medico international Schweiz hat nach der Flutkatastrophe in Südmexiko von Anfang November rasch die ersten Spenden für die betroffene Bevölkerung im Norden von Chiapas übergeben. Dank den SpenderInnen und dem medico-Nothilfefonds konnten bereits CHF 5000.- an die Partnerorganisation SADEC (Salud y Desarrollo Comunitario) überwiesen werden. SADEC finanziert damit die Kosten, die durch ihre spontanen Hilfeleistungen in den ersten Tagen in Tabasco entstanden sind, sowie die weitere medizinische Unterstützung im Norden von Chiapas. Sie werden dort die medizinische Nothilfe noch bis Ende November fortführen.
Zudem übergab medico international der zapatistischen "Junta de Buen Gobierno", dem "Rat der Guten Regierung" in Roberto Barrrios, eine Spende in der Höhe von 15'000 mex. Pesos (CHF 1700.-). Dieses Zeichen der Solidarität an die vom Unwetter betroffenen zapatistischen Gemeinden dankte der autonome indigene Rat mit dem abgebildeten Brief.
medico schließt damit diesen Spendenaufruf ab und dankt allen SpenderInnen herzlich für Ihre Unterstützung. Unsere Schweizer Schwesterorganisation wird in Chiapas mit kontinuierlichen Gesundheitsprojekten weiterhin präsent sein und diese Arbeit ab 2008 verstärken.
Ursache der Katastrophe sind Korruption und Umweltzerstörung
Palenque im Norden von Chiapas liegt zwei Autostunden von Villahermosa, der Hauptstadt des Bundesstaates Tabasco entfernt. In Palenque ist unsere Partnerorganisation SADEC (Salud y Desarrollo Comunitario) beheimatet, die in indigenen Gemeinden zum Thema Basisgesundheit arbeitet. Dr. Joel Heredia von SADEC und ein kleines Team von ÄrztInnen, die aus der Hauptstadt von den Partneruniversitäten von SADEC als Freiwillige ihren Dienst taten, sind in den letzten Tagen in Tabasco gewesen und haben dort in einer der Herbergen 1.800 Leute betreut.
Nach Einschätzung von Joel Heredia ist die Lage in Tabasco zwar sehr dramatisch, aber durch die großangelegte Hilfeleistung (Privatspenden, Regierungsstellen und internationale Hilfe) kann die größte Not gelindert werden.
Allerdings wird es noch Monate dauern, bis das Wasser abgelaufen und Schäden an Häusern und Infrastruktur behoben sein werden.
Weniger bekannt war, dass auch Chiapas, insbesondere der Norden, also die Region um Palenque, stark von den Unwettern betroffen ist. Erst als das abgelegene Dorf San Juan Grijalva von einem Erdrutsch praktisch ausradiert wurde, richtete sich die Aufmerksamkeit auf die rund 100.000 Menschen in Chiapas, die von den schlimmsten Überschwemmungen seit einem halben Jahrhundert betroffen sind. Auch einige andere Gemeinden sind durch das Abrutschen instabiler Hänge bedroht, die Bevölkerung weigert sich aber häufig, ihr Hab und Gut zurückzulassen und einen sicheren Ort aufzusuchen.
Diese kleinen Gemeinden in Nord-Chiapas, in denen auch zapatistische Familien wohnen, erhalten von den Regierungsinstitutionen, wie dem Gesundheitsministerium und der internationalen Öffentlichkeit, kaum Aufmerksamkeit und Unterstützung. Das kleine Team von SADEC wird sich deshalb in den nächsten Tagen und Wochen auf medizinische Hilfe in dieser Zone konzentrieren. Zwei Vertreterinnen von medico international schweiz sind für die Salud-mental-Kampagne ebenfalls gerade vor Ort und klären die weiteren Schritte mit dem Caracol der Zapatistas und mit SADEC ab.
Hintergrund Tabasco: Die Regierungsgelder versickern, das Wasser steigt
Gründe für die Flutkatastrophe gibt es viele, klimatische aber insbesondere auch politische. Tabasco wurde in den letzten Jahren von den Gouverneuren Roberto Madrazo und Manuel Andrade Díaz (2000-2006) regiert, beide PRI. Madrazo war Präsidentschaftskandidat der PRI in 2006 und wird zum Flügel der alten "PRInosaurier" gerechnet, die Mexiko während Jahrzehnten regierten. Die Unkultur der Korruption und der rücksichtslosen Ausbeutung von Mensch und Natur feiert hier Urständ. Gigantische Mangrovenwälder entlang der Flüsse wurden abgeholzt, um rentable Immobilien bauen zu können.
Millionen und Milliarden flossen von der Zentralregierung nach Tabasco – allein 4 Milliarden Sfr. seit Jahresbeginn, verwaltet vom aktuellen Gouverneur, Andrés Granier Melo, ebenfalls PRI. Gelder zur Stützung des erdölreichen aber verarmten Bundesstaates, Gelder nicht zuletzt für den Hochwasserschutz. Doch sie versickerten in simulierten Entwicklungsaktivitäten, das heisst in den Kanälen der Korruption. Die mexikanische Presse spricht nun von der Tragödie der Korruption. Und die Ex-Gouverneure vermeiden es tunlichst, sich in Tabasco zu zeigen.