Acht Millionen Palästinenser leben verstreut auf der Erde. Manche im Gazastreifen: 800.000. Andere in der Diaspora – allein 250.000 in den USA und Kanada, 370.000 im Libanon, 380.000 in Syrien, 300.000 in Saudi-Arabien, 1,5 Millionen in Jordanien. 300.000 wurden aus Kuwait nach dem 2. Golfkrieg expatriiert. Der Rest harrt woanders aus, den Blick gerichtet auf das unerreichbare Palästina. Während für Arafats Autonomiegebiet – in Wahrheit ein nach israelischen Sicherheitsvorgaben kartographierter Flickenteppich, der nicht wenige internationale Beobachter an die Homelands des alten Südafrika erinnert – Hilfsprogramme zumindest aufgelegt werden, reduzieren die internationalen Hilfswerke ihre Leistungen für die Flüchtlinge in den Camps der Nachbarstaaten drastisch. Der Friedensprozeß will die Flüchtlinge nicht anerkennen.
Projektarbeit in der palästinensischen Community des Libanon
Die Arbeit von medico im Libanon begann 1982 mit Nothilfe im Bürgerkrieg nach dem großen israelischen Angriff »Operation Frieden für Galiläa«. Heute kooperieren wir mit PARD, (Popular Aid for Relief and Development). Deren Schwerpunkte: Gesundheitsdienste für Alle und Hygieneprojekte, die eine präventive und medizinische Basisversorgung sicherstellen. PARD arbeitet außerhalb Beiruts. Und in den Landarbeitersiedlungen der Tagelöhner des Südens, wo die Habenichtse unter den Flüchtlinge leben. »Medizin« heißt hier: Organisation der Müllabfuhr für Lager und Dörfer, bessere Wasserqualität und Hygiene, Aufklärung über die häufigen »Flüchtlingskrankheiten« unter den Bedingungen des permanenten Lagers: Durchfall, Atemwegserkrankungen und Verbrennungen. Ein Minibus als mobile Klinik, zwei Mutter-Kind-Zentren in Beirut und Saida sowie ein Schuldienst für Kinder armer Menschen, definieren »Gesundheit« als etwas, daß mehr umfaßt als die Abwesenheit offensichtlicher Krankheiten.
ARCPA (Arab Resource Center for Popular Arts): Das 1990 gegründete Zentrum begreift die eigene Arbeit als »kulturellen Widerstand«. Ein breit angelegtes Forschungsprojekt befaßt sich mit den verschiedenen Ausdrücken der palästinensischen Kultur unter den Bedingungen des Lagers. Tänze, Lieder, Musik und alte Techniken des Kunsthandwerkes werden erfaßt, ihre momentane Verbreitung untersucht. So soll ein kollektives Gedächtnis der eigenen Kultur gesichert und wieder hergestellt werden. Die Erkenntnisse fließen durch Lehrer und Sozialarbeiter in die Jugendarbeit ein und dienen nicht zuletzt der Möglichkeit zukünftige materielle Einkommen zu schaffen. Als »young journalists« porträtieren die Jugendlichen mit Zeichnungen, eigenen Texten, Video- und Fotoreportagen ihren Lebensalltag im Lager. Eng damit verbunden sind die »young filmakers«. In Zusammenarbeit mit der bekannten Filmemacherin Mai Masri (»Children of Shatila«) werden Kurzfilme produziert. ARCPA ist aber auch ein gutes Beispiel für die Internationalität der Palästinenser im Libanon. Darüber hinaus versucht ARCPA in Sommercamps die Ressentiments zwischen palästinensischen und libanesischen Jugendlichen abzubauen und setzt damit auch ein säkulares Gegengewicht zu den konservativ-islamistischen Strömungen in den Flüchtlingscamps.
medico förderte PARD und ARCPA 1999 mit 100 000 DM. Dies wollen wir auch zukünftig fortsetzen. Unterstützen Sie mit uns diejenigen der Palästinenser, deren Anliegen und Bedürfnisse in den Verträgen von Oslo schlichtweg storniert wurden. Spenden Sie unter dem Stichwort: »Libanon«