Zeitgleich mit den neuesten Zahlen zur Choleraepidemie der Weltgesundheitsorganisation WHO, die seit Ausbruch der Krankheit im August 2008 94 443 Erkrankte und 4127 Tote zählt (Stand 2. April 2009), veröffentlicht die medico- Partnerorganisation “Community Working Group on Health“(CWGH) ihren Jahresbericht.
Sie ziehen die Bilanz eines Jahres, das in Simbabwe geprägt war von politischen Unruhen, ökonomischem Niedergang, dem Zusammenbruch der öffentlichen Gesundheitsversorgung und der katastrophalsten Choleraepidemie, die der afrikanische Kontinent in den letzten 15 Jahren gesehen hat. 2008 war aber auch das Jubiläumsjahr des 10 jährigen Bestehen der CWGH. Die Arbeit der CWGH, einem landesweiten Netzwerk lokaler Gesundheitsbewegungen, besteht sowohl in der Gesundheitsaufklärung z.B. zu den Themen Malaria-Prophylaxe, HIV/AIDS und Cholera, dem Aufbau von Gesundheitskomitees in Kliniken und kleinen Gesundheitszentren, als auch, wie im speziellen Fall der Choleraepidemie, im Verteilen so genannter „Non Food Items“ (NFI) wie Hygieneartikel und Wasserreinigungstabletten, um einer weiteren Ausbreitung der Krankheit vorzubeugen. Die Komitees setzen sich für eine gerechtere Verteilung der noch vorhandenen Ressourcen ein und fordern von den Gesundheitsbehörden eine bessere Versorgung mit notwendigen Medikamenten.
Dabei hatten auch sie 2008 mit den verschlechterten strukturellen Bedingungen zu kämpfen: Güter für die Basisgesundheitsversorgung haben sich infolge der ökonomischen Krise und der Hyperinflation enorm verteuert, die Versorgung mit NFI aber auch mit Informations- und Bildungsmaterial ist somit eingeschränkt, medizinisches Personal ist kaum zu finden und der Zustand vieler Straßen so schlecht, dass einige Regionen kaum erreicht werden können. Zudem fallen auch die finanziellen Reserven der CWGH zwangsläufig der Inflation zum Opfer, was die Organisierung von Meetings und anderen Aktivitäten zusätzlich erschwert.
Hinzu kommt, dass zwischen März und September infolge der politischen Unruhen die lokale Arbeit der CWGH zum Teil vorübergehend ausgesetzt werden musste und die Organisation ein großes Risiko eingeht, wenn sie die Regierungspolitik kritisiert.
Denn Gründe für Kritik gibt es genug: das noch in den 80er Jahren als vorbildlich geltende Gesundheitssystem Simbabwes brach Anfang der 90er fast vollständig zusammen, infolge der nahezu eingestellten Finanzierung durch die Regierung, die damit den Strukturanpassungsprogrammen von IWF und Weltbank zu genügen suchte.
Dass diese Politik sich als fataler Fehler erweisen musste, zeigt die derzeitige gesundheitliche Katastrophe nur zu deutlich. Hinzu kommt, wie die CWGH in ihrem Bericht verdeutlicht, der Zusammenhang zwischen ökonomischem und gesundheitlichem Kollaps des Landes. Wie der Direktor der CWGH, Itai Rusike, im Bericht beschreibt, vertieft sich der Graben zwischen Reich und Arm in Simbabwe zunehmend, weil der Gesundheitssektor verfällt. Denn Krankheit ist ein Armuts- und Armut ein Krankheitsrisiko.
In diesem Zusammenhang betont die CWGH in ihrem Jahresbericht, wie wichtig die Zusammenarbeit mit den Partnerorganisationen ist, die durch ihre finanzielle und materielle Unterstützung ein Intervenieren ermöglichten. Hier gilt ihr besonderer Dank medico international für die Einrichtung eines Nothilfefonds für den Kampf gegen die Cholera. Mithilfe dieser Mittel konnten Bildungskampagnen unterstützt werden, die sich auf die Prävention von Cholera konzentrieren, indem zu den Themen Wasser, Entsorgung und Hygiene informiert wurde. Ziel war es, die Prävention von Cholera ins Bewusstsein der Bevölkerung zu rücken. Gleichzeitig konnten Wasserreinigungstabletten, Seife und Desinfektionsmittel an die Gemeinden verteilt werden. Diese Verbindung von Bildungsarbeit und praktischer Hilfe ermöglichte eine unmittelbare Umsetzung des Gelernten.
Direkte Erfolge sind laut Bericht bereits spürbar: durch ein gewachsenes Bewusstsein übersteigt mittlerweile die Nachfrage nach Hygieneartikeln bei Weitem die Versorgung durch die Hilfsorganisationen.
Erfolge verzeichnet die CWGH ebenso im Bereich der HIV/Aids Aufklärung. Hier wurde durch Trainings, Dialoge, Aufklärung und Beratung daran gearbeitet, ein Bewusstsein über Geschlecht, Sexualität und reproduktive Gesundheit herzustellen, das sich löst von Stereotypen und Mythen und dazu übergeht, Geschlecht und Sexualität als soziale Frage zu behandeln. Dazu gehörte auch, sexualisierte Gewalt als solche zu benennen und zu verfolgen, Frauen und Mädchen in der Wahrnehmung ihrer Rechte zu bestärken, Geschlechterrollen aufzubrechen und die Stigmatisierung von HIV- Infizierten Menschen zu problematisieren. Hier gibt es in den Gemeinden positive Entwicklungen zu vermelden. Deswegen wird auch weiterhin das Ziel sein, in diesem Bereich Präventionsarbeit zu leisten und mit den Menschen in den Gemeinden und vor allem unter Jugendlichen die sozialen Dimensionen der Krankheit zu thematisieren.
Itai Rusike bekräftigt die Forderung der CWGH nach gleichen Zugangsmöglichkeiten für alle zu Gesundheitsversorgung, unabhängig vom sozio-ökonomischen Status, „race“, Geschlecht oder religiöser Überzeugung. Das Recht auf Gesundheit in all ihren Dimensionen wird auch weiterhin von der CWGH auf allen Ebenen, von den Gemeinden bis zur Regierung, propagiert und eingefordert.
Für 2009 ist daher eine Kampagne geplant, die das Recht auf Gesundheit in der nationalen Agenda verankert und eine Verbesserung der öffentlichen Basisgesundheitsversorgung fordert, welche auf lokaler Eingebundenheit fußt.
Projektstichwort
medico fördert die Arbeit der Community Working Group on Health mit 15.000 Euro. Wir bitten Sie um Ihre Unterstützung unter dem Spendenstichwort: Simbabwe(Autorin: Annika Mildner)