Als die Berliner Psychologin und langjährige medico-Mitarbeiterin Karin Mlodoch im Abschlusspanel des Stiftungssymposiums von den Überlebensstrategien der kurdischen Anfal-Witwen und ihrer Selbstbehauptung berichtete, machte sie mit ihrem Vortrag deutlich, worum es auf dieser Konferenz ging. Darum nämlich, eine Haltung und eine Sprache zu entwickeln, die Solidarität, Empathie und Parteilichkeit für die Gewaltopfer, Ausgegrenzten und Marginalisierten in den Mittelpunkt der eigenen Arbeit stellt. Das Ringen darum, um Verstehen und Analyse, statt um die richtige Methode - schon das widerspricht den Normen, Diskursen, Standardisierungsverfahren, die heute im Kontext psychosozialer Arbeit in Deutschland und weltweit en vogue sind.
Die Konferenz lieferte eine scharfe Analyse dieses neoliberalen Angriffs auf die Psyche. Sie bestätigte den Verdacht, dass mit der offiziellen Anerkennung des Traumas als gegebenem Phänomen, seine politische Seite in Abrede gestellt wird. Das schließt an die Debatten an, die medico - mit der Publikation „Schnelle Eingreiftruppe Seele” und seiner Kritik der Universalisierung des Posttraumatischen Stresssymptoms (PTDS) und der damit einhergehenden Pathologisierung und Individualisierung von politischen und sozialen Gewaltverhältnissen - bereits in den 1990er Jahren begann. Viele Befürchtungen, die die kritische Psychologie gegen die Entpolitisierung des Traumaverständnisses eingewandt hat, sind mittlerweile eingetroffen. Doch das Symposium machte deutlich, dass in vielen Beratungsstellen, Institutionen, Hilfseinrichtungen ein anderes Wissen, eine andere Haltung und andere Praxen vorhanden sind - die in den letzten Jahren allerdings unter enormen Druck geraten. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer in Frankfurt, viele von ihnen Fachleute, nutzten deshalb den Raum des Stiftungssymposiums, um sich Sprach- und Handlungsspielräume wieder zu erarbeiten. Es ist Zeit, die Trauma-Arbeit zu repolitisieren. Darin herrschte große Einigkeit. Die hier in Auszügen veröffentlichten Redebeiträge können alle auf der medico-Internetseite vollständig angehört oder nachgelesen werden
Die Beiträge
- Das Unbehagen in der Globalisierung - Die neoliberale Variante der Eigenverantwortung individualisiert das Scheitern.
- TraumaTechnik - Die Globalisierung eines Krankheitsbildes und seiner Therapien
- Biomedizin und strukturelle Gewalt - Wie sich das ökonomisierte Menschenbild in einem Krankheitsverständnis spiegelt
- Sie haben überlebt - 15 Jahre lang durchlebten die kurdischen Anfal-Witwen einen andauernden Ausnahmezustand
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