Die Kriegsverbrecher als Nothelfer

01.03.2001   Lesezeit: 3 min

Die Tageszeitung »El Diario de Hoy« (21.1.2001) bringt einen Artikel über die Not der Menschen nach dem großen Beben, über den Mangel an medizinischen Hilfsgütern und Nahrung, und endet mit einer kleinen Notiz: »Brigadegeneral Gustavo Adolfo Perdomo Hernández wird Hilfe bringen«. Am 6. Februar wird die Sache staatsoffiziell: »...das Militär ist jetzt für alle Aspekte der Erdbebenhilfe zuständig, das Kommando hat General Perdomo«.

Es war noch kein Jahr her, da ging der Name dieses Mannes, durch die Medien.

AP-Meldung 28.2.2000: »Menschenrechtsgruppen protestieren gegen die Beförderung eines Generals, der die Ermordung einer Krankenschwester während des Bürgerkriegs in El Salvador befehligte. General Gustavo Adolfo Perdomo hatte am 15. April 1989 seinen Männern befohlen, die französische Krankenschwester Madeleine Lagadec und vier andere Personen in einem ländlichen Hospital in der Region Tortugal in der zentral gelegenen Provinz San Vicente hinzurichten. 1994 hatte ein Richter in Rennes die salvadorianische Regierung aufgefordert, die Beteiligung von Perdomo und einem anderen Offizier an der Mordtat zu untersuchen. Präsident Flores antwortete höchstselbst: ›Ein solcher Antrag verletzt internationale Konventionen, weshalb ihm nicht stattgegeben werden kann‹. Seit etwa dieser Zeit existiert ein vom französischen Richter Renaud van Ruymbecke erwirkter internationaler Haftbefehl gegen Perdomo. Der französischen Justiz zufolge sind Perdomo und sein Kollege Juan Rafael Bustillo, vormals Oberkommandierender der salvadorianischen Streitkräfte, angeklagt, die 27jährige Ordensfrau und Krankenschwester Madeleine Lagadec gefoltert und anschließend ermordet zu haben. Auch die Wahrheitskommission der Vereinten Nationen für Salvador (De la Locura a la Esperanza, New York 1993) war zu folgendem Ergebnis gekommen: Es gibt ausreichend Beweise dafür, daß eine Einheit der salvadorianischen Luftwaffe das Feldlazarett angriff, und substantielle Beweise dafür, daß diese Einheit mit Vorbedacht und in Verletzung des humanitären Völkerrechts das medizinische Personal angriff. Es gibt substantielle Beweise dafür, daß Elemente dieser Einheit die französische Krankenschwester Madeleine Lagadec lebend gefangen nahmen und exekutierten«.

General Perdomo, der seine Ausbildung 1991 in den USA erhalten hatte (»Command and General Staff College«), wird nun mit der medizinischen Versorgung der Opfer und dem Aufbau von Kliniken betraut, weil er viel Ahnung von deren Vernichtung hat.

Seit mehr als 20 Jahren lebt und arbeitet Walter Schütz als Projektkoordinator für medico in Mittelamerika. Ein really hard working man! Er war soeben in El Salvador in der am schwersten betroffenen Provinz Usulután unterwegs: um unsere »Hilfe von unten« zu organisieren. Walter bietet Ihnen kostenlos seinen persönlichen Erfahrungbericht an: »Usulután ist zu 95% zerstört!«. Für das Land und die Menschen bittet Walter um Spenden unter dem Stichwort »El Salvador«.

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DIE GESCHLAGENEN

An den unteren Hängen der Vulkane leben die Armen: »Golpeados«. Die »Geschlagenen«: Das sind jene Menschen in Salvador & anderswo, die bei Erdbeben stets auf einen Rutsch ins Elend rasen. Wenn die Schlammlawinen ihre lehmbilligen Adobehäuser in die Tiefe reißen. Immer trennscharf an den Gebäuden der Reichen vorbei. Ihr Schicksal findet Ausdruck in Zahlen, in immerfortwährender Wiederholung. Diesmal: 210 000 Hütten vernichtet. 700 Tote. 4000 Verletzte. Aber die Statistik der virtuellen Medienkatastrophe sagt wenig über die Wirklichkeit der permanenten Not: 1,5 Millionen Menschen obdachlos. 500 000 Häuser fehlten auch schon vor dem Beben. Das Desaster im medico Projektgebiet verlangt außerordentliche Anstrengung. Erster Schritt: Nothilfe. Zweiter Schritt: Wiederaufbau. Dritter Schritt: Stärkung der zivilen Selbstorganisation. Der Kampf gegen die Katastrophe ist der Kampf gegen die kriminelle Korruption im Land. Wir bitten um Hilfe. Stichwort: »El Salvador«.


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