Libanon

Solidarität in der Dauerkrise

05.08.2020   Lesezeit: 4 min

Jetzt spenden und die libanesische Zivilgesellschaft unterstützen!

Ein Jahr nach der Explosion Hafen Beiruts kann von Wiederaufbau keine Rede sein. Im Gegenteil: Die Krise ist im Libanon zum Dauerzustand geworden. Das Land liegt in Trümmern und es fehlt überall an allem.

Die libanesische Währung hat in den letzten Jahren 90% ihres Wertes verloren. Über 60% der Menschen leben mittlerweile in Armut. Es herrscht Mangel an allem, es fehlt sogar an Strom für Krankenhäuser und an Medikamenten, selbst für chronisch Kranke. Die Weltbank erklärte die Situation im Libanon kürzlich zu einer der weltweit 10 schwersten ökonomischen Krisen seit Mitte des 19. Jahrhunderts. Seit fast einem Jahr gibt es keine Regierung, weil die herrschenden Eliten und ihre klientelistischen Interessen den politischen Prozess blockieren.

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In dieser tiefen und umfassenden Krise sind Spendengelder und Hilfsaktionen nur ein Tropfen auf den heißen Stein, wenn sie nicht auch im Horizont politischer Veränderung stattfinden. Die medico-Partnerorganisationen vor Ort versuchen diesen Spagat. Trotz der humanitären Notlage halten sie an der Perspektive eines anderen Libanon fest. Sie leisten nicht nur humanitäre Hilfe, sondern kämpfen für Aufklärung und Gerechtigkeit nach der Explosion, für eine freie und kritische Öffentlichkeit, für die Menschenrechte von Flüchtlingen und für Demokratie und Frieden.

Spendenaufruf

medicos Partnerorganisationen streiten gemeinsam mit der libanesischen Zivilgesellschaft für politische Veränderung und Solidarität. Sie leisten die Unterstützung, die die Regierung nicht bietet. Es kommt jetzt und in Zukunft auf sie an. Es geht um Hilfe in der Katastrophe und um Unterstützung bei einem Systemwechsel, der schon begonnen hat und dringender ist denn je.

Mit einer Spende unterstützen Sie die medico-Partner bei ihrer politischen Arbeit und akuten Nothilfe-Maßnahmen.

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Die medico-Partnerorganisationen im Überblick

Public Works

medicos neuer Partner Public Works vernetzt Aktivist*innen, Urbanist*innen und Stadtplaner*innen. Das Kollektiv versucht, die Vernetzung von Nachbarschaftskomitees und Aktivist*innen zu koordinieren. Nach den Explosionen vom 4. August begann Public Works direkt mit der Arbeit in den besonders betroffenen Stadtvierteln  Lokale Komitees und Bewohner*innen werden unterstützt. Von Vorteil ist dabei, dass das Netzwerk bereits seit Jahren in jenen Vierteln gearbeitet hat. In gewisser Weise setzt Public Works diese Arbeit nun unter viel intensiveren Bedingungen fort. Public Works hat kürzlich ein "Handbuch des Wiederaufbaus" veröffentlicht, das gemeinsam mit den Nachbarschaftskomitees erarbeitet wurde. medico unterstütz Public Works außerdem bei der Gründung eines Anwohner*innen-Vereins

Anti-Racism Movement

Die feministische medico-Partnerorganisation Anti-Racism Movement (ARM) steht migrantischen Arbeiterinnen im Libanon zur Seite. Schätzungsweise 300.000 „Migrant Domestic Workers“ aus Asien und Afrika leben und arbeiten im Libanon, vorwiegend aus Äthiopien, den Philippinen, Sri Lanka, Nepal oder Sudan. Die Arbeiterinnen werden von Recruitment-Agenturen und der libanesischen Regierung angeworben und sind von nationalen Arbeitsgesetzen ebenso ausgeschlossen wie von internationalen Schutzregeln. Stattdessen unterliegen sie dem Kafala-System: Mit der Anwerbung treten die Arbeiterinnen ihre Rechte an den Hausherren bzw. die Arbeitgeberin ab. In der Corona-Pandemie haben viele ihre Anstellung in den Häusern der libanesischen Mittelschicht verloren: ARM unterstützt mit Überlebenshilfen, mit Rechtsberatung und anwaltlichem Beistand. Mit der Unterstützung von medico leistet die Organisation außerdem Nothilfe für Migrant*innen in den zerstörten Vierteln am Hafen Beiruts.

Amel Association

Gegründet in der Zeit des libanesischen Bürgerkriegs, verfolgt die Organisation Amel das Prinzip „Gesundheit für alle“ – unabhängig von Religion, Pass oder Einkommen. Die staatliche Gesundheitsversorgung war im Libanon schon vor der Krise absolut unzureichend und befindet sich derzeit am Rande des Kollaps. Im ganzen Land betreibt Amel Gesundheitszentren und  mobile Kliniken für alle Bedürftigen, seien es Libanes*innen oder Flüchtlinge. Im Osten des Landes, in der Bekaa-Ebene leben hunderttausende Syrer*innen in informellen Siedlungen und werden von Amel versorgt. medico unterstützt Amel beim Betrieb der mobilen Kliniken und der Gesundheitszentren in Beiruts Innenstadt.

The Public Source

Seit dem Oktoberaufstand 2019 arbeitet das Medienprojekt The Public Source an der investigativen Offenlegung relevanter Informationen aus dem politischen Betrieb des Landes bemüht. Auch ind er Krise sorgen die Aktivist*innen für eine kritische Berichterstattung, sind bei Demonstrationen und Protesten dabei, die sich gegen das Versagen von Regierung und Behörden wenden und einen demokratischen Neuanfang fordern. Zum Jahrestag der Explosion hat The Public Source gemeinsam mit medico drei Reports veröffentlicht, die gemeinsam mit den Partnerorganisationen Anti-Racism Movement und Public Source erarbeitet wurden.

Nashet

Entstanden aus politisch aktiven palästinensischen Student_innengruppen, setzt Nashet sich für die Stärkung palästinensischer Jugendlicher im Ein El-Hilweh Flüchtlingscamp im Süden des Libanon ein.  Außerdem hat Nashet eine Frauenkooperative gegründet. Die Kooperative hat im Flüchtlingslager mit dem Bau von Dachgärten begonnen, um Frauen und Familien eine Perspektive jenseits des jahrzehntelangen Stillstands zu geben. medico unterstützt das Projekt seit Jahren.


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