Haiti-Hilfe drei Monate nach dem Erdbeben

Übersicht über die Aktivitäten der fünf Bündnis-Hilfswerke und ihrer lokalen Partner

12.04.2010   Lesezeit: 21 min

Drei Monate nach dem verheerenden Erdbeben in Haiti liegt ein wichtiger Schwerpunkt der Hilfsmaßnahmen auf den ländlichen Gebieten. „Das Erdbeben hat nicht nur die Hauptstadt getroffen, auch ländliche Regionen sind verwüstet. Und aufgrund der Flüchtlingsströme aus Port-au-Prince steht das gesamte Land vor erheblichen Herausforderungen“, erklärt Peter Mucke, Geschäftsführer des Bündnis Entwicklung Hilft. „Wir unterstützen die haitianische Bevölkerung über die reine Soforthilfe hinaus, die mittelfristig angelegte Hilfe zeigt nun erste Wirkung.“ Insgesamt haben die Bündnis-Hilfswerke bisher rund 7,4 Millionen Euro für die Hilfsmaßnahmen in Haiti bewilligt.

Im Folgenden stellen wir Ihnen die Aktivitäten der fünf Hilfswerke im Bündnis Entwicklung Hilft in Haiti vor:

Misereor

Seit dem Beben hat Misereor für Haiti eine Gesamtsumme von 1,6 Millionen Euro zugesagt. Davon sind 1,2 Millionen bereits für einzelne Projekte bewilligt. Bis heute wurden eine Million der bewilligten Gelder ausgezahlt und 32 Einzelprojekte unterstützt – davon 20 im ländlichen Rückzugsraum für Erdbebenflüchtlinge und zwölf im Stadteinzugsgebiet von Port-au-Prince. Die Misereor-Partner halfen mit Unterstützung des Hilfswerkes rund 50.000 Menschen. Soforthilfe für Erdbebenopfer und Flüchtlinge Durch die Finanzierung von Arbeitsgerät hat Misereor unmittelbar nach dem Erdbeben mehrere lokale Partner in Port-au-Prince bei Bergungsarbeiten und bei der Nachbarschaftshilfe unterstützt. Bis heute wurden zudem 20 Partnerorganisationen in Land und Stadt in Form von Soforthilfeprogrammen unterstützt. Dabei stand die unmittelbare Versorgung der Überlebenden und der Erdbebenflüchtlinge im Mittelpunkt: Lebensmittel, Kleidung und Medikamente wurden verteilt, ebenso provisorische Unterkünfte und Materialien für erste Hausreparaturen. Die medizinische Erstversorgung wurde ebenso ermöglicht wie die psychologische Betreuung von traumatisierten Überlebenden und Angehörigen. Wie die Projektzahlen zeigen, hat Misereor seine Hilfe auf die ländlichen Auffanggebiete für Erdbebenflüchtlinge in fast allen Landesteilen konzentriert. Das Partner-Spektrum reicht von diözesanen Caritas-Stellen und örtlichen Gesundheitszentren über sozial aktive Orden und Mitgliedsorganisationen des landesweiten Netzwerks für standortgerechten Landbau (PADED) bis hin zu Einzelprogrammen wie dem Frauennetzwerk AFASDA. (Misereor-Bewilligung: 622.000 Euro) Überbrückungshilfe, Neuausrüstung für Partnerorganisationen Es gibt keine Institution in Haiti und keine Person, die nicht direkt oder indirekt von den Erdbebenfolgen betroffen ist. Partnerorganisationen und Freunde Misereors stellen dabei keine Ausnahme dar. Viele der Misereor-Partner waren unmittelbar vom Beben im Januar betroffen: Bürogebäude stürzten ein, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter kamen um oder verloren Haus und Gut. Um wichtige Misereor-Partnerorganisationen wie GADRU, PRESTEN und die CARITAS funktionsfähig zu erhalten, wurden Behelfsbüros