein.
Denselben Antagonismus finden Sie auch in der gegenwärtigen Flüchtlingspolitik. Was europäischen Politikern als das Problem gilt: die Flucht, die Schlepperbanden, ist für Millionen von Menschen im Süden oftmals die letzte Hoffnung, doch noch an einem Leben teilhaben zu können, das Zugang zu Bildung, zu öffentlicher Daseinsvorsorge, zu Rechtsstaatlichkeit, kurz: zu Anerkennung und Perspektiven bietet. Wenn nun diese Hoffnung, die in den Schlauchbooten der Flüchtlinge förmlich zum Greifen nahe ist, mit militärischen Mitteln zunichte gemacht werden soll, ist das vor allem eine moralische Bankrotterklärung.
Und es ist, auch darüber haben wir gestern diskutiert, Ausdruck eines fast schon grotesken Aufeinanderprallens verschiedener Rechtsperspektiven. Deutlich wird, dass die universellen Menschenrechte, zu denen sich auch die Regierenden so gerne bekennen, nichts wert sind, wenn sie partikularen politischen und ökonomische Interessen ins Gehege kommen. Es ist schon beschämend zu sehen, wie welcher Energie die rechtliche Verankerung des Schutzes von Investoren betrieben wird, aber nichts geschieht, um die Rechtsstellung bzw. von Millionen von Klimaflüchtlingen zu klären. Mehr denn je dominiert heute das Vertrags- und Handelsrechts über das Menschenrecht.
Zeichen der Veränderung
Am Ende der Debatte sahen wir durchaus auch Zeichen der Veränderung, ohne allerdings allzu optimistisch zu werden. Das multiple Krisengeschehen ist Ausdruck einer strukturellen Krise, die uns, so wie es aussieht, leider noch eine ganze Weile beschäftigen wird.
Und das führt geradewegs zur zentralen Frage des heutigen Symposiums, zur Frage, wie mit all den Gefahren und Risiken, die aus dem gegenwärtigen Krisengeschehen resultieren, umgegangen werden soll. Und das ist eben keine technische Frage, sondern eine eminent politische.
Wie umgehen mit den Gefahren und Risiken?
Der Klimawandel, der Hunger, die Entwurzelung von Menschen, die Verstädterung, die Gefahr von Epidemien, der Verlust der sozialen Kohäsion, die wachsende Gewalt, die seelischen Erschütterungen, die weltweite Zunahme von psychischen Erkrankungen, – all das ist Teil eines komplexen ineinander verzahnten Krisengeschehens, von dem inzwischen alle eine irgendwie geartete Ahnung haben, auch wenn es uns meist nur in Splittern bewusst wird. Es sei „eine ganz, ganz unruhige Welt“, sagt Angela Merkel, eine Welt, in der es nur noch eine Chance gebe: „Auf Sicht fahren“, so die Kanzlerin wörtlich: ein erstaunlich einfaches Regierungsprogramm.
Sie mögen schmunzeln, aber es ist exakt diese Mischung aus politischer Selbstaufgabe und faktischen Souveränitätsverlusten, die einer Idee den Boden bereitet hat, die heute allenthalben von sich reden macht: die Idee der „Resilienz“. Ich weiß nicht, ob und wie Ihnen dieser Begriff bereits begegnet ist, nicht wenigen jedenfalls gilt Resilienz inzwischen als die Antwort auf die Herausforderungen unserer Zeit, quasi als eine Art Allheilmittel gegen all die Bedrohungen, denen Menschen und die von ihnen geschaffenen Systeme heute ausgesetzt sind.
Das magische Wort: Resilienz
Wenn Sie Resilienz googlen, stoßen Sie auf bald 500.000 Einträge: Resilienz in der Erziehungsberatung, Resilienz in der Traumabehandlung, Resilienz in den einschlägigen Ratgeberspalten der Yellow Press, Resilienz aber auch in der Frage des Aufbaus von Gesundheitsdiensten in Westafrika, in den Trainingskursen für Führungskräfte, beim Schutz gegen Burnout, vor dem Klimawandel und kriegerischer Gewalt. Resilienz in der Katastrophenvorsorge, der Ökonomie, der Sicherheitspolitik. Längst sind es nicht mehr nur Pädagogik und Psychologie oder die Umweltwissenschaften, in denen Resilienz-Konzepte – mit durchaus guten und richtigen Absichten (worauf noch einzugehen sein wird) – angewandt werden. Resilienz ist heute zu einem fast schon magischen Wort geworden, das aus kaum noch einem Praxisfeld wegzudenken ist.
