Haiti bleibt insgesamt in seiner Armutsstruktur verhaftet, auch wenn in unzähligen Projekten und Maßnahmen seit dem Erdbeben im Januar 2010 für viele Menschen Verbesserungen erreicht werden konnten. So kritisieren haitianische Partner der Frankfurter Hilfs- und Menschenrechtsorganisation medico international die kontinuierliche Entmächtigung haitianischer Institutionen und Initiativen beim Wiederaufbau der durch das Erdbeben zerstörten Regionen. Pierre Esperance, Direktor des haitianischen Menschenrechtsnetzwerkes RNDDH und medico-Partner, kritisiert, dass die internationale Hilfe von einer eigenen Agenda geleitet sei und erst in zweiter Linie die Interessen der Haitianer und Haitis berücksichtige. „Vieles hilft nicht, sondern verschlechtert die Situation. Die Handlungsmöglichkeiten für die haitianische Zivilgesellschaft sind nach dem Erdbeben kleiner geworden“, so Esperance.
Angesichts der entsetzlichen Not, in der sich eine übergroße Mehrheit der Bevölkerung befindet, so Katja Maurer, Pressesprecherin von medico international, herrsche der pure Pragmatismus bei den internationalen Gebern. „Es gibt keine Konzepte, die den Weg aus der Armutsfalle weisen“, so Maurer. Haiti bleibt einzig der Standort billiger Arbeitskräfte für zollfreie Industriezonen oder für die benachbarte dominikanische Republik. Man könne den Eindruck gewinnen, als seien die internationalen Geber, insbesondere die USA, Kanada und Frankreich vor allen Dingen daran interessiert, die Fluchtbewegung aus Haiti unter Kontrolle zu halten. So berichten haitianischen Medien von fast täglichen Rückführungen hunderter von Flüchtlingen aus Nordamerika, was beschönigend „Repatriierung“ genannt wird.
Solange die Wiederaufnahme der Flüchtlinge gewährleistet ist, kann sich die haitianische Regierung unter Martelly mit ihren Verbindungen zu den Kreisen um den Ex-Diktator Duvalier vieles leisten, auch Überlegungen die Armee wieder aufzubauen. Deren Abschaffung eine der wichtigsten Errungenschaften des Demokratieprozesses in Haiti in den vergangenen 20 Jahren war. Besonders beunruhigt sind zivilgesellschaftliche Partner von medico über die Tatsache, dass der ehemalige Diktator Duvalier sich frei in Haiti bewegen kann, statt sich für seine Verbrechen vor Gericht verantworten zu müssen.
medico international unterstützt seit dem Erdbeben haitianische und haitianisch-dominikanische Partnerorganisationen im Bereich der Basis-Gesundheitsfürsorge, bei der menschenrechtlichen Arbeit und in der Aus- und Weiterbildung von haitianischen Basisorganisationen.
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- Katja Maurer, Pressesprecherin medico international: Tel. 069/9443829 oder maurer@medico.de