Gesundheit in die Verfassung!

Community Working Group on Health

03.05.2012   Lesezeit: 4 min

In Simbabwe streitet die Community Working Group on Health (CWGH) dafür, das Recht auf Gesundheit in der neuen Verfassung zu verankern. Die CWGH ist ein zivilgesellschaftliches Netzwerk, das sich für eine funktionierende und gerechte Gesundheitsversorgung einsetzt. medico sprach mit Itai Rusike, dem Direktor der CWGH über die Bemühungen, das Recht auf Gesundheit in der Verfassung zu verankern und die allgemeine Lage im Land.

medico: Wie ist derzeit die Stimmung in Simbabwe?

Itai: In den Jahren seit den Wahlen von 2008 hatten die Menschen ihre Hoffnungen darauf gesetzt, dass sich der Zugang zu Gesundheit, Bildung, Ernährung und Arbeit grundlegend verbessern würde. Diese Hoffnungen gehen gerade verloren.

Lassen sich auch positive Entwicklungen feststellen?

Nahrungsmittel sind inzwischen wieder verfügbar. Es bleibt aber die Herausforderung, dass die Mehrheit der Menschen sich die extrem hohen Kosten für Lebensmittel nicht leisten können.

Wie sieht es denn mit der Gesundheitssituation aus? Hat sich hier etwas verbessert?

Es war für uns traurig zu sehen, wie das in den 1980er Jahren aufgebaute Gesundheitssystem kollabiert ist. Als die neue Regierung antrat, bildete Gesundheit eine ihrer Schlüsselprioritäten. Und tatsächlich: Verbesserungen traten ein, vor allem im Bereich der Verfügbarkeit von Medikamenten. Außerdem kommen die Fachleute, die aufgrund der wirtschaftlichen und politischen Lage das Land verlassen hatten, langsam zurück. Es entstand jedoch eine neue Kluft und die verläuft zwischen dem öffentlichen und privaten Sektor.

Die Regierung zahlt den Angestellten im öffentlichen Sektor nur ein sehr niedriges Gehalt, das kaum das Überleben sichert. Was sind die Konsequenzen für die Patienten?

Die Menschen, die im Gesundheitsbereich arbeiten, sind frustriert wegen der niedrigen Bezahlung. Die meisten von ihnen verdienen so wenig, dass sie unter der Armutsgrenze liegen. Dies trifft auch die Patienten, weil die Angestellten teilweise während ihrer Arbeitszeit noch Zweitjobs erledigen, um über die Runden zu kommen.

Die meisten Menschen können sich keine private Krankenversicherung leisten. Das bedeutet, dass sie auf die öffentliche Gesundheitsversorgung vertrauen müssen, die aber nicht gut funktioniert. Wenn Patienten Gesundheitsdienste woanders aufsuchen, müssen sie nicht selten ihr gesamtes Hab und Gut verkaufen, um sich medizinische Behandlung in privaten Kliniken leisten zu können.

Gesundheit ist ein hochpolitisches Thema in Simbabwe. Wie verortest du die Arbeit der CWGH zwischen Kooperation und Konfrontation mit dem Staat? Ist es möglich, den Staat und dessen mangelhafte Pflichterfüllung zu kritisieren?

Für uns als Zivilgesellschaft war es immer sehr schwierig, das System offen zu kritisieren, vor allem da die Regierung diese Art von Austausch mit der Zivilgesellschaft nicht gewöhnt ist. Mit dem neuen Gesundheitsminister, der der Movement for Democratic Change (MDC) angehört, hat sich etwas Spielraum eröffnet. Er sieht die Zivilgesellschaft und Nichtregierungsorganisationen als Partner. Der möchte die Beteiligung der Zivilgesellschaft und der NROs sicherstellen. Und wir haben das Gefühl, dass das der richtige Weg ist, denn so kann ein Dialog und demokratische Partizipation der verschiedenen Interessengruppen stattfinden.

Siehst du eine Gefahr darin, deine Unabhängigkeit zu verlieren, wenn du zu eng mit der Regierung zusammenarbeitest?

Wir kooperieren mit der Regierung, aber wir werden nicht von ihr absorbiert. Wir bleiben unabhängig. Die Community Working Group ist eine kritische Organisation, die politische Themen diskutiert und dabei auch den Dialog mit den politisch Verantwortlichen sucht.

Die Community Working Group on Health arbeitet in ländlichen Gegenden. Was macht ihr dort?

Wir möchten wir in den Gemeinden die lokale Partizipation stärken. So werden Gemeinden in die Lage versetzt, Verantwortung für ihre Gesundheit zu übernehmen und sich verfügbare Gesundheitsressourcen anzueignen - Gesundheitsarbeiter Seite an Seite mit lokalen Autoritäten und Bürgervertretern. So haben wir z.B. ein Wasser- und Sanitärprogramm aufgebaut, damit jeder Haushalt wenigstens eine Toilette hat und Infektionskrankheiten wie Cholera vermieden werden können. Zudem lernen die Menschen ihre Rechte einzufordern und lokale Gesundheitsprobleme öffentlich anzusprechen.

Die CWGH hat eine Kampagne gestartet, damit das Recht auf Gesundheit in die neue Verfassung aufgenommen wird. Gibt es hier schon Erfolge?

Wir haben die Kampagne für das Recht auf Gesundheit als Mitglied des Netzwerkes People’s Health Movement und dem lokalen Equinet, einem Bündnis von vielen engagierten Gesundheitsorganisationen im östlichen und südlichen Afrika, gestartet, nachdem die neue Regierung eine neue Verfassung angekündigt hatte. Wir wollen eine Verfassung, an deren Ausarbeitung eine breite Öffentlichkeit beteiligt wird und deren Umsetzung wir gemeinsam verteidigen. Denn so wichtig es ist, das Recht auf Gesundheit in der Verfassung zu haben, unterm Strich die Umsetzung – denn ohne diese hat das Recht an sich keinerlei Wert, wie das Beispiel Südafrika zeigt.

Wie sehen Sie die Aussichten für die zukünftige Entwicklung Simbabwes? Was sind die wichtigsten Schritte, um Veränderungen zu erreichen?

Der Kampf um eine bessere Gesundheitsversorgung muss im Zusammenhang mit der ökonomischen Lage betrachtet werden. Wir glauben daran, dass Simbabwe das Potential hat, sich von der heutigen Situation zu erholen, wenn die Politiker ihre Versprechen ernst nehmen.


Projektstichwort

Mit der Unterstützung von medico wollen unsere simbabwischen Partner die Basisgesundheitsversorgung und den Einsatz für eine verbesserte Gesundheitsinfrastruktur vor Ort ausweiten und die regionale Vernetzung von Gesundheitsorganisationen fördern. Dazu benötigen wir Ihre Spende unter dem Stichwort: Simbabwe.


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