Ursprünglich stammt der Begriff Resilienz aus der Physik, genauer aus der Stoffkunde und beschreibt die Fähigkeit eines Werkstoffs, auf Störungen, die von außen auf ihn einwirken, unbeschadet reagieren zu können. „Resilire“, lateinisch, meint übersetzt - in etwa: abprallen, zurückfedern.
Angesichts von Zukunftserwartungen, die von Chaos- und Bedrohungsszenarien geprägt sind, scheint es nur zu vernünftig, Vorkehrungen zu treffen, um Störungen von außen überstehen zu können. Selbstverständlich spricht nichts dagegen, die Widerstandkraft von Menschen stärken. Und natürlich ist es notwendig, Menschen in ihrem Bemühen zur Seite zu stehen, sich vor Katastrophen besser zu schützen.
Keine Alternativen mehr
Absurd aber wird es, wenn das Bemühen um Resilienz zur Rechtfertigung dafür herhalten muss, nichts mehr gegen die Ursachen von Krisen tun zu müssen. Genau das aber ist zunehmend der Fall. Die Idee der Resilienz, aus der in den Umwelt- und Sozialwissenschaften, aber auch in der Architektur anfangs durchaus sinnvolle Konzepte entwickelt wurden, ist in den letzten Jahren mehr und mehr von jener Politik der Entpolitisierung vereinnahmt worden, die – indem sie „Auf Sicht fährt“ – gar nicht mehr den Anspruch erhebt, Alternativen zur herrschenden Krisendynamik zu denken.
Matthias Horx, seines Zeichens Trendforscher und einer der Apologeten der neoliberalen Umgestaltung der Verhältnisse, hat das ganz offen bekannt: „Resilienz wird in den nächsten Jahren den schönen Begriff der Nachhaltigkeit ablösen. Hinter der Nachhaltigkeit steckt eine alte Harmonie-Illusion“, so Horx, „doch lebendige, evolutionäre Systeme bewegen sich immer an den Grenzlinien des Chaos.“ Weshalb künftig nicht mehr eine stetige, nachhaltige Entwicklung im Mittelpunkt stehe, sondern der Umgang mit Krisen.
Von der Krisenbewältigung zum Krisenmanagement, von einer auf Veränderung drängenden Politik zum „Fahren auf Sicht“? - Was Horx als „Harmonie-Illusion“ verunglimpft, ist die normative Dimension, die in der Idee der Nachhaltigkeit steckt. Nachhaltigkeit, wie auch immer der Begriff verwendet wird (tatsächlich hat sich auch an ihm sehr viel Kritik entzündet), impliziert Wertvorstellungen, an denen sich politische, ökonomische und technologische Entscheidungen ausrichten sollen. Insbesondere in der Idee der nachhaltigen Entwicklung geht es um Vorstellungen, wie durch aktive Gestaltung der Verhältnisse menschenwürdige Lebensumstände geschaffen und Gefahren und Krisen minimiert werden können.
Resilienz ohne Normativität
Ein solches normatives Konzept fehlt der Idee der Resilienz: ihr geht es nicht mehr um gesellschaftliche Ideale, sondern nur um die Frage, wie sich Menschen und Systeme gegen Störungen, spricht: gegen eine aus den Fugen geratenen Welt schützen können. Ihre Klammer ist nicht mehr das Bemühen um eine Korrektur zerstörerischer Verhältnisse, sondern die Anpassung an einen offenbar unaufhaltsam, weil alternativlos voranschreitenden Zerstörungsprozess. War die Moderne noch von der Idee beseelt, die Risiken, denen Menschen ausgesetzt sind, reduzieren und so eine bessere Zukunft aufbauen zu können, ist die Zukunftserwartung heute so sehr von düstere Prognosen verstellt, dass das Chaos offenbar unvermeidbar und Risikominderung nicht mehr möglich scheint.
Die Frage aber ist, ob das so sein muss. Ob wir die beschworene Alternativlosigkeit, die gegenwärtig ja fast schon eine metaphysische Dimension angenommen zu haben scheint, tatsächlich hinnehmen wollen.
Ist das „Auf Sicht Fahren“ tatsächlich die einige verbliebene Chance? Und verweist nicht der inzwischen inflationäre Gebrauch von Resilienz, dass es gar nicht mehr um die Stärkung von Widerstandskraft geht, sondern ganz andere Interessen, kommerzielle wie legitimatorische Interessen im Spiel sind?
"Being Strong in a World Where Things Go Wrong"
Schauen Sie mal die die Auslagen der Buchhandlungen. Ein ganzer Berufszweig scheint sich inzwischen darauf kapriziert zu haben, wie auf die um sich greifenden Verlustängste, die aus der neoliberalen Aufkündigung von Gesellschaftlichkeit resultieren, marktförmig reagiert werden kann. Die Titel der Bücher sprechen für sich: „Resilienz: Was uns stark macht gegen Stress, Depressionen und Burn-out“; „Resilienz – die Kunst wiederaufzustehen“; „Resilienz – sieben Schlüssel für mehr innere Stärke“.