angemietet und eingerichtet. Weitere Rehabilitierungs- oder Neubaumaßnahmen für Verwaltungsstellen von Partnerorganisationen sind in Planung. (Misereor-Bewilligung: 50.000 Euro) Port-au-Prince: Wiederaufbau von Straßenkinder-Zentren Die von Misereor unterstützten Straßenkinder-Zentren „Lakay“ und „Lakou“ in Port-au-Prince wurden beschädigt, angrenzende Gebäude und die Umfassungsmauer wurden völlig zerstört. Kinder und auch Salesianer-Brüder starben beim Beben. Neben dem Wiederaufbau der Einrichtungen finanziert Misereor die Einrichtung der Gebäude und die Neuausstattung der Werkstätten mit Geräten und Material. Ein Projekt für die Ernährungssicherung und die medizinische Versorgung von rund 500 Kindern und Jugendlichen ist in Vorbereitung. (Misereor-Bewilligung: 300.000 Euro) Integrationshilfe im ländlichen Raum Die nicht direkt betroffenen Gebiete Haitis – die ländlichen Regionen mit ihren Streusiedlungen und die vielen kleinen und mittleren Ortschaften – sind zum Auffangbecken für all die Flüchtlinge geworden, die das Katastrophengebiet verlassen haben. Über 600.000 Menschen sind aus der Hauptstadt in diese Gebiete geflüchtet. Für zehn Partnerorganisationen im ländlichen Raum finanziert Misereor die Beschaffung und Verteilung landwirtschaftlicher Geräte wie Hacken, Schaufeln, Schubkarren und Macheten sowie Saatgut, das den Menschen ermöglicht, mit dem Anbau von Agrarprodukten zu beginnen. „Das geht über die reine Soforthilfe hinaus und ist bereits eine mittelfristig angelegte Hilfe“, so Hans Maier, Mitarbeiter des Misereor-Haiti-Teams. Darüber hinaus fördert Misereor auch weiterreichende Selbsthilfemaßnahmen, zum Beispiel einen Kreditfonds für erdbebenflüchtige Frauen im Südwesten des Landes, damit sie vor Ort Kleinhandel betreiben können. Mit einem Startfonds können die Frauen lokale landwirtschaftliche Produkte ankaufen, die sie dann auf den Märkten weiter verkaufen. Die Ausstattung mit Schulmaterialien ermöglicht es erdebenflüchtigen Kindern, in die örtlichen Schulen integriert zu werden. (Misereor-Bewilligung: 226.000 Euro) Wiederaufbau: Hausbauprogramm im ländlichen Raum Mit Partnerorganisationen im erdbebenbetroffenen ländlichen Raum und Fachkräften für angepassten ländlichen Hausbau läuft derzeitig ein Planungsprozess für ein größeres Hausbauprogramm. „Wir fokussieren unsere Hilfe bewusst auf Gebiete im ländlichen Raum, da es wichtig ist, dass den Erdbebenbetroffenen und den Flüchtlingen in diesen Regionen eine Perspektive geboten wird“, so Misereor-Mitarbeiter Hans Maier. Dabei geht es nicht um die Schaffung provisorischen Wohnraums und auch nicht darum, der kleinbäuerlichen Bevölkerung Häuser zu schenken. Es geht vielmehr darum, die Menschen zu befähigen, sich selbst ein Zuhause zu schaffen, das sich an traditionellen Bauweisen orientiert, in gemeinschaftlicher Selbsthilfe errichtet wird, ökologisch verträglich und erdbebensicher ist. Misereor wird hierfür technische und organisatorische Beratung und Ausbildung örtlicher Handwerker sowie Handwerkszeug und lokal nicht verfügbare Baustoffe (Holz, Wellblech, Zement) finanzieren. (Misereor-Bewilligung für Beratungseinsätze: 62.500 Euro)

