Mehr als Reis und Wasser

medico-Partner helfen Betroffenen der Dürre in Ostafrika

27.10.2011   Lesezeit: 4 min

medico unterstützt die basismedizinischen Hilfsmaßnahmen und Nahrungsmittelverteilungen seiner kenianischen Partner aus dem People's Health Movement (PHM) Circle Kenya. Die medico-Partner konzentrieren ihre Hilfsmaßnahmen bewusst auf Siedlungen außerhalb der großen Flüchtlingslager, die bereits von der UN und anderen großen, internationalen Hilfswerken versorgt werden, denn auch die einheimische Bevölkerung im Osten Kenias ist von der Hungersnot betroffen.

Mit seinem integrierten Nothilfeprojekt will das PHM Kenya die Verteilung von Gütern zur Linderung der akuten Not mit der Bekämpfung der strukturellen Ursachen der Hungerkrise verbinden. Es sollen alternative und langfristige Lösungen gefunden werden und die Betroffenen ihrer Auseinandersetzung um das Recht auf Gesundheit und Ernährung gegenüber den kenianischen Behörden unterstützt werden. Dazu haben sich verschiedene Organisationen aus dem PHM Kenya zusammengefunden um Ressourcen und Kompetenzen zu bündeln. Den aktiven Kern bilden das African Center for Volunteers (ACV), der Kamukunji Paralegal Trust (KAPLET) und ein Kreis vom ehrenamtlichen PHM-Aktivisten.

Konkret werden in der ersten Phase folgende Maßnahmen durchgeführt:

  • Integriertes kommunales Programm für unterernährte Kinder: Geplant ist die Verteilung von Paketen mit Grundnahrungsmitteln, Wasser, Zelten und Kochutensilien. Ergänzend wird eine Mobilisierung und Sensibilisierung der Gemeinde hinsichtlich Mangelernährung bei Kindern durchgeführt.
  • Präventives Gesundheitsprogramm: Neben der Verteilung von Hygieneartikeln steht die Weiterbildung und Organisation von kommunalen Gesundheitsarbeitern im Vordergrund.
  • Partizipative Erhebung über die reale Umsetzung des Rechts auf Gesundheit in den Gemeinden Nordkenias und Veröffentlichung des Berichts.
  • Stärkung der Gemeinden ihre Gesundheitsrechte gegen über lokalen Behörden und zuständigen Ministerien einzufordern. Fortbildungen für Mitarbeiter und ehrenamtlichen PHM-Aktivisten in den Bereichen Lobby- und Kampagnenarbeit.
  • Verbesserung der langfristigen Ernährungssicherung durch Stärkung der kommunalen Organisationen, selbst Basisgesundheitsdienste und Präventionsmaßnahmen anzubieten.

Teil der Arbeit sind Advocacy-Maßnahmen, um die Behörden in der Region Garissa zu verpflichten, ihre Verantwortung zur Versorgung der von der Hungersnot betroffenen Gemeinden zu übernehmen. Aufgrund dieser Komponente konnte PHM das Projekt nicht in dem dafür vorgesehenen Distrikt Lagdera umsetzen. Als den örtlichen Regierungsmitarbeitern und Angestellten des Gesundheitsministeriums klar wurde, dass auch ihre Arbeit kritisch begutachtet wird, wurden bereits getroffene Kooperationsvereinbarungen wieder aufgekündigt. Außerdem verweigerten zwei große internationale Hilfswerke dort die Zusammenarbeit mit lokalen Organisationen. Dies führte zu Verzögerungen und einer Verlagerung des Projekts rund um Hulugho im Distrikt Ijara.

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Auch in diesem Distrikt, direkt an der Grenze zu Somalia, ist das staatliche Gesundheitswesen in keiner Weise ausreichend. Einige Gemeinden sind bis zu 240 km von der nächsten Gesundheitsstation entfernt. Bestehende Einrichtungen sind materiell wie personell äußert schlecht ausgestattet. Eine besondere Herausforderung der Projektarbeit in dieser vernachlässigten Region ist vor allem die schlechte Infrastruktur - Straßen und Kommunikationsmöglichkeiten sind jenseits der Provinzhauptstadt kaum vorhanden. Aufgrund der instabilen Sicherheitslage entlang der Grenze, Kämpfen zwischen kenianischer Armee und der somalischen Al-Shaabab-Miliz und Entführungen von ausländischen Helfern haben sich viele der internationalen Organisationen weitgehend aus dieser Gegend zurückgezogen. Dies erhöht die Anforderungen der lokalen Gemeinden gegenüber den medico-Partnern.

Rechte statt Mitleid

Als Mitgliedsorganisation des People's Health Movement setzt sich medico international gemeinsam mit seinen kenianischen Partnern in dieser weltweiten Gesundheitsbewegung für das Menschenrecht auf Gesundheit ein. Dazu gehört auch die politische Auseinandersetzung mit der Frage, worin die Ursachen solcher Hungerkatastrophen liegen und wie sie beseitigt werden können. Der mehrmalige Ausfall von Regenzeiten hat Bauern und Viehzüchter ihrer Lebensgrundlage beraubt. Es ist jedoch nicht allein die Trockenheit, die zur Hungersnot geführt hat. Finanzspekulationen auf Getreide, Militärinterventionen im Eigeninteresse des Westens, Machtzuwachs brutaler Bandenchefs durch den Bürgerkrieg in Somalia, und nicht zuletzt der Klimawandel, der die Ärmsten am härtesten trifft, haben aus der Dürre eine Hungerkatastrophe diesen Ausmaßes gemacht. medico initiierte deshalb gemeinsam mit afrikanischen und europäischen Schriftstellern den Aufruf "Rechte statt Mitleid für Ostafrika" für solidarisches Handeln und strukturelle Veränderungen. Damit soll ein Ausgangspunkt für Debatten und politische Maßnahmen zur zukünftigen Verhinderung von Hunger gesetzt werden.

Planungen

Da sich bereits abgezeichnet hat, dass der Bedarf an Nahrungsergänzungsmitteln, wie Mais, Soja und Erdnusspaste (angereichert mit Zucker und Milch, Vitaminen und Mineralien) und Gesundheitsdienstleitungen sehr hoch ist, wird eine Erhöhung des Volumens im bestehenden Projekt geprüft. Zur Versorgung der Nomaden in abgelegenen Gebieten könnte eine mobile Klinik notwendig werden. medico diskutiert außerdem mit weiteren kenianischen Gesundheitsnetzwerken, ob eine sinnvolle Ausweitung der Hilfe möglich ist.

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