Hervorheben aber möchte ich ein Buch, das Ende letzten Jahres in den USA erschienen ist und den bemerkenswerten Titel: „THE RESILIENCE DIVIDEND - Being Strong in a World Where Things Go Wrong” trägt. Dessen Autorin, Judith Rodin, ist nicht irgendwer; sie ist die Präsidentin der Rockefeller Stiftung, die Resilienz zu Top-Priorität erklärt hat und – vergleichbar mit der hiesigen Bertelsmann Stiftung – einen nicht zu unterschätzenden Einfluss auf den herrschenden Diskurs hat.
Und zu spüren sind die Auswirkungen z.B. im akademischen Kontext, wo heute Forschungsthemen rund um Resilienz eine höhere Chance auf Dritt-Mittel-Finanzierung haben als andere. Oder auf der diesjährigen Weltgesundheitsversammlung, die, beeinflusst von der Rockefeller Stiftung unter dem Motto „building resilient health systems“ statt. Oder in den Debatte von Entwicklungsexperten, die mit Blick auf die prekäre Entwicklung der Welt ja nicht allzu viele Erfolge vorzuweisen haben, aber nun wieder mal eine neue Strategie durch Dorf jagen können.
Resiliente Hotels für Touristen
Ich hatte kürzlich die Gelegenheit, einem Vortrag über Katastrophenschutzmaßnahmen zuzuhören. Der Redner, ein Mann aus der staatlichen Entwicklungshilfe, bezog sich auf die wichtige „Disaster Risk Reduction“- Strategie der UN. Auf bemerkenswerte Weise aber war im Titel des deutschen Konzepts nicht mehr von Risikominderung, sondern nur noch von Risikomanagement die Rede. - In den vorgestellten Projekten ging es denn auch nicht mehr um z.B. Alternativen zu den sklavenhaften Arbeitsbedingungen von Näherinnen in den Weltmarktfabriken der internationalen Textilbranche, sondern um die Ausrüstung der Fabrikgebäude mit modernen Brandschutzmeldern. Nicht mehr das Engagement gegen die wachsende soziale Ungleichheit stand mehr im Vordergrund, sondern – in Kooperation mit der internationalen Tourismusbranche - die Schaffung von resilienten Hotels für Touristen.
Es versteht sich fast schon von selbst, dass mit solchen Projekten Unternehmen neue Absatzmärkte für ihre Produkte eröffnet werden. Ganz offen spricht das deutsche Konzept davon, Technologien „Made in and with Germany“ den Markt zu öffnen. Erinnern Sie noch den Titel des Buches der Präsidentin der Rockefeller Foundation? Resilience Dividend? - Der bekommt nun einen Sinn.
Nur noch reaktives Krisenmanagement
Weil Politik kaum noch über ein reaktives Krisenmanagement hinausreicht, gilt inzwischen Resilienz als zweckmäßigste Waffe gegen die herrschende Krisendynamik. Ein komplett neues Staatsverständnis beginnt sich unter solchen Umständen breit zu machen. Eines, das die Verantwortung für die Bewältigung von Armut, die Folgen des Klimawandels, der in der Welt grassierenden Gewalt an Subsysteme wie Familien, Kommunen, Nachbarschaften, Unternehmen und schließlich an jede und jeden einzelnen abwälzt.
Die erstaunliche Karriere von Resilienz-Konzepten erklärt sich so nicht zuletzt auch daraus, dass sie sich gut von neoliberalen Politiken vereinnahmen lassen. Und so entpuppt sich der gegenwärtige Resilience-Hype auch als Teil neoliberaler Hegemonie, die gesellschaftliche Verantwortung in die Sphäre des Privaten abzudrängen.
Und so sind heute alle damit befasst, Vorkehrungen für kommenden, angeblich unvermeidbare Krisen zu treffen: die Bewohner küstennaher Dörfer in Bangladesch z.B., die auf Anregung von Entwicklungsexperten – schon mal von der Hühner- auf die Entenzucht umgestellt hätten. Enten können bekanntlich schwimmen und so die Gefahr des drohenden Anstiegs des Meeresspiegels überstehen. Befasst ist auch die Brüsseler EU-Kommission, die auf dem ersten „Forum für Resilienz“, das letztes Jahr standfand, eben das Beispiel aus Bangladesch lobte.