Welthungerhilfe

Das Programm der Welthungerhilfe für einen Neuanfang in Haiti umfasst fünf Jahre und verbindet die Not- und Soforthilfe, den Wiederaufbau und die langfristige Entwicklung. Ein besonderer Schwerpunkt liegt auf den ländlichen Gebieten. Die Welthungerhilfe hat ein Regionalbüro in der Hauptstadt Port-au-Prince, von dort aus wird die Hilfe koordiniert. Im Erdbebengebiet sind zwei neue Projektstandorte für die Region Jacmel und die Region Petit-Goâve eingerichtet worden. Die bereits vor dem Erdbeben bestehenden drei Projektstandorte im Norden Haitis – Jean-Rabel, Cap Haitien und Ouanaminthe – werden in die Gesamtkonzeption des Programms integriert. Die Welthungerhilfe plant ein Fünf-Jahres-Programm für Haiti (2010 bis 2014). Für die bisherigen Nothilfeprojekte hat die Welthungerhilfe 3,74 Millionen Euro eingesetzt. Auf internationaler Ebene koordiniert die Welthungerhilfe die Hilfsmaßnahmen verschiedener Organisationen im Bereich Ernährungssicherung, sie ist im Koordinierungsausschuss für Sicherheit der Internationalen Gemeinschaft vertreten sowie im Sektor übergreifenden Koordinierungsausschuss der Internationalen Gemeinschaft (intercluster meetings). Sofort- und Nothilfe in Port-au-Prince, Léogane und Petit-Goâve Die erste Nothilfe wurde in Port-au-Prince geleistet. Dort wurden Nahrungsmittel für 15 Tage – Reis, Bohnen, Öl und Salz – an 6.000 Menschen verteilt. Auch Einrichtungen wie ein Krankenhaus, ein Waisenhaus oder eine Schule wurden bedacht. 8.000 Menschen im Süden in Petit-Goâve erhielten ebenfalls Nahrungsmittel. Außerdem verteilte die Welthungerhilfe Trinkwasser, erst in Port-au-Prince, später in Léogane. Insgesamt profitierten rund 30.000 Menschen pro Tag von der Hilfe. In Petit-Goâve wurden Nahrungsmittel an 17.000 Menschen verteilt. Viele Menschen haben all ihr Hab und Gut verloren. Deshalb starteten gleichzeitig Verteilungen von Hilfsgütern wie Planen, Kochgeschirr, Schlafmatten und Decken an 15.275 Menschen. In Haiti hat mittlerweile die Regenzeit begonnen und viele Menschen sind dem Regen und den kälteren Temperaturen schutzlos ausgeliefert. Deshalb wurden Zelte für rund 2.000 Familien ausgegeben. Die Welthungerhilfe verteilt vorzugsweise in der Region beschaffte Nahrungsmittel, um damit auch die heimische Produktion anzukurbeln. So erhielten über 4.000 Schul- und Kleinkinder sowie Arbeitskräfte an den Baustellen lokal produzierte Milch. (Für diese Sofort- und Nothilfemaßnahmen hat die Welthungerhilfe 750.000 Euro bereit gestellt.) Petit-Goâve Viele Straßen sind noch mit Schutt blockiert. Außerdem hat es durch das Erdbeben viele Erdrutsche gegeben, die zahlreiche Häuser zerstörten. Die Welthungerhilfe unterstützt die Aufräumarbeiten mit sogenannten „Cash for Work“-Maßnahmen. Dabei erhalten zurzeit 500 Menschen Tageslohn für die Trümmer- und Schuttbeseitigung. So werden gleichzeitig ein wirtschaftlicher Impuls gegeben und Folgen des Erdbebens beseitigt. Außerdem sind drei Teams mit dem Abräumen von einsturzgefährdeten Häusern befasst. Weitere 60 Hilfskräfte, vor allem Frauen, erhalten ein kleines Einkommen, damit sie Suppenküchen betreiben für die Versorgung der Arbeiter. Damit auch das verarmte Hinterland von der Hilfe profitiert, wird eine Straße repariert, die Petit-Goâve mit den Dörfern auf dem Land verbindet. Der lokale Handel wird so wieder möglich – etwa 700 Frauen benutzen die Straße täglich, um Waren aus den Dörfern in die Stadt zu bringen und dort zu verkaufen. Auch dort sind etwa 200Tagelöhner pro Tag im Einsatz. Da viele Felder zerstört wurden, wurde noch vor Beginn der Regenzeit Saatgut an 1.500 Familien ausgegeben. (Für Cash for Work-Programme und die Förderung landwirtschaftlicher Produkte in Petit-Goâve sind 745.000 Euro bewilligt.) Jacmel In Jacmel erhalten 600 Menschen Tageslohn für die Trümmer- und Schuttbeseitigung. Der Bauschutt von 40 eingestürzten Häusern wird umweltgerecht deponiert, einsturzgefährdete Häuser nach Abstimmung mit den Hauseigentümern eingerissen. Weitere 75 nicht oder nur geringfügig beschädigte Häuser konnten stabilisiert werden. Dabei beschäftigt die Welthungerhilfe 50 Maurer und stärkt so das lokale Handwerk. Außerdem werden 15 weitere lokale Unternehmen unterstützt, zum Beispiel durch das Mieten von Ausrüstung. Die Welthungerhilfe integriert in ihre Projekte Katastrophenschutzmaßnahmen. In diesem Fall wurde die lokale Zivilschutzeinheit „Protection Civile“ geschult und ausgerüstet. Im Hinterland erhielten 1.500 Familien Saatgut und Werkzeuge. Hilfsgüter (Hygieneartikel und Zeltplanen) werden an rund 3.000 Familien verteilt. (Am Standort Jacmel stehen 748.000 Euro für „Cash for Work“ und die Förderung landwirtschaftlicher Produkte sowie 1.275.000 Euro für die Beseitigung von Bauschutt zur Verfügung.) Jean-Rabel Die Welthungerhilfe ist auch im Norden tätig und integriert die Flüchtlinge in ihre Projektarbeit. Auch dort kommt „Cash for Work“ zum Einsatz. Die Menschen erhalten ein kleines Einkommen und verbessern gleichzeitig die ländliche Infrastruktur. Dabei handelt es sich um Erdbebenopfer oder Mitglieder von Familien, die Erdbebenopfer aufgenommen haben. Rund 1.700 Personen werden bis Ende Mai eine 45 Kilometer lange Erdpiste von Gebüsch und Unterholz befreien und mit einem durchgehenden Abwasserkanal versehen. Weitere 100, vor allem junge Männer, säubern ein Stauwehr. Aus dem Wehr werden 800 Hektar Plantagenwirtschaft von 2.000 Kleinbauern bewässert. (Für die Flüchtlinge in Jean-Rabel werden 100.000 Euro bereitgestellt.) Ouanaminthe An dem zweiten Projektstandort im Norden haben 800 besonders bedürftige Familien Pakete mit 25 Kilogramm Reis erhalten. Mit „Cash for Work“-Maßnahmen werden Abwasserkanäle repariert, außerdem wird der Flusslauf auf 1.000 Metern Länge von Sedimentablagerungen gereinigt. Das Programm hat mit zunächst 120 Personen begonnen. (Zur Versorgung der bedürftigen Familien in Ouanaminthe/Ferrier stehen 125.000 Euro bereit.)

