Im Mai 2024 wurde die Reform des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems (GEAS) durch den Europäischen Pakt für Migration und Asyl auf EU-Ebene beschlossen. Bis 2026 muss diese Reform auch in deutsches Recht überführt werden. Das Bundesinnenministerium (BMI) präsentiert die GEAS-Reform in seinem „Faktencheck“ als „nie zuvor erreichte[n] Kompromiss, der zeigt, dass Europa gemeinsam handlungsfähig ist“. Dabei stützt sich das Ministerium auf irreführende und verkürzte Behauptungen, um gegen die Kritik an der GEAS-Reform zu argumentieren.
Als ein Zusammenschluss von Expert:innen der Migrations- und Grenzregime-Forschung, der Rassismusforschung, des Asyl- und Aufenthaltsrechts und Mitarbeiter:innen von Menschenrechtsorganisationen widerlegen wir die Behauptungen des Innenministeriums: Unser eigener Faktencheck zeigt in detaillierter Auseinandersetzung mit der Veröffentlichung des BMI und der Rechtslage, warum die GEAS-Reform eine Aushöhlung des Asylrechts vorantreibt.
Wir erklären die verheerenden Auswirkungen von Konzepten wie „sicherer Drittstaat“, „beschleunigtes Grenzverfahren“, „Screening“ und „Fiktion der Nicht-Einreise“. Wir zeigen auf, dass bereits jetzt Menschen- und Asylrechtsverletzungen an den EU-Außengrenzen stattfinden, die sich infolge der GEAS-Reform weiter verstetigen und verschärfen werden.
In 16 Thesen legen wir dar, welche Risiken die GEAS-Reform birgt. Wir halten es für irreführend, die GEAS-Reform als Paradigmenwechsel zu bezeichnen, um ein „Europa der offenen Grenzen“, wie es auf der Homepage des Innenministeriums heißt, zu ermöglichen. Viel eher sehen wir in der Einführung der GEAS-Reform die Legitimierung von im letzten Jahrzehnt etablierten rechtswidrigen Praktiken: unzureichende Aufnahmebedingungen für Schutzsuchende, die Verunmöglichung eines effektiven Flüchtlingsschutzes und die Aushöhlung von Menschenrechten.
Deswegen fordern wir, die komplexen Auswirkungen der Reform auf einen effektiven Menschenrechtsschutz und Flüchtlingsschutz zu berücksichtigen. Ein erster Schritt besteht für uns darin, die verkürzten und irrführenden Behauptungen der deutschen Bundesregierung zu widerlegen.
