(Frankfurt/Main) Die Frankfurter Hilfs- und Menschenrechtsorganisation medico international hat anlässlich des Tags der Menschenrechte am morgigen 10. Dezember Europas Flüchtlingspolitik scharf kritisiert. "Menschenrechtsverletzungen sind entgegen der Rhetorik europäischer Regierungen nicht bloß ein Problem außerhalb Europas. Vielmehr ist die Entrechtung von Flüchtlingen und Migranten auch innerhalb Europas in den letzten Jahren zum Normalzustand geworden", so Ramona Lenz, Referentin für Flucht und Migration.
"Wir beobachten tagtäglich Gewalt und Entrechtung gegenüber Flüchtlingen an den Grenzen der EU: bei der Überfahrt über das Mittelmeer, auf den griechischen Inseln, entlang der europäischen Landesgrenzen und zunehmend auch auf den Kanaren. Schutzsuchende werden mit illegalen Pushbacks an See- und Landesgrenzen zurückgedrängt oder nach ihrer Ankunft inhaftiert, obwohl sie nichts anderes verbrochen haben, als in Europa Asyl zu suchen. Flüchtlingslager wie Moria bieten keine sichere Zuflucht, sondern sind im Gegenteil Quelle neuer Gewalterfahrungen. Die Normalisierung dieses Zustands ist unerträglich und die Gewöhnung an dieses tägliche Unrecht erschreckend", so Lenz.
Auch jenseits von Europa trage die Politik von Bundesregierung und EU dazu bei, dass die Menschenrechte von Flüchtlingen missachtet würden. "Zunehmend wird die Entwicklungshilfe in den Dienst der Flüchtlingsabwehr gestellt", meint Lenz. "Die algerische Regierung beispielsweise setzt nahezu wöchentlich Menschen bei gefährlichen illegalen Pushbacks mitten in der Wüste aus. Das hat die Bundesregierung nicht davon abgehalten, Algerien zum privilegierten Empfänger deutscher Entwicklungshilfe zu erklären. Das ist ein menschenrechtlich fatales Signal."
"Der neue Flüchtlings- und Migrationspakt der EU, der eine Unterbringung in geschlossenen Lagern während laufender Asylverfahren, eine Aufwertung der Grenzschutzagentur Frontex sowie eine verstärkte Zusammenarbeit mit so genannten Drittländern vorsieht, wird Menschenrechtsverletzungen nicht verhindern, sondern weiter ermöglichen. Es bedarf dringend eines Paradigmenwechsels in der Flüchtlingspolitik von EU und Bundesregierung."
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