terre des hommes

Die Hilfsmaßnahmen von terre des hommes in Haiti bestehen aus zwei großen und miteinander verzahnten Programmkomponenten: der Nothilfe für Kinder und ihre Familien im Südwesten des Landes und der Verbesserung der medizinischen und psychosozialen Versorgung der Erdbebenopfer in Port-au-Prince. Nothilfe für Kinder und ihre Familien im Südwesten Haitis Das Nothilfeprogramm für Kinder und ihre Familien startete unmittelbar nach dem Erdbeben mit einer Analyse der Situation und sofortigen Hilfsmaßnahmen, die gemeinsam mit der terre des hommes-Schwesterorganisation aus der Schweiz (Lausanne) durchgeführt werden. Das Programm konzentriert sich auf die Region in Les Cayes im Südwesten Haitis, wo terre des hommes seit über 20 Jahren mit Projektarbeit vertreten ist. Die ersten Hilfsmaßnahmen wurden in Les Cayes selbst durchgeführt, wohin direkt nach dem Erdbeben viele Menschen aus dem weitgehend zerstörten Port-au-Prince flohen. Später wurde die Hilfe auf die Orte Léogâne, Grand-Goâve und Petit-Goâve ausgeweitet. Sie liegen in unmittelbarer Nähe des Epizentrums des Erdbebens, wo besonders viele Menschen ihre Behausungen verloren haben und in provisorischen Unterkünften leben. Es wurden bisher rund 50.000 Menschen versorgt, darunter 30.000 Kinder und Jugendliche. Die Hilfsmaßnahmen umfassen die Bereiche „Unterkünfte, Behausung und Erstversorgung“, „Wasser, sanitäre Anlagen und Hygiene“, „Nahrung und medizinische Versorgung“ sowie „Kinderschutz und psychosoziale Betreuung“. „Unterkünfte, Behausung und Erstversorgung“: Für rund 20.000 Kinder, Jugendliche und ihre Familien wurden Zelte und provisorische Unterkünfte zur Verfügung gestellt – bestehend aus Plastikplanen, Baumaterial und rund 200 größeren und robusten „Familienzelten“ sowie Decken, Matratzen, Moskitonetzen und einer Hygiene-Basisausstattung (Seife und Reinigungsmittel). „Wasser, sanitäre Anlagen und Hygiene“: Bis jetzt 15.000 Menschen haben Zugang zu sauberem Trinkwasser und sanitären Anlagen erhalten. An ehemaligen Wasserverteil-Stellen wurden Handpumpen und Wassertanks installiert, die die Menschen mit Trinkwasser versorgen. 800 Latrinen werden von den Menschen in Eigeninitiative gebaut, die ersten 50 in Grand-Goâve sind fertig gestellt. terre des hommes stellt dabei das Baumaterial und Know-how zur Verfügung. Außerdem erfolgten Schulungen zu Hygienefragen und zum Schutz vor Infektionskrankheiten durch verschmutztes Wasser. „Nahrung und medizinische Versorgung“: Drei Gesundheitsteams errichteten an verschiedenen Orten der Region mobile Kliniken zur Behandlung von Kindern unter fünf Jahren und schwangeren oder stillenden Frauen. Gut 2.500 Kinder wurden auf ihren Gesundheitszustand untersucht, gewogen und auf Unterernährung geprüft. Ernsthaft unterernährte Kinder werden in die Gesundheitsstation nach Les Cayes gebracht, die übrigen in den mobilen Kliniken versorgt. Sie erhalten Medikamente gegen Parasiten, Vitamin A-Tabletten und Impfungen. Auch Kinder aus sechs Einrichtungen für Waisen in Petit-Goâve und Grand-Goâve werden untersucht und betreut. „Kinderschutz und psychosoziale Betreuung“: 1.600 Kinder im Alter zwischen sechs und zwölf Jahren wurden in insgesamt sieben Schutzzentren (vier in Grand-Goâve, drei in Léogâne) betreut. Die