Scharfe Kritik an der Aufhebung des Abschiebestopps für afghanische Geflüchtete übt die Hilfs- und Menschenrechtsorganisation medico international, die seit über 15 Jahren in Afghanistan Hilfsprojekte unterstützt.
Die Bundesregierung, so medico-Asienreferent Thomas Seibert, verlasse mit der Aufhebung des Abschiebestopps und der Planung, vermeintlich friedliche Anrainer-Länder zur Aufnahme von Flüchtlingen zu zwingen, den Boden des Völkerrechts. „Was als Lehren aus dem Umgang mit Flüchtlingen in der Nazi-Zeit gewonnen wurde, wird in einer Fragestunde des Bundestages im Handstreich beiseite gewischt“, so Seibert. Afghanistan sei jahrzehntelang ein Schlachtfeld globaler Kriege gewesen, für deren physische und seelische Folgen bei den afghanischen Bevölkerungen niemand die Verantwortung übernehme. Dass so die Gewalt überall im Land stetig zunehme, könne deshalb nicht verwundern.
Der medico-Partner AHRDO (Afghan Human Rights and Democracy Organisation) hat gerade mit einer Pilotstudie begonnen, in der die Situation der Zurückgeschobenen genauer untersucht werden soll. Alle Versprechen der Bundesregierung, so ihr Direktor Hadi Marifat, dass man sich vor Ort um die Zurückgeschobenen kümmere, haben sich bei den untersuchten Fällen nicht bewahrheitet. „Sie schicken die Menschen zurück in die Kriege. Afghanistan ist nicht sicher. Fast täglich gibt es Anschläge in Kabul“, so Marifat. Es gebe, so der AHRDO-Direktor, bereits mehrere Fälle von Zurückgeschobenen, die bei Anschlägen verletzt oder getötet wurden.
Wer sich ein Bild der afghanischen Situation machen wolle, so Seibert, könne die Ausstellung im Frankfurter medico-Haus besichtigen. „Wir zeigen 'Memory Boxes' - Kisten, in den en Männer und Frauen aus Afghanistan Erinnerungsstücke nächster Verwandter öffentlichem Gedenken zugänglich machen.“ Die Toten sind unterschiedlicher ethnischer, religiöser und politischer Herkunft, ihre Hinterlassenschaften zeigen an, dass jede Familie in ihren Reihen Opfer und Täter birgt. „Die jahrzehntealte Kette der Gewalt ist nie unterbrochen worden. Schon deshalb gibt es in Afghanistan kein sicheres Gebiet, nirgends“, so Thomas Seibert.
Mehr Informationen zur Ausstellung finden Sie hier.