30.08.2023 | Online
Warum die Türkei kein "sicherer Drittstaat" für Geflüchtete ist
Neues Gutachten liefert grundlegende Kritik an der Reform des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems (GEAS)
Das Konzept der „sicheren Drittstaaten“ bildet einen zentralen Baustein der Reform des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems (GEAS). Wenn Geflüchtete vor ihrer Ankunft an den europäischen Außengrenzen durch Länder gereist sind, die von der Europäischen Union als sicher eingestuft werden, können sie direkt dorthin abgeschoben werden. Ihr Asylantrag wird kurzerhand für unzulässig erklärt. Somit fungiert das Konzept der sicheren Drittstaaten als zentrales Element der Abschottung.
Der neue Migrationsdeal zwischen Tunesien und der EU steht exemplarisch dafür. Das Land schickt Geflüchtete buchstäblich zum Sterben in die Wüste zurück und bekommt dafür von der EU 900 Millionen Euro. Bei all dem ist der Türkei-EU-Deal von März 2016 das große Vorbild. Von Anbeginn kritisierten Menschenrechtsorganisationen schwere Rechtsverletzungen gegen Geflüchtete in der Türkei, wie zum Beispiel Massenabschiebungen nach Syrien. Dennoch erklärte auch Griechenland im Juni 2021 die Türkei zum sicheren Drittstaat u.a. für Geflüchtete aus Syrien und Afghanistan. Und das, obwohl im letzten Jahr nach Angaben des türkischen Innenministeriums mehr als 60.000 Afghan:innen in die Taliban-Diktatur abgeschoben wurden.
Die Schweizer Rechtsanwältin Annina Mullis, die beim medico-Partner Legal Centre Lesvos arbeitet, hat mit der Unterstützung von Kolleg:innen aus der Türkei in monatelanger Arbeit ein neues Gutachten erstellt, das auf Basis einer umfassenden Faktenlage zeigt, warum die Türkei kein sicherer Drittstaat für Geflüchtete ist. Auf der Veranstaltung wird das Gutachten erstmalig der Öffentlichkeit vorgestellt und das Modell des 'sicheren Drittstaats' als Instrument der europäischen Migrationspolitik grundsätzlich in Zweifel gezogen.
Die Veranstaltung wird begleitet von Valeria Hänsel und Kerem Schamberger, die Teil des Migrations-Teams von medico international sind.
Teilnahme via Zoom
Diese Veranstaltung findet ausschließlich online über Zoom statt.