Kinder wurden registriert, und haben die Möglichkeiten zu täglichen Gesprächen, Spiel- und Entspannungsmöglichkeiten. Sie erhalten Decken, Matratzen, Handtücher und Kleidung. Für die Gespräche und Spielmöglichkeiten wurden insgesamt 43 Sozialarbeiter und Sozialarbeiterinnen speziell angelernt. Im Februar bot ein Clown-Theater 17 Vorstellungen für über 6.000 Kinder, die das Ziel hatten, die Kinder zu erfreuen und entspannen, sie psychisch zu entlasten und zu helfen, sie von ihren Ängsten zu lösen. Bei der psychosozialen Unterstützung von Kindern arbeitet terre des hommes mit anderen Institutionen und funktionsfähigen Behörden zusammen. Auf sich allein gestellte Kinder sollen betreut werden, bis Angehörige oder Mitglieder ihrer Gemeinschaft ausfindig gemacht werden, die die Kinder aufnehmen. (Die Maßnahmen sind eine gemeinsame Initiative mit terre des hommes Lausanne. Die deutsche Sektion von terre des hommes hat für dieses Programm 1.000.000 Euro zur Verfügung gestellt.) Verbesserung der medizinischen und psychosozialen Versorgung der Erdbebenopfer in Port-au-Prince Bei diesem Programm arbeitet terre des hommes mit der Fachorganisation Trauma-Aid als verantwortlichem Begleiter des Projektes und Ausbilder von psychologischem Fachpersonal zusammen. Durchführende Organisation in Haiti ist die lokale Facheinrichtung Uramel (Unité de Recherche et d’Action Médico Légale). Das Projekt bietet Gesundheitsversorgung und medizinische Hilfe in verschiedenen Gesundheitsposten und traumtherapeutische Behandlung in einem eigens eingerichteten Zentrum in Port-au-Prince. Für die primäre Gesundheitsversorgung wurden eine Klinik und zwei Verteil-Stationen im Umfeld größerer Zeltstädte errichtet. Zudem besuchen ärztlich geschulte Teams die Bewohner der provisorischen Zeltstädte. Das Personal besteht aus Ärzten, Krankenschwestern und Apothekern, aber auch Personen, die die Daten der Betreuten aufnehmen und die Behandlung dokumentieren. Die medizinischen Sensibilisierungsteams informieren über Hygienemaßnahmen, beraten zur Vorsorge vor HIV/Aids und zum Stillen von Säuglingen und bieten Impfungen. Insgesamt wurden bisher 13.500 Patienten betreut. Das Zentrum zur traumatherapeutischen Behandlung beschäftigt rund 50 Ärzte, Psychologen, Krankenpfleger, Sozialarbeiter und ehrenamtlich Tätige sowie angelernte Medizinstudenten. Es wurde am 15. Februar in einem Gebäude eingerichtet, das dem Erdbeben standhielt. Trauma-Aid schult das Personal darin, Symptome eines Traumas oder Schockzustands zu erkennen, den Umgang mit Trauer zu erlernen und Personen zu identifizieren, die besondere Schwierigkeiten bei der Verarbeitung von Stresserfahrungen und Traumata haben. In der Gruppenarbeit wurden bisher 25 Gruppen in 50 Therapieeinheiten von jeweils zwei Stunden betreut. Dies umfasste insgesamt bisher über 380 Personen. Das Projekt arbeitet auch mit Medienvertretern zusammen, um sie auf die Bedeutung einer „stressfreien“ Nachrichtengestaltung und auf eine erforderliche Sensibilität aufmerksam zu machen. Es geht darum zu vermitteln, dass Berichte über positive Ereignisse anstatt schrecklicher Erlebnisse vielen Überlebenden helfen, ihre Traumata zu überwinden. (Für dieses Projekt hat terre des hommes Deutschland 588.500 Euro bereit gestellt.)

