Die Schuldigen auf freiem Fuß, die Opfer ohne Hilfe, Proteste verboten

Drei Wochen nach dem Brand beim KiK-Partner Ali Textile

04.10.2012   Lesezeit: 2 min

„Wir haben noch immer keine Entschädigung erhalten, noch immer sind nicht alle Leichname identifiziert, wir können unsere Toten nicht bestatten“ – das waren die Vorwürfe von Hinterbliebenen der Brandkatastrophe beim KiK-Partner ALI Enterprises auf einer Pressekonferenz in Karatschi. Die Konferenz fand am gestrigen Mittwoch im Presseclub der pakistanischen Metropole statt, neben Überlebenden und Hinterbliebenen nahm auch der medico-Partner Nasir Mansoor von der National Trade Unions Federation (NTUF) an der Konferenz teil.

„Die Regierung hat bisher keine ihrer Zusagen eingelöst“, sagte Mansoor, stellvertretender Generalsekretär der NTUF. „Weder wurden den Hinterbliebenen versprochene Entschädigungen ausbezahlt, noch gibt es Hilfe für diejenigen, die das Inferno überlebten, seither aber ohne jedes Einkommen sind.“

Anders ergeht es den Verantwortlichen des für den deutschen Textildiscounter KiK tätigen Unternehmens Ali Enterprises, deren Fabrik wegen verschlossener Notausgänge, vergitterter Fenster und versperrter Treppenhäuser für über 250 Menschen zur Todesfalle wurde. Zunächst festgenommen, sind sie nach Zahlung einer Kaution wieder auf freiem Fuß. Weniger Rücksicht wird den Hinterbliebenen und einem Bündnis von Gewerkschaften und Menschenrechtsorganisationen zuteil. Protestaktionen, die das Bündnis am vergangenen Wochenende angemeldet hatte, wurden postwendend untersagt. „Das am 29. September erlassene Demonstrationsverbot galt gleich für drei Tage“, sagt Nasir Mansoor, dessen Gewerkschaft trotzdem eine Protestaktion durchführte.

„Der Textildiscounter KiK, Auftraggeber von ALI Enterprises, hat gleich nach dem Brand Aufklärung und Entschädigung zugesichert“, erklärt Dr. Thomas Seibert, Südasienreferent von medico international. „Die Erklärung wurde kommentarlos von der Website entfernt. Bei der Gewerkschaft NTUF und dem Bündnis der Opfer und Hinterbliebenen hat sich KiK bisher nicht gemeldet. Wir unterstützen unsere Partner in ihrem Versuch, die Hintergründe des Brandes aufzuklären, zu denen auch die unerträglichen Arbeitsbedingungen gehören: Ausdehnung der Arbeitszeit auf bis zu 12 Stunden täglich, Entlohnung unterhalb der gesetzlichen Vorschriften, Nichtaushändigung der Einstellungsverträge, mit denen allein Ansprüche auf Krankenversicherung und Rente geltend gemacht werden können – auch die Ansprüche auf Entschädigung.“

Die Gewerkschaft NTUF und ein breites zivilgesellschaftliches Bündnis haben für den kommenden Samstag eine neue Demonstration angemeldet. Darüber hinaus ruft das Bündnis zu einer Gedenkkundgebung für die Opfer auf, die am Samstag, dem 20. Oktober vor der Ruine der Todesfabrik stattfinden soll.


Jetzt spenden!