"Anti-Terror-Einsatz"

Frankreich zieht ab

01.07.2021   Lesezeit: 2 min

Europäische Militäreinsätze in der Sahelzone und die zentrale Rolle des Tschad.

Von Ramona Lenz

Infolge des Versuchs, das Vorrücken dschihadistischer Gruppen im Norden Malis militärisch zu stoppen, dehnte Frankreich seinen Militäreinsatz zur Eindämmung des Terrorismus 2014 auf die gesamte Sahelzone aus. Auch die Bundeswehr ist vor Ort. Sie beteiligt sich nicht an Kampfeinsätzen, unterstützt aber die Stabilisierungsmission der Vereinten Nationen in Mali (MINUSMA) und die Europäische Trainingsmission (EUTM). Neben dem Terror bekämpfen die ausländischen Truppen zugleich die sogenannte illegale Migration nach Europa. Die sicherheitspolitische Bilanz der Einsätze ist dabei in jeder Hinsicht ernüchternd. In Mauretanien, Mali, Burkina Faso, Niger und Tschad kommt es immer wieder zu islamistischen Anschlägen. Angriffe auf Militär und Zivilist:innen nehmen zu, Hunderttausende wurden vertrieben. Der Unmut wächst in Frankreich wie im Sahel. Nachdem Paris infolge des Putschs bereits gemeinsame Militäreinsätze mit Mali ausgesetzt hatte, verkündete Präsident Macron nun, den gesamten Anti-Terror-Einsatz „Barkhane“ nach acht Jahren zu beenden und die Militärbasen in der Sahelzone schließen zu wollen. Die militärische Aufstellung soll neu beraten werden.

Ein verlässlicher Partner im Kampf gegen den islamistischen Terrorismus im Sahel war der tschadische Präsident Idriss Déby Itno. An der Seite französischer Einheiten kämpften seine Truppen im Norden Malis gegen das Vorrücken dschihadistischer Gruppen; in der Eingreiftruppe der G5 Sahelstaaten stellt der Tschad die größte und in der UN-Mission MINUSMA die drittgrößte Einheit. Ungeachtet seiner undemokratischen und Menschenrechte missachtenden Regierungsweise war Déby für die ehemalige Kolonialmacht Frankreich und die EU ein Garant für Stabilität. Daran, dass in dem erdölreichen Land große Teile der Bevölkerung in Armut leben, hat sich in den über dreißig Jahren seiner Regierungszeit jedoch nichts geändert. Stattdessen sind Gewalt und Straflosigkeit verbreitet. Es gibt 133.000 Binnenvertriebene und eine halbe Million Flüchtlinge im Land. Und nach wie vor terrorisieren bewaffnete Gruppen die Bevölkerung.

Im April starb Déby im Kampf der Armee gegen eine Rebellengruppe. Dass als Nachfolger – gebilligt und unterstützt von Frankreich und der EU – sein Sohn Mahamat Idriss Déby an die Spitze von Staat und Militär aufrückte, empört alle, die auf einen Neuanfang gehofft hatten. Und die EU, die vorgibt, Terror bekämpfen und Menschenrechte sicherstellen zu wollen, während sie gleichzeitig Verfassung und Demokratie zugunsten eines dynastischen Machtwechsels im Tschad missachtet, macht sich einmal mehr unglaubwürdig.

Ramona Lenz (Foto: medico)

Ramona Lenz ist Sprecherin der Stiftung medico. Über viele Jahre war die Kulturanthropologin in der Öffentlichkeitsarbeit von medico international zuständig für das Thema Flucht und Migration.

Twitter: @LenzRamona


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