medico international

Unmittelbar nach dem Erdbeben hat medico der dominikanischen Gesundheitsorganisation COSALUP/Ayuda Haiti Mittel zur Verfügung gestellt, um Medikamente und medizinisches Bedarfsmaterial für den Einsatz der freiwilligen Ärzte zu finanzieren. COSALUP hat zwei medizinische Versorgungseinheiten im schwer betroffenen Léogâne eingerichtet. Darüber hinaus unterstützte medico die haitianische Gesundheitsorganisation Haiti Med, die teilweise durch das Erdbeben zerstörte Gesundheitsstationen in Armenvierteln von Port-au-Prince unterhält. Es wurden Nothilfemittel für die Wiederanschaffung von Ausrüstungsgegenständen sowie Lebensmittelhilfe für 150 Patienten-Familien zur Verfügung gestellt. medico finanzierte zudem eine Trinkwasser- und Lebensmittelversorgung über den medico-Partner MEVA, der eine Montessori-Schule in Carrefour-Feuilles betreibt, und der zum Anlaufpunkt für die Organisation von Überlebenshilfe im Stadtteil wurde. medico unterstützte MEVA außerdem dabei, der Bevölkerung ein unmittelbares Einkommen zu verschaffen: Die betroffene Gemeinschaft hat dabei den Abtransport des Schutts weitgehend selbst in die Hand genommen, und MEVA hat dieses Engagement durch Bargeldzahlungen an die beteiligten Frauen und Männer honoriert. Somit wurde es den Menschen ermöglicht, sich aktiv für ihren Stadtteil einzusetzen und gleichzeitig Geld für grundlegende Bedarfsgüter zu verdienen. (Für diese Soforthilfe an unmittelbar vom Erdbeben Betroffene hat medico 100.000 Euro ausgegeben.) Ausbau des Basisgesundheitssystems in Artibonite / Gesundheitliche Versorgung von Flüchtlingen im Landesinneren Die haitianische Organisation SOE (Service OEcuménique D’Entraide) hat bereits vor dem Erdbeben ein landesweites Netz von Einrichtungen im Bereich der Basisgesundheitsversorgung betrieben – in einigen Landesteilen seit über 30 Jahren. In der Provinz Artibonite musste SOE aufgrund finanzieller Engpässe die Arbeit erheblich zurückfahren. Nach dem Erdbeben sind aber in dieses Gebiet die meisten Menschen geflüchtet. Rund 160.000 Menschen haben dort Zuflucht gesucht. Das Basisgesundheitssystem, das schon vorher nicht ausreichend war, ist stark überlastet und in einigen Gebieten eigentlich gar nicht existent. Um die Strukturen SOEs zum Wohl der Erdbebenopfer, aber auch der lokal ansässigen Bevölkerung zu stärken und den Menschen zumindest den Zugang zur Basisgesundheitsversorgung zu ermöglichen bzw. zu verbessern, hat medico mit SOE vereinbart, SOE in einem ersten gemeinsamen Projekt zu fördern. (Vereinbart sind dafür unmittelbar 170.400 Euro.) Internationale zivilgesellschaftliche Kooperation Neben der ersten Nothilfe mit COSALUP/Ayuda Haiti werden die Nothilfemaßnahmen in Léogâne fortgesetzt. Geplant ist ein Einsatz guatemaltekischer Promotoren für Zahngesundheit zur Erstversorgung von Zahnproblemen. Im Rahmen des Süd-Süd-Austausches soll darüber hinaus das seit vielen Jahren in Guatemala erfolgreich praktizierte Modell der nebenberuflichen Ausbildung und Qualifizierung von Gesundheitsarbeitern vorgestellt werden. Mit der dominikanischen Kulturinitiative Redcul ist die Entwicklung einer haitianisch-dominikanischen Kooperation im Bereich von Kunst und Kultur verabredet, die sowohl psychosoziale Arbeit in den Camps der Erdbebenopfer vorsieht als auch öffentliche Veranstaltungen. (Geplant sind Projektmaßnahmen in Höhe von 100.000 Euro.)

