José Mena ist erfolgreicher Kleinbauer. Neulich hatte er seinen großen Tag als Gastdozent in der Bauern-Volkshochschule in El Tanque. José Mena baut z.B. seine Kürbisse so an, dass er die Reihen wöchentlich ernten und auf dem Markt in der Provinzhauptstadt León verkaufen kann. In der Trockenzeit bewässert er seine Kulturen mit einem Tröpfchenbewässerungssystem. Dieses Wissen und seine Erfahrung waren gefragt. Denn in der Mitte dieses Jahres nahm in El Tanque eine Einrichtung ihre Arbeit auf, die die Siedler im Tanque ihre Universidad Popular Campesino, ihre »Bauern-Volkshochschule« nennen. Hier kann der Hauptschulabschluss nachgeholt werden und einmal wöchentlich wird ein Thema von allgemeinem Interesse vorgestellt. Etwa wie die Kürbissorte, die José Mena bevorzugt, am besten angebaut wird. Oder wie die Früchte aus den Gärten zu Marmelade verarbeitet werden können. Daneben gibt es noch Gitarrenkurse, eine Tanz- und eine Theatergruppe. Die Teilnehmer schreiben ihre Stücke selbst und führen sie zuerst in der Siedlung und dann in anderen Dörfern auf. Ihr letztes Stück hieß: »Der Neid«, eine weit verbreitete Kultureigenschaft auch unter Nicaraguanern.
José Mena hielt zuerst einen Vortrag über den Kürbisanbau und wie Schädlinge bekämpft werden können. Danach ging er mit dem Kurs auf seinen Acker. Für ihn war es als Praktiker selbstverständlich, dass er seine Produktion vorführte. Und weil er ein nicaraguanischer Mann ist, war das auch eine Sache des Stolzes. Mehrere Bewohner von El Tanque sind seitdem auf Kürbiskulturen umgestiegen. Unter ihnen auch Flavia Tellez, die Direktorin der Bauern-VHS. Ihr ist es zu verdanken, dass die Analphabetenquote sich innerhalb von drei Jahren von 56 auf 12 Prozent senkte. Danach war sie Leiterin von einem der 15 Studienzirkel, in denen mehr als 80 Erwachsene ihren Grundschulabschluss nachholen. Im Unterricht wurde spezielles, die kleinbäuerliche Umwelt berücksichtigendes, Material eingesetzt. Vieles wurde mit Problemen aus dem täglichen Leben illustriert und mittels Soziodramen aufgeführt. Der Unterricht wurde gelebt. Heute können die Teilnehmer den Produktionsplan ihrer Genossenschaft entwerfen, ihre Bilanz kontrollieren und Berichte lesen. Und sie können das Preisangebot der Händler kontrollieren und dem Bürgermeister einen Brief schreiben, dass er endlich das Problem mit der Zufahrtstrasse regeln soll. In diesem Sinne ermöglicht Wissen auch Macht und demokratische Mitbestimmung. Vielleicht die besten aller Unterrichtsziele in einer Volks(!)-Hochschule.
Projektstichwort:
Seit ihrer Landbesetzung im Dezember 1998 unterstützt medico die Dorfbewohner von El Tanque. Nach den aufwühlenden Anfangsjahren in denen El Tanques Existenz gefährdet war, erwiesen sich die »Mühen der Ebene« als eine fast ebenso große Herausforderung. Die Erwachsenenbildung ist der Schlüssel für die Zukunft des Dorfes. Dafür, daß dieses Beispiel Schule macht, spenden Sie unter dem Stichwort »Nicaragua«.