Abschiebungen, Unrat und stinkendes Wasser

Lokaltermin im Frontex-Lager

01.08.2011   Lesezeit: 3 min

In der mauretanischen Hafenstadt Nouadhibou wurde im Jahr 2006 eine ehemalige Schule in ein Internierungslager für verhaftete MigrantInnen verwandelt. Kurz nachdem die spanischen Behörden im Einvernehmen mit der mauretanischen Regierung das Lager eingerichtet hatten, wurde das Lager von der Bevölkerung sarkastisch "Guantanamito" genannt. In dem ehemaligen Schulgebäude etwas außerhalb der Stadt, an der Grenze zur Westsahara, werden all jene Bootsflüchtlinge interniert, die versucht haben, über die in Luftlinie etwa 800 Kilometer nördlich gelegenen Kanarischen Inseln nach Spanien zu gelangen. Im März 2011 besuchte der mauretanische medico-Partner AMDH (Association Mauritanienne des Droits de l’Homme) diesen Außenposten des europäischen Grenzregimes.

Im Rahmen der vom europäisch-afrikanischen Netzwerk Migreurop organisierten Kampagne "Mitspracherecht bei den Verwahranstalten für Ausländer" hat die AMDH-Gruppe von Nouadhibou in den Nachmittagsstunden des 16.03.11 das Abschiebezentrum der Stadt besucht, um sich ein Bild der Zustände im Zentrum zu verschaffen und um mit Migranten und Mitarbeitern der Einrichtung Gespräche zu führen.

Als wir eintrafen, öffneten Wachleute der Polizei, die von ihren Vorgesetzten über unser Kommen informiert worden waren, für uns den Raum, in dem 11 Personen eingeschlossen waren. Die Größe des Raums entsprach einem Klassenzimmer der Grundschule, die 2006 in dieses Abschiebezentrum umgewandelt worden war.

Auf dem Boden des Raums stand das Wasser, und Unrat und unzureichende Lüftung sorgten für eine unangenehme Stickigkeit.

Ich wies die Sicherheitsbeamten darauf hin, dass die Unterhaltung mit den Häftlingen vertraulich sein müsse, diese antworteten jedoch, dass ihnen befohlen worden sei, den Gesprächen beizuwohnen, um ihrem Vorgesetzten darüber berichten zu können.

Nichtsdestoweniger entschloss ich mich, meinen Besuch fortzusetzen, um möglichst viele Informationen als Grundlage für einen Bericht sammeln zu können.

Die unterschiedlichen Gespräche ergaben, dass die 20-35jährigen Migranten alle – bis auf einen Kameruner – aus Westafrika stammten, nämlich aus Senegal, Guinea und Gambia. Gemäß ihren Aussagen waren sie an der Polizeistation nahe Nouadhibou wegen illegalen Grenzübertritts mit gefälschten Papieren bzw. mit Pässen ohne gültiges Visum festgesetzt worden. Einige unter ihnen sind seit mindestens zwei Wochen in Haft und wurden in den Räumen der Polizei festgehalten, bevor man in sie das Zentrum – die letzte Station vor der Abschiebung – überführte.

Sie gaben an, im Zentrum von den Beamten anständig behandelt und vom Roten Kreuz ordnungsgemäß betreut und mit Nahrung versorgt worden zu sein.

Noch vor Beendigung der Interviews traf der Polizeibus ein, der sie zwecks Abschiebung nach Senegal nach Nouakchott befördern sollte. Ich konnte bei einigen beim Einsteigen beobachten, dass sie froh waren, diese Endstation ihres Leidenswegs verlassen zu können – ein Hinweis auf die Qualen und Angstzustände, die sie während der Verwahrung verspürt haben mussten.

Bei den Senegalesen, die allerdings keine Ausweispapiere haben, handelt es sich um Fischer, die immer wieder mit ihren Booten über das Meer nach Nouadhibou fahren. Dieses Mal entschieden sie sich aufgrund der Windverhältnisse für den Landweg. Der Kapitän ihrer Piroge habe sich bei der Polizei für sie verbürgt. Unter diesen Umständen hätten die Behörden sie ihrer Arbeit nachgehen lassen können, während sie ihren Status legalisieren, vor allem in Anbetracht der Tatsache, dass zwischen den beiden Staaten, wie auch im Grenzverkehr mit Gambia, keine Visapflicht herrscht.

Diese Abschiebung ist ein Zeichen für die in den letzten Jahren zu beobachtende Verschärfung des mauretanischen Umgangs mit der Zuwanderung.

Amadou M’Bow (Generalsekretär der AMDH)


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