Wenn die Zeit endlich Atem holt

Erfolgreiche Premiere des Dokumentarfilms zum Wirbelsturm Nargis in Myanmar

04.10.2012   Lesezeit: 3 min

Mit dreijähriger Verspätung wurde „Nargis – als die Zeit aufhörte zu atmen“ jetzt endlich auch in dem Land aufgeführt, in dem er gedreht wurde: in Myanmar, dem ehemaligen Birma. 500 Menschen drängelten sich im völlig überfüllten Kinosaal des Maha Sankti Sukha Buddhist Center in Rangun, die Vorführung endete mit bewegtem und begeistertem Applaus. Weltweit war der Film bereits auf 16 Festivals zu sehen, in der Schweiz, in Frankreich, in Indien und Nepal wurden ihm Preise verliehen. medico hat die Produktion des Films mit 25.000€ unterstützt.

Wirbelsturm Nargis, 2008

Eine späte Anerkennung für die mutigen jungen Filmemacherinnen und Filmemacher, die ihn 2008 im Verborgenen gedreht haben, wenige Tage nachdem sich der Wirbelsturm Nargis aufgelöst hatte. Dem Zyklon fielen 140.000 Menschen zum Opfer, er fegte ganze Dörfer buchstäblich hinweg und verwüstete Zehntausende Häuser im Irrawady-Delta und der Millionenstadt Yangon (Rangun).

Die damals noch herrschende Militärdiktatur hatte die Menschen im Katastrophengebiet nicht gewarnt, keinerlei Vorkehrungen getroffen und sich auch nach der Katastrophe als völlig unfähig erwiesen, den Überlebenden beizustehen. Erst spät bat die Junta um internationale Hilfe, die sie dann nur zögernd ins Land ließ und vielfach an der Arbeit hinderte.

Vierzig Tage mit verdeckter Kamera unterwegs

Die jungen Filmemacherinnen und -macher aus Rangun brachen im Mai 2008, unmittelbar nach dem Wirbelsturm, ins Katastrophengebiet auf, obwohl jede Berichterstattung strengstens verboten war. Sie teilten sich in zwei Gruppen auf und blieben vierzig Tage in dem völlig verwüsteten Flussdelta. Um ihren Aufenthalt bei Kontrollen durch Armee und Polizei rechtfertigen zu können, führten sie Hilfsgüter mit sich und verbargen ihre Kameras und Mikrophone in Plastiktüten. Unterstützt wurden sie von der Berliner NGO Yangon Film School, die seit längerem schon in Myanmar aktiv war, die Dokumentarfilmerin Ulrike Schatz stand ihnen vor Ort zur Seite. Die medico-Förderung trug zur Deckung der Reise- und direkten Produktionskosten sowie zur Anschaffung einer digitalen Kamera und eines Stromgenerators bei. Entstanden ist so der erste 90 Minuten lange unzensierte Dokumentarfilm aus Myanmar, den Einheimische in eigener Regie hergestellt haben. Es ist ein bewegender Film, der auf Anklagen verzichten kann, weil er den Überlebenden der Katastrophe den Raum gibt, ihre Erfahrung in eigenen Worten zur Sprache zu bringen. „Je mehr Leute wir befragten, desto mehr fühlten wir ihren Schmerz. Für lange Tage war es uns unmöglich, auch nur zu lächeln“, sagt der Kameramann Thaiddhi, zugleich einer der Organisatoren des Festivals, auf dem der Film jetzt seine Heimatpremiere hatte.

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Erstmals unter eigenem Namen

Die Vorführung in Rangun war allerdings die erste, die im Abspann die wirklichen Namen der Filmcrew nennt: bei allen sechzehn vorangegangenen Vorführungen auf internationalen Filmfestivals und selbst bei der Entgegennahme der vier Preise mussten die Filmemacherinnen und –macher unter falschem Namen auftreten. Pe Maung Sane, einer der Regisseure, nutzte die Premiere deshalb auch, um die im Film befragten Menschen um Vergebung zu bitten: „Wir haben uns immer dafür geschämt, uns in der Anonymität zu verbergen, während die Menschen aus dem Delta ihr Gesicht offen unseren Kameras darboten und freimütig ihr Schicksal bekannten.“ Lindsey Merrison, Mitbegründerin der Yangon Film School und Ko-Produzentin des Films, ist jetzt gespannt auf die weitere Aufnahme in Myanmar: „Niemand kann vorhersagen, wie dieses zutiefst berührende Werk wirken wird. Doch angesichts der jüngsten Reformen in Myanmar hoffe ich, dass der Film nach dem Verdienst beurteilt wird, dass ihm gebührt.“


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