Von Ina Hammel
Simbabwe war in den letzten 25 Jahren wiederholt von humanitären Katastrophen betroffen. Mit unter 40 Jahren erreichte die Lebenserwartung 2003 ihren Tiefstand, Simbabwe wird vielfach als das am stärksten von AIDS betroffene Land bezeichnet. Erst seit 2002 ging die Anzahl der Neuansteckungen zurück. Stattdessen führte die verschärfte politische und soziale Lage zwischen 2009 und 2010 zu einer hohen Anzahl an Cholera-Toten, die durchschnittliche Todesrate wurde um ein fünffaches überschritten.
Strukturelle Probleme wie Armut, eine praktisch nicht-existierende Müllabfuhr und der fehlende Zugang zu Medikamenten trugen ihren Teil bei. Trotz einer Verbesserung der Situation im Gesundheitssektor und einer deutlichen Steigerung der Lebenserwartung stand AIDS 2013 weiterhin auf Platz eins der zehn häufigsten Todesursachen; gefolgt von Grippe, Lungenentzündung, Tuberkulose.
Für das Netzwerk für Zugangsgerechtigkeit im Gesundheitswesen EQUINET (Regional Network for Equity in Health in East and Southern Africa) sind diese Verhältnisse Folge des ungleichen Zugangs zur Gesundheitsversorgung. Insbesondere Menschen, die durch strukturelle Ausgrenzung – aufgrund von ethnischer Zuordnung, Armut, Gender, Alter oder Wohnort – benachteiligt werden, leiden am stärksten unter vermeidbaren Krankheiten und fehlender Gesundheitsversorgung. Diese Benachteiligung ist jedoch nicht nur in Simbabwe ein Problem, sondern auch in den anderen 16 Ländern des südlichen und östlichen Afrika, in denen EQUINET und seine Mitgliedsorganisationen arbeiten.
Informieren, ermächtigen, Einfluss nehmen
Die Arbeit von EQUINET ist so vielfältig wie das Problem der schlechten Gesundheitsversorgung selbst. Neben der Arbeit in den lokalen Gemeinden werden die Vernetzung und der fachliche Austausch zwischen Mitglieds-Organisationen und Initiativen durch Konferenzen und Publikationen befördert, um die regionale Kooperation und gegenseitige Unterstützung zu vertiefen. Workshops und Diskussionsrunden in den Gemeinden sind Schritte zur Umsetzung einer lokalen Gesundheitsversorgung.
Rene Loewenson, Direktorin der Mitgliedsorganisation Training and Research Support Centre (TARSC) in Simbabwe und Koordinatorin von EQUINET sieht den zentralen Bestandteil dieser Arbeit darin, „Menschen über Gesundheitsangelegenheiten zu informieren und sie zu ermächtigen, für ihre Gesundheitsinteressen einzutreten. Nicht alle problematischen Bedingungen sind von der lokalen Ebene aus beeinflussbar, aber wenn es beispielsweise um Abfallentsorgung oder Umweltbelange geht, kann die Lokalbevölkerung durchaus Einfluss nehmen. Unser Anliegen ist es, die Gemeinden so zu stärken, dass sie diese Einflussmöglichkeiten auch tatsächlich wahrnehmen.“
Für strukturelle Änderungen
EQUINET versucht, eine Basisgesundheitsversorgung aufzubauen, die den negativen Folgen von demographischem Wandel, Klimawandel, Wassermangel, Ausbeutung der Bodenschätze und Mangel an lokal verfügbaren Nahrungsmitteln gewachsen ist. Hierfür sind jedoch auch strukturelle Änderungen des Gesundheitssystems notwendig. Aus diesem Grund kämpft EQUINET dafür, dass die bereits bestehende Basisgesundheitsversorgung unterstützt und weitere Strukturen aufgebaut werden.
Außerdem soll in Informationssysteme investiert werden, die eine über Gesundheitsprobleme informierte Bevölkerung mit Entscheidungskompetenzen fördern. Zentral hierbei ist das Konzept der „health literacy“, also der Ausbildung der Bevölkerung in Gesundheitsfragen und ihre Befähigung ihre gesundheitsbezogenen Rechte einzufordern.
Recht auf Gesundheit
Ein wichtiger Schritt in diese Richtung ist das in der neuen Verfassung von Simbabwe festgeschriebene „Recht auf Gesundheit“, für das EQUINET und seine Partner_innen seit Jahren gekämpft haben. Dieses legt auch den Grundstein für eine rechtliche Anerkennung von Strukturen der Basisgesundheitsversorgung, wie den Health Centre Commitees (HCC). Die in den meisten Ländern des südlichen und östlichen Afrika unter unterschiedlichen Namen bestehenden Zentren stellen eine Schnittstelle zwischen lokalen Gemeinden und den Pflegekräften bzw. den Gesundheitsstrukturen dar. Sie bieten Zugang zu und Möglichkeit der Partizipation an der Gesundheitsversorgung. Durch die Einrichtung von Unterkünften für werdende Mütter war es ihnen möglich die Müttersterblichkeit stark zu senken, oder durch das Aufbauen von Vertrauen zu Jugendlichen, diese über sexuell übertragbare Krankheiten aufzuklären. Durch Partizipationsangebote, Vermittlungs- und Informationsarbeit vor Ort schaffen sie Zugänge zu einer Gesundheitsversorgung, wo sie vorher nicht bestanden.
EQUINET und seine Partner_innen setzen sich stark für die Stärkung dieser Struktur ein und haben in Simbabwe bereits ihre rechtliche Anerkennung erstritten.
Noch immer stellt die Basisgesundheitsversorgung in Simbabwe, wie in allen Ländern des südlichen und östlichen Afrikas die grundlegende Säule des Gesundheitswesens dar. Die Bedeutung von EQUINET liegt insbesondere in der Verbindung von wissenschaftlich fundiertem Austausch, Basisarbeit und Interessensvertretung – auf lokaler, nationaler und regionaler Ebene.