Erbin, Syrien

Bildung unter Beschuss

07.03.2017   Lesezeit: 3 min

Projektleiter der freien Schule Erbin angeschossen. Zivile AktivistInnen in Syrien lassen sich nicht einschüchtern.

In der Nacht auf den 2. März wurde Abdulsattar Sharaf, Projektleiter der von medico unterstützten freien Schulen im syrischen Erbin, von zwei maskierten Männern überfallen und angeschossen. Das versuchte Attentat ist zum Glück fehlgeschlagen und er trägt keine schweren Verletzungen davon. Das Komitee konnte zusammen mit den lokalen Sicherheitskräften die Täter ausfindig machen. Es handelt sich um zwei Kämpfer der Jabhat Fath Al-Sham (früher Jabhat Al-Nusra), die dem IS ideologisch nahe stehen.

Die Täter und Abdulsattar kennen sich sogar persönlich, einer von ihnen war früher selbst politischer Aktivist. Am gleichen Tag hatte er Abdulsattar noch einen Besuch im Büro abgestattet. Das Komitee und insbesondere der Projektleiter beziehen häufig öffentlich kritisch Stellung zu kulturellen und religiösen Themen und ziehen damit den Hass der islamistischen Milizen auf sich. Die AktivistInnen wollen sich von dem Überfall nicht einschüchtern lassen und weitermachen. Am meisten hilft ihnen dabei der große Rückhalt in der Bevölkerung.

Alltag inmitten der Gewalt

Die vom Komitee betriebenen Schulen sind deshalb so wichtig und geschätzt, weil sie die einzigen unabhängigen Schulen in Erbin sind. Sie verfolgen, im Gegensatz zu den von den konservativ-islamischen und islamistischen Gruppierungen betriebenen Schulen, einen liberalen Lehrplan. Außerdem ermöglichen die Schulen den Kindern und Jugendlichen aus der alltäglichen Atmosphäre der Gewalt herauszukommen und so etwas wie Alltag zu erleben.

Das Basiskomittee besteht aus Leuten, die sich für zivile Strukturen in Erbin stark machen. Es gründete sich im Sommer 2011 zu Beginn des damals noch friedlichen Aufstands und organisierte neben den unabhängigen Schulen auch Suppenküchen für Flüchtlinge, eine Feuerwehr, eine Müllabfuhr, eine juristische und eine medizinische Kommission und ein Medienzentrum.

Der Schulunterricht in Erbin geht vorerst weiter

Der Schulunterricht in Erbin geht vorerst weiter - außer an Tagen mit sehr starker Bombardierung durch die syrische Armee. Erstmals gab es seit mehr als zwei Jahren auch wieder Angriffe an der Front nahe Erbin (Highway Homs-Damaskus-Front), dort und in den Vororten von Erbin wurde auch Chlorin-Gas eingesetzt. Zusätzlich dazu kam es zu heftigen Bombardierungen der zivilen Viertel in Erbin, aber auch in allen anderen Teilen der Region Ost-Ghouta nahe Damaskus. Das Gebiet steht unter der Kontrolle der Opposition.

Aus Barzeh und Al-Qaboun, die mit der Ost-Ghouta durch Tunnel verbunden sind, flohen bereits große Bevölkerungsteile. Die Tunnel in die beiden Gebiete wurden für die Wareneinfuhr vorerst geschlossen. Das hat bereits dazu geführt, dass sich der Brennstoffpreis in Ost-Ghouta in den letzten Wochen verdreifacht hat. Die dortigen militärischen Gruppierungen werden nicht zuletzt wegen der wirtschaftlichen Bedeutung der zwei Viertel und aufgrund der Tunnel alles daran setzen, sie zu verteidigen. Das Regime wird versuchen sie einzunehmen. Alle gehen davon aus, dass sich die Lage weiter militärisch zuspitzen wird und natürlich gibt es die Angst vor einer Wiederholung des Aleppo-Szenarios.
 

Zusammen mit Adopt a Revolution fördert medico international die freien Schulen in Erbin. Um den Unterricht aufrechterhalten zu können, werden weitere Spenden benötigt. Stichwort: Syrien.


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