Gerechtigkeit für Südafrika

»Wie lange müssen die Opfer noch warten...«

01.11.2001   Lesezeit: 3 min

Duma Khumalo

Khulumani Support Group Project

»Wir haben die Wahrheits- und Versöhnungskommission als ein Stück eines köstlichen Kuchens angesehen, aber sie scheiterte und hat uns enttäuscht. Ich habe unsere ganze Geschichte der Kommission vorgetragen, was wichtig war, aber 2000 Rand (600 DM) als Entschädigung zu erhalten, wenn man die Brotverdiener in der Familie verloren hat, ist nichts. Unsere Brüder und Schwestern haben mit ihrem Blut dafür bezahlt, daß wir die Freiheit genießen können. Wir haben sie zu sehr kompromittiert, weil wir Kompromisse eingingen, für die sie nicht gekämpft und gelitten haben. Diejenigen, die überlebten, sollten der Welt berichten, was geschehen ist, aber wenn Du das versuchst, heißt es: »Das ist vorbei, das ist eine Sache von gestern«. Es gibt eine »Verschwörung des Schweigens«. Viele sagen einfach: »Laßt uns vergessen.« Unser Problem ist das Morgen. Wenn unsere Kinder alles hören, was geschehen ist, könnten sie vielleicht Rache nehmen wollen. Ein symbolischer Stein wird nicht die Schulgebühr meiner Kinder bezahlen oder die Kugeln aus meinem Körper entfernen. Wir sprechen darüber, reden über alles, aber die Leute gehen nicht zu den Orten, wo wir sprechen. Man sieht selten weiße Südafrikaner, wenn wir in Gruppentherapiesitzungen sprechen. Wir werden sie auf dem halben Weg treffen. Wir werden weiter gehen. Wir wissen, was ein langer Weg (»A long walk«, Titel der Mandela-Biografie) bedeutet.

Wie viele Leute haben wir durch die Wahrheitskommission nicht erreicht? Es wurde erwartet, daß 100 000 Menschen vor der Kommission Zeugnis ablegen, aber es wurden nur 21 000 Erklärungen abgegeben. Welche Weisheit steht hinter einem juristischen Verfahren in einem Prozeß, in dem Enthüllungen, die die Täter während der Amnestieanhörungen machen, vor Gericht nicht gegen sie verwandt werden können? Die meisten Täter haben sich nicht gestellt: das wurde erwartet, scheiterte aber. Uns ging es gänzlich anders: Zum Beispiel hat der Staatsanwalt in unserem Prozeß, im dessen Rahmen ich zum Tode verurteilt wurde, keinen Amnestieantrag gestellt. Mein Fall wurde nie untersucht. Und wenn heute Opfer rechtliche Schritte gegen die Täter einlegen wollen (die keine Amnestie beantragt haben), wer wird dann für ihre Rechtsmittelkosten aufkommen?

Auf einer Protestkundgebung letztes Jahr am 16. Juni in Orlando (Soweto), wurden wir von Regierungsvertretern beleidigend behandelt. Wir haben nie eine Entschuldigungen erfahren. Die Leute waren wegen eines legitimen Anliegens dort, um auf das Thema der Entschädigungen aufmerksam zu machen. Wie lange müssen die Opfer noch warten – noch 100 Jahre?

Von den 8 Jahren, die ich im Gefängnis verbrachte, war ich 3 Jahre lang in der Todeszelle. Ich war dafür bestimmt, zu sterben. Niemand half mir, mich auf ein Leben nach dem Tod vorzubereiten, nur auf den Tod selbst. Die Freiheit?-

Ich gehe immer noch zu dem Teil der Toiletten am Bahnhof Park Station, die früher Schwarzen zugewiesen waren. Die Angst, wegen der Benutzung von für Weißen vorbehaltenen Bereichen belangt zu werden, überwältigt mich immer noch«.

VERSÖHNUNG GIBT ES NICHT KOSTENLOS!

Dieser Ruf des Projekts Khulumani, das Gerechtigkeit fordert für die Opfer des Unrechts, ist in Südafrika inzwischen unüberhörbar – und dennoch nicht erhört worden. Amnestie für Täter, soziales Elend, ungestillte Wunden und fortgesetzte Beleidigung für ihre Opfer, statt Rehabilitation. Das medico-Projekt Khulumani fordert: Entschädigung für die Opfer der Apartheid, Streichung der unrechtmäßigen Apartheid-Schulden. Rückerstattung von Profiten aus dem Geschäft mit der Apartheid. Die solange präsent bleibt, wie dies nicht geschehen ist. Auch am jetzigen 3. Jahrestag der Übergabe des Abschlußberichtes der Wahrheitskommission immer noch nicht. Sie können die Menschen von Khulumani unterstützen. Unter dem Spendenstichwort: »Südafrika«


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