Zeichen paradoxer Hoffnung

01.09.2002   Lesezeit: 3 min

August 2002

Sehr geehrte Damen und Herren,

Liebe Spenderinnen und Spender

unser Aufruf »Zeichen paradoxer Hoffnung« hat in der hiesigen Öffentlich­keit viel Zustimmung und große Beachtung gefunden. Es ist gut, dass unser gemeinsamer Einspruch gegen die polarisie­rende Logik des Israel-Palästina Kon­flik­tes gehört wurde. Unbedingt wollen wir auch im Herbst mit Nachdruck auf unsere Anliegen hin­weisen.

Seit der Veröffentlichung des Aufrufes als ganzseitige Anzeige Anfang Juni in der TAZ haben knapp 900 Menschen den Appell unterschrieben. Nicht wenige Unterschriften kamen durch Sammlungen zustande, die von lokalen Initiativen in Deutschland und der Schweiz organisiert wurden. Der syrische Schriftsteller Adonis, selbst Erstunterzeichner, mobi­lisierte das Berliner Wissenschaftskolleg. Das globalisierungskritische Bündnis ATTAC entschied sich, keinen eigenen Aufruf zu verfassen, sondern auf unseren zu verweisen. Die deutsche Sektion der IPPNW präsentiert den Appell auf ihrer Homepage. Arti­kel er­schienen in der FR, der TAZ, dem Züricher Tages­anzeiger, Beilagen gab es u.a. in den Blättern für Deutsche und Internationale Politik und dem Iz3W. Tatsächlich ist der Aufruf im gesamten links-liberalen Spektrum aufgegriffen und – wie wir immer wieder hörten – intensiv diskutiert worden.

Als Ausdruck von Zustimmung betrachten wir auch die ca. 50.000 Euro, die bislang für den Fonds zur Unterstützung von zivilgesellschaftlichen Initiativen in Israel und Palästina zusammengekommen sind. Damit haben wir zunächst vor allem die Arbeit der Union of Palestinian Medical Relief Committees (UPMRC) gefördert, die kaum weiß, wie sie der großen Nach­frage nach medizinischer Versorgung in der Westbank und dem Gazastreifen nach­kommen soll. Erfreulich, dass uns für diese Arbeit auch das Auswärtige Amt 200.000 € bereitstellte. Nun verhandeln wir mit dem Ent­wicklungshilfeministerium, denn tatsächlich werden große Anstrengungen zu unternehmen sein, um all das Leid und die Zerstörungen zu bearbeiten, die von den israelischen Panzern angerichtet wurden.

Davon haben sich meine Kollegin Katja Mauer und ich Anfang August selbst ein Bild machen können. Für eine Woche waren wir in Palästina und Israel unterwegs und haben auf beiden Seiten des Kon­flikts vor allem Gefühle der Erniedrigung, Unsicherheit und Depression ausmachen können. Von Zeichen, die auf Verän­derung stehen, kaum eine Spur. Und dazwischen ein Hoffnungs­schimmer, dass sich der düsteren Entwicklung widersetzt. Die Koopera­tion zwischen den medi­zinischen Teams von UPMRC und den israeli­schen Physicians for Human Rights (PHR). Welch große und keineswegs nur sym­bolische Bedeutung in den Begegnungen zwischen Israelis und Palästinensern liegt und wie diese in Akten der Subversion sowohl gegen militärische Checkpoints und nationalistische Vorurteile erstritten werden müssen, das lesen Sie in der Reportage von Katja Maurer in diesem Heft.

Sehr interessiert zeigten sich die Teams von PHR und der UPMRC übrigens an Aktivitäten, die wir dem Aufruf folgend lassen könnten. Gegenseitige Besuchsprogramme, Fact-finding Missions, kulturelle Ver­anstaltungen: – eine ganze Reihe von Ideen kamen zur Sprache, von denen wir in den kommenden Monate einige hier in Deutschland verwirklichen wollen, – womöglich und am besten wieder mit Ihrer Hilfe. Mit von der Partie werden Dr. Ruchama Marton, die Gründerin und Präsidentin der PHR, und Dr. Mustafa Barghouthi, der Direktor der UPMRC, sein. Beide stehen in ihren Gesellschaften wie kaum andere für das nicht nachlassende Bemühen um Menschenrechte und Demokratie. So engagiert sich Frau Dr. Marton für den besonderen Schutz, den medi­zinischen Dienste gerade auch in Zeiten des Krieges haben müssen. Und Dr. Barghouthi hat gemeinsam mit Abdul Haider Shafi, Edward Said und vielen an­deren kriti­schen Palästinensern eine politische Be­wegung ins Leben gerufen, die mit Nachdruck auf eine demokratische Trans­formation der palästinensischen Gesellschaft setzt.

Über solche Initiativen hier zu berichten, in Gesprächen mit Politikern, Medien, auf öffent­lichen Veranstal­tun­gen, ... daran wäre uns in den kommenden Monaten gelegen. Wenn wir Sie auch dann wieder an unserer Seite wissen könnten, umso besser. Gerne nehmen wir auch Ihre Ideen auf, wie eine Politik der Verständigung von hier aus befördert werden kann.

Mit den besten Grüßen
Herzlichst
Ihr

Thomas Gebauer
Geschäftsführer
medico international


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