Wir klagen nicht über Menschenrechtsverletzungen

Wir klagen gegen ihre Verursacher.

14.04.2015   Lesezeit: 2 min

Damit Textilunternehmen Verantwortung für die Arbeitsbedingungen in ihren Produktionsstätten übernehmen.

Länder wie Pakistan und Bangladesch sind extrem abhängig von den Exportmöglichkeiten in der Bekleidungsindustrie. Die Freihandelsrechte der großen Textilunternehmen sind juristisch besser abgesichert als die Menschenrechte bei der Arbeit oder Sozialstandards.

Es fehlen internationale juristische Regeln, die die Rechte der Arbeiterinnen und Arbeiter schützen und die großen Unternehmen haftbar machen. Die deutsche Politik weigert sich bislang, verbindliche Standards und Regeln zu setzen – sie schützt vor allem die Interessen der Wirtschaft. Auch deshalb sind Textilunternehmen, an deren Waren Blut klebt, bisher juristisch zu keinen Zahlungen verpflichtet.

Bis heute versuchen sich die verantwortlichen Textilunternehmen mit freiwilligen Zahlungen von ihrer Verantwortung freizukaufen. Es gelingt viel zu selten durch langwierigen öffentlichen Druck  Entschädigungszahlungen durchzusetzen und sie sind viel zu gering. In dieser Logik werden die Opfer der Katastrophen zu Bittstellern und die Täter zu gütigen Gönnern.

Gemeinsam mit dem European Center for Constitutional and Human Rights (ECCHR) unterstützt medico die Opfer bei der Durchsetzung ihrer Rechte im juristischen Kampf gegen die verantwortlichen Unternehmen, auch in Deutschland gegen den Textildiscounter KiK.

Denn KiK hatte sich verrechnet. Sie hatten sie geglaubt, sie kommen mit Minimalzahlungen davon, wenn sie die Verhandlungen um Entschädigungen nur lang genug verschleppen und könnten die unorganisierten Angehörigen und Überlebenden des Fabrikbrandes  bei Ali Enterprises in Karatschi (Pakistan) dann mit Almosen abspeisen.

Das Muster ist bekannt: In Bangladesch dauerte es ein Jahr bis Unternehmen nach anhaltendem öffentlichem Druck damit begannen, in einen freiwilligen Entschädigungsfonds einzuzahlen. Viele Überlebende werden hier für den Rest ihres Lebens unter den Verletzungen leiden und kaum in der Lage sein, ihre eigene Existenz oder gar die ihrer Familien zu sichern. Textilunternehmen wie KiK spekulieren darauf, dass die Unglücke schnell in Vergessenheit geraten und die Textilarbeiterinnen und Textilarbeiter nicht die Kraft haben, sich gegen die Textilmultis zu wehren.

Das ist untragbar, doch kam es anders: Die Familien in Pakistan haben sich zusammengeschlossen und trotz aller Widrigkeiten am 13. März 2015 gegen KiK in Deutschland eine Schmerzensgeld-Klage eingereicht. Vier Kläger fordern nun vor Gericht, stellvertretend für die ganze Gruppe, Gerechtigkeit ein. Der Ausgang des Prozesses ist ungewiss, doch es wäre ein Präzedenzfall mit weitreichenden Folgen und ein Meilenstein auf dem Weg zu einem deutlich verschärften Haftungsrecht, das deutsche Unternehmen auch im Ausland auf Arbeitssicherheit und Anerkennung des Arbeitsrechts verpflichtet.

Unterstützen Sie die Opfer bei der Durchsetzung ihrer Rechte!

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