Kampagne gegen KiK und Partner in Pakistan

#untragbar: unzureichende Entschädigung nach Brand in Textilfabrik

12.08.2014   Lesezeit: 2 min

medico-Partner NTUF startet Kampagne zum zweiten Jahrestag des Brands in einer pakistanischen KiK-Fabrik. Am 11. September 2012, dem sogenannten "Industrial 9/11" Pakistans, waren 259 ArbeiterInnen in einer Textilfabrik verbrannt.

Am vergangenen Sonntag startete der pakistanische medico-Partner National Trade Union Federation (NTUF) eine Kampagne zum zweiten Jahrestag des Brandes der Fabrik Ali Textiles in Karatschi. Die im Industrie-Stadtteil Baldia gelegene Fabrik arbeitete fast ausschließlich im Auftrag des deutschen Discounters KiK und war zum Betrieb einer Textilproduktion baulich völlig ungeeignet. Am 11.09.2012 verbrannten dort 259 Menschen bei lebendigem Leib. Mitträger der Kampagne sind der Verband der Überlebenden und Hinterbliebenen und das von mehreren Gewerkschaften, Menschen- und Arbeitsrechtsorganisationen sowie Studierendenverbänden gebildete „Workers Rights Movement“ (WRM), zu dem auch ein weiterer medico-Partner gehört, das Pakistan Institute for Labor Education and Research (PILER).

Für echte Entschädigung der Opfer der Textilindustrie

Zum Auftakt der Kampagne veranstaltete das Bündnis eine Demonstration am Karatschi Press Club. Aktionen dieser Art stellen so etwas wie „militante Pressekonferenzen“ dar: es geht dabei weniger um einen Aufmarsch großer Mengen als um die Aufmerksamkeit des Fernsehens, des Rundfunks, der Presse und der politisch Verantwortlichen. Zu Beginn der Aktion erinnerte Nasir Mansoor, stellvertretender Generalsekretär der NTUF, dass fast zwei Jahre nach dem Brand niemand der für die Katastrophe Verantwortlichen seinen Verpflichtungen nachgekommen sei: weder die Eigentümer, noch die Regierung der 20-Millionen-Metropole Karatschi, noch die nationale pakistanische Regierung.

Der deutsche Discounter KiK, Hauptprofiteur von Ali Textiles, habe bisher lediglich die gleich nach dem Brand zugesagten Soforthilfen in Höhe von 1 Million US-Dollar ausbezahlt; seither verschleppe das Unternehmen systematisch die Verhandlungen, in denen die Höhe der Langzeitentschädigung festgelegt werden soll. Das italienische Zertifizierungsunternehmen RINA, das der Fabrik nur wenige Monate vor dem Brand ein offensichtlich völlig haltloses Erste-Klasse-Sicherheits-Gutachten ausgestellt hatte, habe sich nicht einmal zu Verhandlungen bereit erklärt. „Obwohl wir hier den furchtbaren Tod von 259 Menschen beklagen“, sagte Mansoor, „geschieht nichts, um den Überlebenden und Hinterbliebenen wenigstens Entschädigung zukommen zu lassen. Da sich auch in den Fabriken nichts wesentlich ändert, kann sich eine solche Katastrophe jederzeit wiederholen. Unsere Leben sind nichts wert.“

Gul Rehman, Sprecher des Workers Rights Movement, verwies auf den internationalen Charakter der jetzt gestarteten Kampagne und behielt sich im Namen des Bündnisses ausdrücklich vor, zusätzlich zu dem in Pakistan bereits laufenden Gerichtsverfahren juristische Schritte auch in Deutschland und Italien einzuleiten. „Wir führen dazu bereits Gespräche mit unseren Partner in beiden Ländern.“ Zum Abschluss der Kundgebung versicherte der Sprecher des Verbandes der Überlebenden und Hinterbliebenen, Muhammad Jabbir, dass man nicht nur im eigenen Interesse um sein Recht kämpfe: „Wir wissen jetzt, was es heißt, seine Liebsten zu verlieren. Wir wollen verhindern, dass anderen dasselbe widerfährt.“

medico unterstützt Gewerkschaften und Arbeitsrechtsorganisationen der Textilarbeiter in Bangladesch und in Pakistan, finanziert die medizinische Versorgung von Überlebenden der zusammengestürzten Fabrik Rana Plaza und ist in Deutschland Teil der Initiative #untragbar


Jetzt spenden!