Jetzt ist die Zeit!

Appell für die Opfer von Halabja

01.06.2003   Lesezeit: 2 min

Vor 15 Jahren, am frühen Morgen des 16. März 1988, flogen irakische Kampfflugzeuge die kurdische Stadt Halabja im Nord-Irak an. Sie trugen eine tödliche Fracht: Kampfgas, das mit deutscher Hilfe in den Chemiefabriken des Irak hergestellt wurde. »Insektenvernichtungsmittel« – wie es offiziell hieß. Die Piloten plazierten das Gift ins Zentrum der Stadt. 5000 Männer, Frauen und Kinder starben an diesem Tag einen grauenhaften Tod im Lungenkrampf. Über 10000 Menschen wurden lebensgefährlich verletzt und leiden bis heute an den chronischen Folgen des Gaseinsatzes.

Das zerstörte Halabja, dessen von nachrückenden irakischen Truppen niedergewalzte Häuser noch heute ein Trümmerfeld darbieten, ist zum Symbol für den Vernichtungskrieg des Saddam-Regimes gegen die Kurden geworden. Im Namen der »Anfal-Operationen« des Regimes wurden insgesamt über 4500 Dörfer vernichtet, 180000 Menschen verschleppt oder ermordet.

Deutsche Unternehmen haben nachweislich zu dieser genozidalen Aktion beigetragen: sie lieferten Rohstoffe, Fertigungsanlagen und know how zur Produktion der chemischen Kampfstoffe. Die äußerst zurückhaltend formulierten Erkenntnisse einer Untersuchungskommission des Deutschen Bundestages, für die Jürgen W. Möllemann zuständig war, legen nahe, daß der damaligen Bundesregierung unter Helmut Kohl die deutsche Beteiligung bekannt war. Konsequenzen wurden daraus nie gezogen.

Bis heute wartet die kurdische Bevölkerung auf ein Zeichen aus Deutschland gegenüber den Opfern, für die es in der Vergangenheit kein Wort des Eingeständnisses, keine Gedenkstunde, keine Hilfe oder Entschädigung gab.

Nun ist endlich die Zeit zum Handeln!

Unter schwierigen Bedingungen haben die Kurdinnen & Kurden ihre Heimat im Norden des Irak wiederaufgebaut. Ein demokratisches Experiment entstand, das weit über den Irak hinaus Beachtung findet. Zur Stabilisierung ihres Gemeinwesens ist die Aufarbeitung der Vergangenheit unerläßlich. Dabei trägt gerade auch Deutschland eine hohe Verantwortung.

medico international erinnert heute an diese »Offene Wunde« im deutsch-kurdischen Verhältnis. Die Bundesregierung ist aufgefordert, der deutschen Verantwortung entsprechend tätig zu werden. Alle anderen Menschen in unserem Lande sind es auch.

medico international


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