Für alle, die aus der Türkei nach Kobanê möchten, ist das kurdische Amara-Kulturzentrum in Suruç ein Ort des Verweilens und der Information. Ob nun Fotografen oder MitarbeiterInnen von Hilfsorganisationen, ob Freiwillige aus der Türkei oder InternationalistInnen aus der halben Welt, alle steuern das gastfreundliche Haus an.
Dort bekommt man kostenlos Tee, es gibt W-Lan, im Garten kann man schlafen – und warten, bis kurdische AktivistInnen einen mit den notwendigen Informationen versorgen, damit man gefahrlos die Weiterreise antreten kann. Auch die Stadtverwaltung von Kobanê auf der anderen Seite der Grenze hat dort eine ständige Vertretung.
Im Frühjahr 2015 war ich zweimal in Suruç und später in Kobanê. Beim ersten Mal Ende Januar war es bitterkalt im Kulturzentrum, alle tranken heißen Fruchtsaft und es lag eine tiefe Freude in der Luft: Nur zwei Tage vorher war der IS aus Kobanê vertrieben worden. Ich hielt mich nur wenige Stunden im Arama-Zentrum auf und reiste sogleich weiter ins regnerische, kalte, aber befreite Kobanê.
Im April war ich ein zweites Mal im Kulturzentrum. Es war warm geworden. und warteten wieder auf unsere Weiterfahrt nach Kobanê. Diesmal dauerte es etwas länger, wir warteten sogar einige Tage. Dann klappte es wieder. Bis dahin saßen wir in dem schönen Garten in der Frühlingsonne und unterhielten uns mit den Leuten, die täglich ins Zentrum kommen.
Hier trafen sich kurdische Freiwillige, die in den Flüchtlingslagern von Suruç arbeiteten, aber auch Musikgruppen, Sprach- und Schreibkurse. Es war ein ständiges Kommen und Gehen.
Heute Morgen kamen ca. 300 AktivistInnen verschiedener linker Jugendorganisationen aus Istanbul im Amara-Zentrum an. Sie hatten in ihren Vierteln Geld gesammelt, um in den nächsten Wochen in Kobanê einen Freizeitpark für Kinder zu bauen.
Nachdem sie sich an großen Tischen mit Angehörigen von getöteten YPG-/YPJ-KämpferInnen aus Kobanê getroffen hatten, stellten sie sich zu einem Erinnerungsbild auf. Der Garten war voll mit Menschen. In diesem Moment zündete ein IS-Selbstmordattentäter die fürchterliche Bombe und riss mindestens 40 Menschen mit in den Tod und verletzte Unzählige.
Ich bin geschockt und trauere um die Opfer, auch ich hätte dort sitzen können.
Martin Glasenapp
In der Türkei und Kurdistan rufen am heutigen Tag alle linken Gruppen und Initiativen sowie die kurdische HDP-Partei unter dem Hashtag #SuructaKatliamVar (Das Massaker in Suruç) zu landesweiten Protest- und Trauerdemonstrationen auf.