Brot für die Welt

Nach dem Erdbeben brauchten viele Partnerorganisationen von Brot für die Welt zunächst selbst Hilfe, Betreuung und auch Beratung, um die Ereignisse zu verarbeiten und sich der Zukunft zu stellen. Inzwischen sind die materiellen Schäden erfasst und es konnten Projekte und Programme den Umständen und dem neuen Bedarf entsprechend aufgesetzt werden. Insgesamt hat „Brot für die Welt“ bisher rund 600.000 € in aktuellen und neu eingerichteten Projekte eingesetzt. Handwerker für den Wiederaufbau Die Mammutaufgabe des Wiederaufbaus in Haiti soll von den Haitianern möglichst selbst gestaltet und durchgeführt werden. Unverzichtbar ist dabei, dass es ausreichend qualifizierte Handwerkskräfte gibt. Brot für die Welt hat mit einer Partnerorganisation in den vergangenen Jahren bereits Jugendliche in verschiedenen handwerklichen Fertigkeiten geschult. Angesichts des riesigen Bedarfs an Handwerkern wird eine neue Ausbildungssequenz für Maurer mit dem Schwerpunkt „erdbebensicheres Bauen“ vorbereitet. Das Projekt erfüllt damit mehrere Ziele und kommt dem akuten Bedarf Haitis zugute: Einerseits werden junge Männer beruflich qualifiziert und haben somit gute Chancen auf dem Arbeitsmarkt. Sie können Einkommen erwirtschaften und tragen auf diese Weise zur Entwicklung bei. Andererseits bedient das Projekt den enormen Bedarf an einheimischen ausgebildeten Fachkräften für die Aufgaben des Wiederaufbaus und trägt auch den erhöhten Qualitätsanforderungen hinsichtlich des Erdbebenrisikos in der Region Rechnung. (Brot für die Welt setzt für die Ausbildung von Handwerkern einen Betrag von 80.000 Euro ein.) Provisorisches Zentrum zum Schutz behinderter Kinder Die Arbeit mit geistig behinderten Kindern ist der Schwerpunkt des Centre de education speciale (CES), einer langjährigen Partnerorganisation von Brot für die Welt. Im Behandlungszentrum und in der beschützenden Werkstatt hatte CES vor dem Erdbeben hunderte von geistig behinderten oder in ihrer Entwicklung zurückgebliebenen Kindern betreut und deren Eltern beraten. Während die Teams und ihre Arbeitsräume in den Provinzen nahezu unversehrt geblieben sind, hatten die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen und ihre Familien in Port-au-Prince schwere menschliche und materielle Verluste zu erleiden. Schwer wiegt auch der Verlust der Werkstatt, die einsturzgefährdet ist und abgerissen werden muss. An deren Stelle plant CES ein dringend benötigtes Zentrum aus Zelten und Bürocontainern zu errichten. „Wir wollen dort bleiben, wo die Kinder und Eltern sind, mit denen wir bisher zusammengearbeitet haben“ begründet Maryse Hector, Direktorin von CES, ihre Pläne. Bis auf Weiteres organisieren die CES-Teams in umliegenden Zeltstädten kleine Spielcamps für behinderte und nicht behinderte Kinder. Nach einer Zeit des Schocks und tiefer Depressionen hat die Leitung jetzt mit dem organisatorischen Wiederaufbau und der Neuplanung ihres Programms begonnen. Es gilt, ein bisher für Haiti wegweisendes sonderpädagogisches Konzept an die neue Situation anzupassen und zu qualifizieren. Die Erziehungsarbeit in Haiti braucht Erfahrungen und Konzepte für einen humanen Umgang mit geistig zurückgebliebenen Kindern – in den Schulen, in den Familien und in der weiteren Umgebung der Kinder. (Brot für die Welt stellt für die Weiterführung der Arbeit von CES, für die Einrichtung einer provisorischen Unterkunft und für die Neuplanung der Arbeit unter fachkundiger Beratung eine Summe von 285.000 Euro zur Verfügung.) Schutz von Frauen und Mädchen in Camps Die langjährige Partnerorganisation CPFO kümmert sich normalerweise um die Situation von Fabrikarbeiterinnen. Seit dem Erdbeben engagiert sich