Berlin, den 7. März 2013 – Während einer Pakistan-Reise von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des European Center for Constitutional and Human Rights (ECCHR) und von medico international haben Betroffene des großen Fabrikbrandes vom 11. September 2012 und deren gewerkschaftliche Vertreter das ECCHR aufgefordert, sich direkt an der juristischen Aufarbeitung in Pakistan zu beteiligen. Über einen lokalen Anwalt wird ECCHR deshalb Antrag auf Zulassung zum Verfahren stellen.
Am 11. September 2012 starben im pakistanischen Karachi über 280 Arbeiterinnen und Arbeiter im bisher größten Brand einer Textilfabrik. 70% der Produktion der abgebrannten Fabrik Ali Enterprise gingen nach eigenen Angaben an den deutschen Discounter KIK. Die Fabrik wurde drei Wochen vor dem Brand mit dem Siegel SA 8000 zertifiziert, mit dem hohe Sicherheitsstandards garantiert werden sollen. Während KIK sich vorläufig auf Entschädigungszahlungen mit lokalen pakistanischen Organisationen geeinigt hat, zeigt das italienische Zertifizierungsunternehmen RINA bisher kein Interesse, sich an einer Wiedergutmachung zu beteiligen.
In Pakistan läuft derzeit ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren gegen die Fabrikbesitzer. Zwei weitere Klagen des Anwalts der Betroffenen richten sich gegen die Nachlässigkeit der für die Auf¬klärung der Hintergründe des Brandes zuständigen pakistanischen Aufsichts- und Strafverfolgungsbehörden. Die Betroffenen sowie die sie begleitende Gewerkschaft NTUF und die Menschenrechtsorganisation PILER fordern insbesondere Aufklärung zur Verantwortung des Zertifizierers RINA.
„Die Intervention des ECCHR in den lokalen Verfahren wird unseren Behörden deutlich machen, dass sie unter internationaler Aufsicht stehen“, sagt Nasir Mansoor von der NTUF. „Wir hoffen, dass sie unter diesem Druck effektiver arbeiten als bisher.“
„Es ist zunächst die Verantwortung der Justiz in Pakistan, die Hintergründe des Brandes und insbesondere die Rolle der internationalen Unternehmen umfassend aufzuklären“, sagt Thomas Seibert von medico international.
„Sollten die Verfahren in Pakistan jedoch für die Betroffenen zu keinen befriedigenden Ergebnissen führen, erwägen wir juristische Schritte in Europa gegen die europäischen Unternehmen“, so Miriam Saage-Maaß vom ECCHR.
„Auditfirmen in der globalen Lieferkette der Textilindustrie stehen seit Jahren in der Kritik, da Zertifizierungen unzureichend sind und häufig ganz versagen. Der Fall Ali Enterprise in Pakistan zeigt deutlich, dass auch die Audit-Unternehmen zur Verantwortung gezogen werden müssen“, sagt Frauke Banse, Eilaktionskoordinatorin der Kampagne für Saubere Kleidung.
Kontakt
- Nasir Mansoor (über medico international)
- Miriam Saage-Maaß (ECCHR): 0151 167 51 885
- Thomas Seibert (medico international): 0160 97557350
- Frauke Banse (INKOTA-netzwerk/ Kampagne für Saubere Kleidung): 0178-5467453