17.09.2023 | Frankfurt am Main

Klimakrise und Wassernotstand

Wasser als Waffe in politischen Konflikten. Diskussionsveranstaltung der Städtefreundschaft Frankfurt-Kobanê e.V.

Die Frage der gerechten Verteilung und des Zugangs zu Trinkwasser verbindet alle Menschen. Auch in Europa erleben wir immer öfter Dürresommer mit Hitzetoten. Das Grundwasser sinkt, die Vegetation verändert sich, die Wälder sterben, es kommt zu Versorgungsengpässen, die Wasserpreise steigen. Aber der Wassermangel in Europa lässt sich nicht mit dem Nordsyriens vergleichen.

Nord- und Ostsyrien zählen zu den am stärksten betroffenen Regionen weltweit

Die Klimakrise trifft den globalen Süden viel stärker und im globalen Norden könnten wir die Wasserressourcen sinnvoller nutzen. In Nordostsyrien/Rojava kommt erschwerend hinzu, dass die jahrzehntelange monokulturelle landwirtschaftliche Nutzung die Böden erodiert und ausgelaugt hat. Bereits vor dem Krieg war die Wasserinfrastruktur veraltet, im Krieg wurde sie teilweise zerstört, Wiederaufbau-Hilfen gibt es nicht, die Selbstverwaltung von Nord- und Ostsyrien (AANES) ist völlig auf sich gestellt. Zusätzliche Schäden verursachte das Erdbeben vom Februar. Hinzukommt die große Hitzewelle, die die Region zurzeit erlebt.

Wasserembargo der Türkei als Waffe gegen Nordostsyrien

Gleichzeitig dreht die Türkei, die das Wasserwerk von Allouk besetzt hält, der Region Hasake mit einer halben Million Menschen das Wasser vollständig ab. Auch andere Städte sind betroffen. Die Co-Bürgermeisterin von Kobanê, Rawsan Abdi, berichtet von überfüllten Krankenhäusern, denen selbst das Lebensmittel Nr. 1 fehlt, vertrockneten Feldern, ausbleibenden Ernten, Strommangel, weil die Wasserkraftwerke nicht mehr betrieben werden können. Neben dem permanenten Drohnenterror setzt die Türkei seit Jahren auch das Wasserembargo als Waffe gegen die Zivilbevölkerung der vorwiegend kurdisch bewohnten, selbstverwalteten Gebiete ein. Die gesamte Region droht zu vertrocknen, doch die internationale Gemeinschaft schweigt zu dieser besonderen Form der Kriegsführung, deren Ziel die Vertreibung der Bevölkerung ist.

Mit der Zerstörung der Lebensgrundlagen in der autonomen Region werden jedoch neue Fluchtursachen geschaffen. Das ist ein Angriff auf den demokratischen Teil Syriens, der sich durch die Gleichberechtigung der Geschlechter, Ethnien und Religionen ausgezeichnet. Um den dortigen Wiederaufbau zu unterstützen, hat sich unser Verein „Städtefreundschaft Frankfurt-Kobanê e.V.“ 2016 gegründet.

Veranstaltung der Städtefreundschaft Frankfurt-Kobanê e.V. mit:

Jihad Omer, Co-Vorsitzender der Kommunalverwaltungs- und Umweltbehörde der Autonomen Administration von Nord- und Ostsyrien (AANES).

Şermin Güven, Kultur – und Sozialanthropologin. Sie verfolgt die globale Wasserkrise entlang der wichtigsten Flüsse Mesopotamiens – Euphrat und Tigris – die zugleich Lebensadern dieser Region sind. Ihr Focus liegt auf Nordostsyrien und der Autonomieregion Kurdistan/Nord-Irak.

Dr. Robert Lütkemeier, Leiter des Forschungsfelds Wasser und Landnutzung, Co-Nachwuchsgruppenleiter ‚regulate‘ am Institut für sozial-ökologische Forschung (ISOE). Sein Team untersucht das Grundwassermanagement in Europa vor dem Hintergrund akuter Trockenheit und anderer Faktoren und erarbeitet Lösungsstrategien für einen nachhaltigen Umgang mit der Ressource Grundwasser.

Philippe Pernot, deutsch-französischer Fotojournalist. Er lebt im Libanon und arbeitet u.a. für die Frankfurter Rundschau. Er berichtet über Klimakrise, Ökozid in Nordostsyrien (Rojava), Rassismus und Ungleichheiten.

Ercan Ayboğa, Umweltingenieur, Mitbegründer der Ökologiebewegung Mesopotamiens, Initiative zur Rettung von Hasankeyf gegen den Ilisu-Staudamm in Türkei-Kurdistan.

Moderation:
Anita Starosta, Referentin für Syrien, Türkei, Irak bei medico international.