CPFO für den Schutz von Frauen und Mädchen, die durch die chaotischen Verhältnisse infolge des Bebens zusätzlicher Gefährdung ausgesetzt sind. Vor allem die Frauen und Mädchen aus Elendsvierteln gehören zu den schwächsten und verletzlichsten Gruppen der Gesellschaft. Seit nun die Rückzugsmöglichkeiten in Wohnungen und Häusern fehlen, sind sie möglichen gewalttätigen Angriffen und sexuellen Übergriffen schutzlos ausgesetzt. Dadurch steigt für sie das Risiko einer HIV-Infizierung stark an. Dies gilt auch für die provisorischen Lager und rasch errichten Zelt-Camps. CPFO organisiert in den Camps die Frauen und informiert sie über die Risiken, klärt sie auf über Möglichkeiten des Selbstschutzes und der Abwehr von Übergriffen. Dazu gehört auch Aufklärung über HIV/Aids und die Verteilung von Informationsmaterial und Kondomen. Wo immer möglich, werden in diese Maßnahmen auch Männer einbezogen, um Sensibilität für die Situation von Frauen zu erreichen. (Für dieses Projekt setzt Brot für die Welt 97.300 Euro ein.) Versorgung von Erdbebenopfern auf dem Land Brot für die Welt richtet seinen Blick auch über die Hauptstadt hinaus: in die ländlichen Regionen, in die Tausende von Überlebenden geflüchtet sind, um dort mehr Sicherheit, Unterkunft und vor allem Versorgung mit Nahrungsmitteln zu finden. Die langjährige Brot für die Welt-Partnerorganisation Vwazen Mondyal Ayiti (VMA, zu deutsch: Weltweiter Nachbar) begleitet seit Jahren Dorfgemeinschaften in der Verbesserung ihrer kargen Lebensbedingungen. Nun kommt für diese Dorfgemeinschaften die neue Belastung durch Flüchtlinge, durch Angehörige oder Bekannte hinzu, die unter ihren Dächern Zuflucht gesucht haben. Einige Familien beherbergen in großer Solidarität mit den Opfern bis zu 20 Personen. Inzwischen werden jedoch die Vorräte knapp, gehen die wenigen Barmittel zur Neige und müssen Haustiere – eigentlich das wichtigste Kapital der Kleinbauernfamilien – verkauft werden. Damit gehen nicht nur viele Entwicklungsanstrengungen der letzten Jahre wieder kaputt, auch die weitere Versorgung der Flüchtlinge und der Einheimischen ist dadurch mittelfristig gefährdet. Mit Saatguthilfen und der Lieferung von Süßkartoffelsetzlingen erhalten die am stärksten belasteten Familien Unterstützung von Brot für die Welt für die jetzt anstehende Bestellung der Felder und Gärten. Die Familien nutzen diese Unterstützung für das Anlegen von intensiv bewirtschafteten Gärten auf ihren Grundstücken. Aus dem Zwang der aktuellen Notlage heraus wird ein Lernprozess in Gang gesetzt, vielfältiger, produktiver und bodenschonender anzubauen. 200 solcher angepasster Bauerngärten sind aktuell in Vorbereitung. Diese Maßnahme geht mit Koch- und Ernährungskursen einher, in denen Frauen lernen, die größere Nahrungsvielfalt mit neuen Rezepten zu nutzen. Nur so kann die Ernährungslage für die Menschen auch in dieser angespannten Situation gesichert werden. Angesichts der notwendigen Ausweitung der Nahrungsmittelproduktion darf der Schutz der ohnehin gefährdeten Umwelt nicht vernachlässigt werden. VMA organisiert etwa Erosionsschutz-Maßnahmen so, dass Kleinbauern gegen Bezahlung arbeiten und auf diese Weise etwa einen US-Dollar Einkommen pro Tag erwirtschaften können. Sie legen Erosionsschutzwälle an und bepflanzen diese mit kleinen Bäumen und Büschen. (Für diese Maßnahmen zugunsten der Flüchtlinge und ihrer Gastfamilien stellt Brot für die Welt 125.000 Euro zur Verfügung.)

Brot für die Welt, medico international, Misereor, terre des hommes und Welthungerhilfe leisten als Bündnis Entwicklung Hilft akute und langfristige Hilfe bei Katastrophen und in Krisengebieten.


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