Versicherungen, Gesundheit, Banken
Oder die 50 Topmanager von Versicherungsgesellschaften, Banken, Fluglinien, Immobilienhändler und anderen asiatischen Industrien, die sich
Ende November 2013, unmittelbar nachdem der Taifun Yolanda große Teile der Philippinen verheert hatte, in Manila trafen, um darüber zu beraten, wie sie ihre Unternehmungen resilienter gegen Katastrophen machen können. Der Titel des Forums: „Anreize für resilientes Investment: Stärkung der Resilienz des privaten Sektors durch risikobewusste Geschäftspraktiken und Investitionen“.
Oder die Weltgesundheitsorganisation, die auf der gerade zu Ende gegangenen Generalversammlung die Notwendigkeit des Ausbaus resilienter Gesundheitssysteme beschwor, ganz offenbar, weil man davon ausgeht, dass sich die sozialen und politischen Umstände, die den Ausbruch von Epidemie, wie z.B. Ebola begünstigt haben, eh nicht werden verändern lassen. Manche Delegierten setzten noch eins drauf und sprachen bereits von robusten Gesundheitssystemen, in denen noch der letzte Bezug zu sozialmedizinischen Ansätzen verschwunden und durch nur noch sicherheitspolitisch motivierte autoritäre Seuchenkontrolle ersetzt ist.
Befasst mit dem Treffen von Vorkehrungen aber sind selbst auch Kinder, in Israel z.B. wie Millionen von Grundschülern in simulierten Terroranschlägen üben, wie Angst durch Atemübungen und positive Gedanken bekämpft werden kann.
Selbst die Frankfurter Bankenwelt kümmere sich um die Ausbildung von Resilienz, so es heißt, um besser auf negative Entwicklungen auf den Finanzmärkten oder Störungen durch Blockupy reagieren zu können.
Dem Widerstandsbegriff der Resilienz widerstehen
Wenn sich alle auf diese Weise „fit für die Katastrophe“ machen, wird die Idee einer anderen, einer solidarischen Welt obsolet. Resilienz macht es möglich, dass sich der herrschende Zerstörungsprozess selbst noch in Zeiten größter Gefahr und Not als „Business as usual“ fortsetzen kann. Und eben darin steckt das Paradox heutiger Resilienz-Konzepte: Sie stabilisieren genau jene Verhältnisse, an deren prekären Zustand sich das Bedürfnis nach Resilienz entzündet. Es ist tatsächlich ein höchst eigentümlicher Widerstandsbegriff, der in vielen der heutigen Resilienz Konzepten aufscheint. Einer, den sich die herrschenden Verhältnisse zunutze machen, um sich ihren Erhalt zu sichern. Einem solchen Widerstandsbegriff sollten wir widerstehen.
Zumal, weil auch die wohlmeinenden Resilienzprojekte auf Dauer keine Chance haben werden. Solange dem Krisengeschehen nicht politisch Einhalt geboten wird, kann auch das nicht überdauern, was vor der Krise schützen soll. In einer Welt, wo die Dinge daneben gehen, „where things go wrong“, kann es auf Dauer auch keine Stärke geben, zumindest nicht für alle, und schon gar nicht für die, die eh machtlos sind. Gutverdienenden Managern mag es vielleicht noch gelingen, private Schutzschilder gegen beruflichen Stress aufzubauen, nicht aber den sozial Ausgeschlossenen, denen jedwede Anerkennung verweigert wird und die zu einem Leben in Armut gezwungen sind.
Resilienz für Flüchtlinge?
Fraglos ist es möglich, die Resilienz von Fabrikgebäuden, Touristenressorts und Investitionen als zu erhöhen, - aber gilt das auch für Flüchtlinge? Was wäre denn deren Resilienz?
Für die Hungerenden im Sahel, da sind sich all einige, würde Resilienz eine Stärkung der kleinbäuerlichen Landwirtschaft bedeuten. Genau die aber steht dem internationalen Agrobusiness, wenn nicht schon heute, so ganz sicher morgen im Wege stehen.
Und so spricht vieles dafür, dass der gegenwärtige Resilienz-Hype vor allem eine Modeerscheinung ist: eine willkommene neue Strategie, die für die kommenden Jahre den Diskurs bestimmen wird, bei der Überwindung politischer Legitimationsdefizite helfen kann und womöglich hier und da gut fürs Geschäft ist, um dann, wenn auch Resilienz durch ist, von einer anderen abgelöst zu werden.
Aber wenn dem so ist, wenn die Idee der Resilienz, so gut sie anfangs gedacht war, heute zu einer fatalen Strategie zu verkommen droht: - Was sollte uns dann davon hindern, den Lernprozess abzukürzen und uns schon heute einen kritischen Begriff von Resilienz zu erarbeiten?
Das wäre meine Erwartung an das heutige Symposium. Und falls Sie das auch so sehen, wünsche ich uns allen viel Erfolg.
Vielen Dank.