05.06.2024 | Berlin

15 Jahre offizieller Frieden

Bericht des UN Kommissariats für Menschenrechte (OHCHR) über ausbleibende Aufarbeitung und Kontinuitäten der Gewalt in Sri Lanka

2024 jährt sich das Ende des jahrzehntelangen Bürgerkriegs in Sri Lanka zum 15. Mal. In der letzten Phase des Krieges wurden innerhalb weniger Monate Hundertausende Tamil:innen vertrieben und auf einem final verbleibenden Strandstreifen bei Mullivaikal im Nordosten der Insel unterschiedslos aus der Luft, vom Boden und vom Wasser, selbst in explizit deklarierten „no fire zones“ bombardiert und damit ein neues Exempel globaler Kriegsführung im Namen der Terrorismusbekämpfung geschaffen. Konservative Schätzungen gehen von etwa 40-70.000 Toten in nur wenigen Wochen aus.

Bis heute gibt es keine Aufarbeitung oder strafrechtliche Verfolgung der Ereignisse, die laut UN-Expert:innen des Völkerrechts als Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit einzustufen sind. Die Regierung Sri Lankas hat 2024 zwar abermals einen Gesetzesentwurf für eine neue "Kommission für Wahrheit, Einheit und Versöhnung" vorgelegt, aber die Voraussetzungen für einen glaubwürdigen Wahrheitsfindungsprozess sind nach wie vor nicht gegeben. Zehntausende von Familien der Verschwundenen suchen noch immer nach ihren Angehörigen und sind dabei einer Kontinuität von Einschüchterungen, Verhaftungen und Gewalt ausgesetzt.

Der nun vorliegende Bericht des Sri Lanka Accountability Projects der Vereinten Nationen skizziert systematisch, wie die ausbleibende Aufarbeitung und bisherige Straflosigkeit der Verbrechen Gerechtigkeit für die Opfer verhindert. Der Bericht beschreibt eindrücklich wie dadurch ein gesellschaftliches Klima geschaffen wird, das bis heute fortgesetzte Formen von Ausgrenzung, Diskriminierung, Misshandlung und Verschwindenlassen gegenüber der tamilischen Minderheit, von Menschenrechtsaktivist:innen und Journalist:innen ermöglicht und tiefe Re-Traumatisierungen schafft.

Die Ergebnisse des Mitte Mai erschienenen Berichts werden durch Annemarie Devereux, Leiterin des OHCHR Projektes vorgestellt und Schlussfolgerungen diskutiert.

Ort: Senatssaal der HU, 1. Obergeschoss 

Die Veranstaltung findet in englischer Sprache und ist eine Kooperation von medico international mit Sri Lanka Advocacy, dem ECCHR und der Humboldt Universität zu Berlin.