Selbsthilfe & Solidarität

Erdbebenhilfe in Nepal

07.05.2015   Lesezeit: 4 min

Schutz vor dem Monsun ist am dringlichsten und eine starke Zivilgesellschaft die Vorraussetzung für einen gerechten und selbstbestimmten Wiederaufbau in Nepal.

Rund einen Monat nach dem Erdbeben in Nepal hat sich die Lage weitgehend stabilisiert. Die Einwohnerinnen von Kathmandu schlafen wieder in ihren Häusern, soweit die Risse im Mauerwerk nicht die tragende Konstruktion beeinträchtigen. Das Leben auf der Straße und den Märkten kehrt zurück.

Auch wenn das schlimmste überstanden scheint, steht mit dem nahenden Monsun die große Bewährungsprobe noch aus. Gerade in den Dörfern rund um das Epizentrum sind die meisten Häuser eingestürzt. Die in der Zwischenzeit flächendeckend verteilten Plastikplanen werden dem wochenlangen Regen nicht standhalten können.

Wellblech als Schutz gegen den Monsun

Der nepalesische medico-Partner NEDS (Nepal Development Society) versucht deshalb, die verbleibenden Wochen bis zur Regenzeit zu nutzen, um möglichst viele Wellbleche in die entlegenen Dörfer zu bringen – solange sie vor dem einsetzenden Regen und neuen Erdrutschen noch erreichbar sind. Mit dem gelieferten Baumaterial und dem vor Ort vorhanden Bambus können sich die Betroffenen Notunterkünfte bauen. Ab August kann dann mit einem nachhaltigen und langfristigen Wiederaufbau begonnen werden.

In den Kliniken des medico-Partners Public Health Concern Trust (PHECT) hat sich die Situation mittlerweile entspannt. medico hatte umgehend nach dem Beben Mittel für die Einrichtung eines weiteren Operationssaals bereitgestellt. In den Kliniken wird nun die Nachsorge der Verletzten sichergestellt und PatientInnen versorgt, die in der unmittelbaren Katastrophensituation nur mit Notoperationen behandelt werden konnten.

Trotz zurückgehender PatientInnenzahlen sind die unteren Stockwerke teilweise noch überfüllt. Die Angst in den Köpfen sitzt noch tief. Die Nachbeben verunsichern weiter. Viele Menschen ziehen deshalb immer noch ein Bett im Flur des Erdgeschosses einem Zimmer in den oberen Stockwerken vor.

Nicht Erdbeben töten Menschen, sondern Häuser

Das Beben hat die gesellschaftlichen Ursachen der Katastrophe – Armut und soziale Ungleichheit  - in erschreckender Art und Weise offen gelegt. Vollkommen zerstörte Häuser und Bauten ohne jeden Riss im Mauerwerk stehen mitunter direkt nebeneinander. Betroffen sind in erster Linie diejenigen, meist arme Bauern, die sich Zement, Stahlbeton oder gar erdbebensicheres Bauen nicht leisten können. Zwar reicht die die Subsistenzlandwirtschaft zum Überleben, doch ihre Häuser bestehen oft nur aus Steinmauern, die mit Lehm notdürftig verputzt sind. Den Naturgewalten haben diese Unterkünfte nur wenig entgegenzusetzen.

Für die weitere Arbeit wird es deshalb für medico und seine Partnerorganisationen in Nepal eine große Herausforderung sein, einen Wiederaufbau zu ermöglichen, der dem Wunsch nach Gerechtigkeit und selbstbestimmter Entwicklung gerecht wird und allen Nepalis dient – nicht nur den privilegierten Kasten und Partikularinteressen.

Erschwert wird dies durch den Mangel an demokratisch legitimierten Strukturen jenseits der Hauptstadt. Durch den seit Jahren blockierten politischen Prozess fehlt es nicht nur an einer Verfassung, sondern konnten auch seit 1997 (also noch vor Abschaffung der Hindu-Monarchie) keine Kommunalwahlen mehr durchgeführt werden. Verteilungen von Hilfsgütern oder die Prioritätensetzung für den Wiederaufbau werden so von ernannten Bürokraten oder den Parteien untereinander ausgehandelten Gremien verantwortet. Marginalisierte, wie z.B. die Angehörigen (der nur formal abgeschafften) unberührbaren Kasten, sind so von gesellschaftlichen Entscheidungsprozessen oder dem Zugang zu Hilfe benachteiligt.

Nepal darf kein nächstes Haiti werden

Dies dürfe aber keinesfalls zu führen, dass UN und internationale NGOs eigene Parallelstrukturen aufbauen – da sind sich alle medico-Partner einig: „Wir wollen nicht das nächste Haiti werden!“ Dort hatte die internationale Hilfe lokale Institutionen und die Regierung weitestgehend ignoriert.

Am Ende blieben die haitianischen Strukturen geschwächt zurück. Aufgrund dieser Erfahrung unterstützen die medico-Partner die sogenannte „One-Door-Policy“ der nepalesischen Regierung. Damit soll gewährleistet werden, dass die zurzeit einzige demokratisch legitimierte Instanz auch über den Wiederaufbauprozess bestimmen kann.

Eines fordern sie jedoch vehement ein: Der Wiederaufbauprozess müsse transparent ablaufen und die Regierung auch zur Rechenschaft gezogen werden können. Voraussetzung dafür ist eine starke Zivilgesellschaft. Keinesfalls dürfen die nötigen Anstrengungen nach dem Erdbeben als Ausrede für die Verschleppung des weiteren Demokratisierungsprozesses dienen.

medico international unterstützt seine nepalesischen Partnerorganisationen nach der akuten Nothilfe auch in der zivilgesellschaftlichen Auseinandersetzung für einen solidarischen Wiederaufbau und die Rechte der Marginalisierten.

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