(Frankfurt / Main) Die Hilfsorganisation medico international warnt vor einer unkontrollierten Verbreitung von Covid-19 im überfüllten Flüchtlingslager Moria auf Lesbos und fordert die Evakuierung besonders gefährdeter Menschen.
Heute Morgen wurde der erste Covid-19-Fall im überfüllten Flüchtlingslager Moria auf Lesbos bestätigt. Ein 40jähriger Somali ist infiziert, der aus Athen, wo viele Flüchtlinge auf der Straße leben müssen, zurück auf die Insel gekommen ist. Noch ist unklar, ob er weitere Menschen angesteckt hat.
„Mit über 100 Fällen unter den Einwohnerinnen und Einwohnern der Insel und einer begrenzten Anzahl von Intensivbetten ist die lokale Gesundheitsinfrastruktur bereits jetzt an der Belastungsgrenze“, erklärt Ramona Lenz, Referentin für Flucht und Migration bei medico international. „Sollte sich das Virus auf der Insel weiter ausbreiten, kann eine angemessene medizinische Versorgung der Betroffenen nicht mehr sichergestellt werden.“
Angesichts der Tatenlosigkeit der Behörden hat bereits im März das von medico international unterstützte Moria Corona Awareness Team, eine Selbstorganisation von Geflüchteten, die Corona-Prävention in Moria selbst in die Hand genommen. Das Team klärt die Menschen im Lager über das Virus auf und informiert, wie man sich und andere schützen kann. Außerdem sorgen die Freiwilligen für Müllentsorgung, frisches Wasser und verteilen Masken. Lange Zeit konnten sie einem Ausbruch des Virus entgegenwirken. Da sich jedoch nichts an den desolaten Lebensbedingungen im Lager geändert hat, blieb ihnen nur die wiederholte Warnung vor den gravierenden Folgen einer Verbreitung des Corona-Virus im Lager.
„Wir haben hart gearbeitet, um Corona aus dem Lager rauszuhalten“, sagt Michalis Avialotis, Geschäftsführer der medico-Partnerorganisation Stand by me Lesvos. „Jetzt müssen wir doppelt so hart arbeiten, um die Ausbreitung zu verhindern und die Menschen zu schützen. Ich bin nicht sicher, ob wir das noch einmal schaffen.“
Dass Covid-19 jetzt Moria erreicht hat, kann für niemanden eine Überraschung sein. „Monatelang wurden die Warnungen von Selbstorganisationen, medizinischem Personal und Hilfsorganisationen vor Ort in den Wind geschlagen“, meint Ramona Lenz. „Wenn sich nun weitere Menschen anstecken oder schon angesteckt haben und nicht angemessen versorgt werden, ist das eine Katastrophe, die vermeidbar gewesen wäre.“
Gemeinsam mit dem Moria Corona Awareness Team fordert medico international die sofortige Evakuierung von Alten, Kranken und Verwundeten aus dem Lager sowie die Verbesserung der Infrastruktur in Moria, so dass sich alle, die vorerst dort bleiben müssen, vor dem Virus schützen können. Langfristig müssen derartige Massenunterkünfte, die die grundlegenden Rechte der Menschen verletzen, aufgelöst werden.
Für Interviews und Rückfragen:
Dr. Ramona Lenz, Referentin Flucht und Migration (medico International)
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