Ein dringender Appell

Freiheit für Dogan Akhanli

08.09.2010   Lesezeit: 3 min

Am 10. August 2010 wurde der deutsch-türkische Schriftsteller Dogan Akhanli am Flughafen in Istanbul verhaftet und in die Haftanstalt Metris verbracht. Seit dem 20.8.2010 wird er in einer Haftanstalt in Tekirdag festgehalten. Akhanli ist seit 2001 deutscher Staatsbürger. Er kehrte zum ersten Mal nach 19 Jahren Emigration in Deutschland in die Türkei zurück, um seinen kranken Vater zu besuchen.

Gemeinsam mit dem Kölner Verein „Recherche International“, den Schriftstellern Edgar Hilsenrath, Günther Wallraff u. a. fordert medico international die sofortige Freilassung von Dogan Akhanli.

Protest-Email und Faxe an:

  • Türkisches Generalkonsulat in Köln: 02233.78 091.97 41 80; Fax : 02233.75 572; E-mail: turk.genkon.koeln@t-online.de
  • Justizministerium der Republik Türkei in Ankara: Tel. 0090.312.218.78 01; Fax: 0090.312.219.45 23; E-mail: uhdigm@adalet.gov.tr

Zur Biografie des Schriftstellers und Menschenrechtsaktivisten:

Dogan Akhanli (geb. 1957) lebt seit 1992 in Köln. Nach dem Militärputsch von 1980 in der Türkei war er zunächst im Untergrund. Von 1985 bis 1987 war er als politischer Häftling im Militärgefängnis von Istanbul inhaftiert und wurde dort gefoltert. Er floh 1991 nach Deutschland, wurde hier als politischer Flüchtling anerkannt und später von der Türkei ausgebürgert. In seinen Büchern, Aufsätzen und Interviews thematisiert er u.a. die genozidalen Gewalterfahrungen der türkischen Geschichte des 20. Jahrhunderts. Im Jahr 1998/99 erschien in türkischer Sprache seine Romantrilogie “Kayıp Denizler” (Die verschwundenen Meere). Der letzte Band, “Die Richter des jüngsten Gerichts” (Kıyamet Günü Yargıçları), beschäftigt sich mit dem Völkermord an den Armeniern von 1915. Akhanlis jüngster Roman, „Madonna’nın Son Hayali” (Der letzte Traum der Madonna) wurde 2005 im Kanat-Verlag veröffentlicht. Das Buch berichtet über den Fall “Struma”, ein Flüchtlingsschiff, das 1942 im Schwarzen Meer versenkt wurde und 769 jüdische Flüchtlinge in die Tiefe riss. Das Buch wurde von türkischen Kritikern und Schriftstellern zu den besten zehn Romanen des Jahres 2005 gerechnet. 2009 erhielt Akhanli den Literaturpreis der Zeitung "Hürriyet". Dogan Akhanli hat sich intensiv für die Aufklärung des Mordes an Hrant Dink eingesetzt und in Aufsätzen und Veranstaltungen an das menschenrechtliche Engagement des armenisch-türkischen Journalisten und Autor erinnert.

Neben seinen schriftstellerischen Tätigkeiten ist Dogan Akhanli Mitarbeiter des gemeinnützigen Vereins „Recherche International“, der sich mit der bildungsorientierten Aufarbeitung von genozidalen Gewalterfahrungen beschäftigt. Darüberhinaus arbeitet Akhanli als ehrenamtliche Führungskraft am NS-Dokumentationszentrum, ist Initiator der Raphael-Lemkin Bibliothek im Allerweltshaus Köln und in der Initiative “Kölner Appell gegen Rasismus” aktiv.

Presseerklärungen von „Recherche International“ für weitere Informationen:

Erster Verhandlungstermin gegen Dogan Akhanli am 8. Dezember 2010

Die 11. Große Strafkammer des Strafgerichts Istanbul hat nunmehr den Prozessauftakt gegen den Schriftsteller und Menschenrechtler Dogan Akhanli festgesetzt: Am 8. Dezember 2010 wird Akhanli zum ersten Mal vor Gericht und damit öffentlich zu den gegen ihn erhobenen Vorwürfen Stellung nehmen können. Drei Monate werden dann seit der Anklageerhebung verstrichen sein. Jeder dieser Tage beschert Dogan Akhanli weitere 24 Stunden unberechtigten Freiheitsentzug.

Zu den Behauptungen der Staatsanwaltschaft, er sei 1989 nicht nur an einem Raubüberfall mit Todesfolge beteiligt, sondern auch noch der Kopf einer bewaffneten Organisation gewesen, die die „verfassungsmäßige Ordnung“ hätte stürzen wollen, erklärte Akhanli über seine Anwälte:

„Mord, ganz gleich, ob er aus politischen oder anderen Motiven begangen wurde, ist ein Verbrechen, das aufgeklärt und geahndet werden muss. Dies ist nicht nur eine Pflicht gegenüber den Getöteten, sondern auch eine menschliche und gesellschaftliche Verantwortung gegenüber den Angehörigen der Opfer. Auch wenn die mir vorgeworfenen Straftaten verjährt sein sollten, will ich nicht, dass mit dieser Begründung das Verfahren gegen mich eingestellt wird. In diesem Land, in dem unaufgeklärte Morde nicht die Ausnahme, sondern den Normalfall darstellen, möchte ich gegen die Vorwürfe keinen Anspruch auf „Verjährung“ ins Feld führen. Ich will, dass die Vorwürfe gegen mich aufgeklärt werden. Dann wird das Gericht mich schließlich freisprechen müssen.“

Auch die Anklageschrift, ähnlich wie der seinerzeitige Haftbefehl, enthält nach Ansicht der Anwälte keine belastbaren Beweismittel gegen Akhanli.

Fortlaufende Informationen unter www.das-kulturforum.de.

Für Rückfragen wenden Sie sich bitte an:

  • Albrecht Kieser (Albrecht.Kieser@rjb-koeln.de) Tel. 0178/903 99 98.

 


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