Tödliche Textilien

Menschenwürdige Arbeit für TextilarbeiterInnen in Bangladesch und Pakistan

22.05.2013   Lesezeit: 3 min

Die Hilferufe der Eingeschlossenen und die Verzweiflung der Verwandten, die tagelang an der Unglücksstelle ausharrten, haben sich in sein Gedächtnis eingebrannt. Nach dem Einsturz des Fabrikgebäudes in Savar/Bangladesch koordinierte Gulam Dulal die Nothilfearbeit der Gesundheitsorganisation Gonoshasthaya Kendra. Doch für mehr als 1.000 Menschen kam jede Hilfe zu spät. In den letzten 12 Monaten sind in Südasien über 1.500 NäherInnen verbrannt, zerquetscht und verschüttet worden. Was vor wenigen Wochen bei Rana Plaza in Savar, zuvor bei Tazreen Fashion in Dhaka und bei Ali Enterprises in Karatschi/Pakistan geschah, kann sich jeden Augenblick wiederholen. Diese Katastrophen sind von Menschen gemacht.

Von den Sklavenbetrieben in Bangladesch, Pakistan, Indien und anderen Ländern spannt sich das Netz der mitverantwortlichen Profiteure bis zu uns als EndverbraucherInnen. Im Wettbewerb um Aufträge drücken Textilfirmen die Produktionskosten ohne jede Rücksicht auf Gesundheit und Leben ihrer Beschäftigten. Ihre europäischen Auftraggeber planen die menschenverachtenden Bedingungen in ihre Kostenkalkulation mit ein. Auf ausländische Investitionen angewiesen, verschließen die Regierungen des Südens die Augen vor Verstößen gegen Sicherheitsstandards oder Arbeitsrechte. Auf der Verbraucherseite dagegen versprechen uns Werbung und Medien Selbstbewusstsein und Sinnfindung, wenn wir nur mit der Mode gehen. JedeR Deutsche kauft derzeit im Durchschnitt 40-70 Kleidungsstücke pro Jahr. Tendenz steigend. Dass die Kleidung meist unter entwürdigenden Umständen hergestellt wird, ist bekannt - und wird ausgeblendet.

Das Netz der Mitverantwortung ist Teil eines globalen Wirtschaftssystems, das auf Ausbeutung und gnadenlosem Wettbewerb beruht. Die Antwort auf Savar, Dhaka und Karatschi kann deshalb nur sein, diese Struktur in Frage zu stellen. In unserer Öffentlichkeit versuchen wir immer wieder, diese Fragen anzustoßen. Auch mit Hilfe unserer Partner wie z.B. der pakistanischen Gewerkschafterin Zehra Khan, die auf dem Umfairteilen Kongress in Berlin (24. - 26.5.) und bei den Blockupy Aktionstagen in Frankfurt (31.5./1.6.) über die Situation der NäherInnen in Südasien spricht.

Gemeinsam für würdige Arbeit kämpfen

Vor allem aber unterstützt medico die gewerkschaftliche Organisierung der Beschäftigten vor Ort. Unmittelbar nach dem Brand der Textilfabrik in Karatschi haben die Gewerkschaft NTUF und die Menschenrechtsorganisation PILER das „Workers Rights Movement“ initiiert, in dem Überlebende und Hinterbliebene zusammen mit Organisationen der Zivilgesellschaft für umfassende Entschädigung, bessere Arbeitsverhältnisse in Pakistans Textilindustrie und das Recht auf freie Organisation kämpfen. Gegenwärtig bereiten sie eine Konferenz vor, auf der sich Gewerkschaften und Menschenrechtsorganisationen aus ganz Südasien auf ein gemeinsames Vorgehen für würdige Arbeitsbedingungen einigen wollen. medico arbeitet mit beiden Organisationen seit den Flutkatastrophen zusammen, die 2010/ 2011 den Süden Pakistans heimsuchten. Um den Flutüberlebenden beizustehen, hatte die NTUF unter den TextilarbeiterInnen Karatschis Spenden gesammelt. Aus dieser Hilfsaktion entstand eine Landkooperative, deren Auf- und Ausbau heute mit Mitteln medicos gefördert wird. Begleitend dazu führt PILER eine großangelegte Untersuchung zu den Ursachen der verheerenden Schäden und zur Lage der Flutüberlebenden durch. Mit der Hilfe medicos unterstützen NTUF und PILER auch die Überlebenden der Fluten in ihrem Kampf um Anerkennung und Entschädigung durch die pakistanische Regierung.

Die NGWF steht den ArbeiterInnen von Rana Plaza in Savar und von Tazreen Fashion in Dhaka zur Seite. Zusammen mit TIE Global unterstützt medico die Kampagnenarbeit und die medizinische Nothilfe der Gewerkschaft.

Im Notfall schnelle Hilfe leisten

Der sozialmedizinischen Hilfs- und Entwicklungsorganisation Gonoshasthaya Kendra (GK, Volksgesundheitszentrum) ist medico schon seit vielen Jahren partnerschaftlich verbunden. GK war Mitbegründer des weltweiten „People’s Health Movement“, dem heute auch medico angehört. Zu den von medico geförderten Projekten von GK gehören Basisgesundheitsdienste im ländlichen Norden Bangladeschs und der Hauptstadt Dhaka. Schnelle Hilfe beim Einsturz der Fabrik in Savar konnte der bangladeschische medico-Partner auch deshalb leisten, weil er in derselben Stadt eine Universität zur Ausbildung von Basisgesundheitsarbeiterinnen und eine Fabrik zur Herstellung lebensnotwendiger Medikamente betreibt.

Spenden für den Kampf um bessere Arbeitsbedingungen

Um die Arbeit der medico-Partner in Bangladesch und Pakistan und den Kampf für würdige Arbeitsbedingungen in der Textilindustrie zu unterstützen, bitten wir um Spenden unter dem Stichwort „Textil“.


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