Jugendportrait

01.06.2002   Lesezeit: 3 min

»Du sollst nicht töten!, sprach der Herr zum Knecht. – Du bringst mich da auf einen neuen Gedanken, antwortete dieser: ging hin und erschlug seinen Peiniger«.
Alte Ethik

KwaZulu-Natal Programme for Survivors of Violence: Der Name ist Programm der Arbeit, zum Beispiel in einer Kommune namens Bhambayi. Einem der Orte, in der die Gewalt des Apartheid-Regimes ganze Kriege unter den Bewohnern entfesselte, die sie immer noch nicht wieder ganz verlassen hat. Ein junger Mann, Gruppenmitglied, berichtet über sich, und das Thema lautet Neid und Wut: »Ich wuchs auf in einer Familie, in der Neid und Gewalt immer existierte, weil wir arm waren. Unser Gruppenprogramm fordert mich heraus, dies Erbe zu überwinden.«

Er, dessen Name nichts zur Sache tut, stammte aus abgelegenem ländlichen Gebiet in KwaZulu-Natal. Die Mutter trank. Seinen wirklichen Vater kannte der Junge nicht. Der Stiefvater mißbrauchte die beiden über Jahre und bedrohte sie mit dem Leben. Wahrscheinlich töteten sie eines Tages ihren Peiniger gemeinsam, angegriffen von diesem, im Affekt, mit Messerstichen. 13 Jahre alt mag er damals gewesen sein. Sie galten jetzt als Killer. Die Gemeinde verstieß sie. Die Familie des Getöteten jagte sie. Der Junge floh nach Bhambayi und lebte auf der Straße. Dachte an die Mutter. Die starb, ohne daß er zu ihrem Begräbnis kommen konnte. Freunde besorgten einen Schulplatz. Für ein Jahr nur ging das gut.

Er benutzte aber, was er hatte: wurde ein fähiger Stratege während der Kämpfe, weil er schnell denken konnte. Er hatte Mut. Gewann das Vertrauen als Jugendführer, im politischen Kampf gegen die Herrschaft der Apartheid. Unverhofft sah er sich später in autonomen kommunalen Strukturen, besuchte Kurse über Entwicklungsarbeit. Erarbeitete ein Papier für die Universität: über die Gewalt in Bhambayi. Präsentierte der Truth Commission, welche die Verbrechen der Apartheid-Zeit untersuchte, sein Wissen über Jugend und Gewalt.

Er war dann auch richtig beim Programme for Survivors of Violence. Als ein drop-out ohne Bildung und anderes Wissen als über Kampf ermöglichte ihm das Projekt, zu wachsen und Vertrauen in neue Fähigkeiten zu entwickeln. Er kämpfte weiter: nun für den Frieden im gewaltzerissenen Natal. War das jüngste Mitlied bei den Friedensverhandlungen und Vertreter im ersten Forum für Entwicklung seiner Gegend. Förmlich war er nicht gewählt, sondern bestimmt durch die Motivation dessen, der weiß, was Aggressionen sind. Der sie am eigenen Selbst erfahren hat. Das ging lange so. Dann wählte man ihn richtig, als Leiter des Programms für Wohnungsbau und schließlich zum Vorsitzenden für das Bhambayi Wiederaufbau- und Entwicklungsprogramm. Inzwischen ist er dessen langjährigstes Mitglied.

Als man ihn fragte, warum er das alles macht und sich auch beim Programm für die Überlebenden der Gewalt engagiert, antwortet er: »Weil ihr bei der Sache bleibt, um die es geht, weil ihr an das Potential der Menschen glaubt, weil hier unsere menschlichen Absichten zählen.« Und fügt nachdenklich hinzu: »Als ihr meine ganze Geschichte, die ich euch berichtete, auf den flip-charts niedergeschrieben habt, hatte ich dies Gefühl: ihr nehmt mich ernst.« Ihn hatte ernsthaft die Gewalt nie ganz verlassen, er hatte aber gelernt, sie zum Mittel ihrer eigenen Zerstörung zu machen. Und hatte sie dadurch auch in sich überwunden.

Mehr Informationen zu diesem Projekt schicken wir Ihnen gerne zu. Das Spendenstichwort: »Südafrika«


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