Ausgerechnet das letzte rundschreiben des alten Jahrtausends kündete von einem Anfang. Im Zentrum des Heftes stand die kurz zuvor gestartete Kampagne „Fatal Transactions“, der es binnen kürzester Zeit gelungen war, eine ganze Industrie in Panik zu versetzen. Doch der Reihe nach. In Zusammenarbeit mit der britischen Recherche-Organisation Global Witness und anderen NGOs hatte medico im Herbst 1999 die Verflechtung des internationalen Diamantenhandels mit den Bürgerkriegen in Sierra Leone, in der Demokratischen Republik Kongo und in Angola öffentlich gemacht. Die Botschaft: Massaker und Gräuel werden wesentlich durch den Verkauf von Diamanten finanziert, die hierzulande „reingewaschen“ als Symbole ewiger Liebe verkauft werden. Nur wenige Stunden, nachdem die Faxe versandt waren (so wurden damals Kampagnen lanciert), drohte der weltgrößte Diamantenkonzern de Beers medico telefonisch mit einer Anzeige – um bald darauf in einer 180-Grad-Wende anzukündigen, sich aus dem Geschäft in Angola zurückzuziehen. Von all dem erzählt das rundschreiben 4/1999 ausführlich.
In der Öffentlichkeit stieß das Thema auf enorme Resonanz, die Medien berichteten fortan auf besten Sendeplätzen über Kriegsdiamanten. Nicht zuletzt aufgrund der guten Kontakte zu Partner:innen in Angola und Sierra Leone war medico gefragter Ansprechpartner, mit medicos Unterstützung entstand gar die Tatort-Folge „Blutdiamanten“ in der ARD. Unterdessen erzeugte Fatal Transactions mit europaweiten Aktionen weiter Druck auf die Diamantenindustrie. Der Imageverlust war fatal, Börsenwerte brachen ein. Also wurde „ein Prozess“ gestartet – mit der Politik an der Seite. 2003 einigte man sich auf das sogenannte Kimberley-Abkommen, das ein komplexes System staatlicher Herkunftszertifikate in Kraft setzte. medico und die Kampagnenpartner:innen machten frühzeitig darauf aufmerksam, dass ein Abkommen ohne bindenden Charakter den Handel mit Blutdiamanten nicht beenden würde. Sie haben recht behalten. Immerhin aber soll der Rückgang des Handels mit Blutdiamanten maßgeblich zum Ende des Krieges in Angola beigetragen haben. Und für medico war Fatal Transactions erst der Anfang einer langfristigen Arbeit zu Konfliktrohstoffen.
Das rundschreiben erscheint seit 1982. Die vergangenen 25 Jahre lassen sich digital nachlesen: medico.de/rundschreiben-archiv